Irrer Streit um eine Parkscheibe in Geretsried

Geretsried - Wenn „echte Kerle“ an einen strengen Mitarbeiter der Kommunalen Verkehrsüberwachung geraten, dann kann es schon mal echten Ärger geben. So geschehen kürzlich in Geretsried. Michael Basel aus Benediktbeuern kommt von einem Arztbesuch zu seinem VW-Bus zurück und traut seinen Augen nicht: Ein Strafzettel hängt unterm Scheibenwischer. „Ich stand in einer markierten Parkbucht, hatte die Ankunftszeit in meiner Parkscheibe richtig eingestellt und war noch vor den erlaubten zwei Stunden wieder zurück“, erzählt der 47-jährige Lehrer der AZ. Was also bitte hat er falsch gemacht?
„Es wurde keine gültige Parkscheibe verwendet“, heißt es sinngemäß auf der Verwarnung. „Wie bitte?“, fragt sich der noch ahnungslose Basel. Er knipst mit dem Handy ein Beweisbild von seiner Parkscheibe, der festen Überzeugung, dass daran sehr wohl alles richtig ist, und schickt dieses kurzerhand samt Einspruch an die zuständige Verkehrsüberwachung in Wolfratshausen.
Eine Parkscheibe muss blau sein mit einem großen "P"
Die Antwort kommt prompt, samt Belehrung. „Die Parkscheibe muss blau sein mit einem großen weißen ‚P’ und einer Drehscheibe für die Ankunftszeit darauf. Sonst nichts“, erklärt Peter Steinberger, Leiter der Verkehrsüberwachung Wolfratshausen, auf AZ-Anfrage. Das stehe so in der Straßenverkehrsordnung. Nur auf der Rückseite dürfe Werbung stehen.
Das gilt auch für Eigenwerbung. „Hier parkt ein echter Kerl“ steht nämlich in kleinen, gelben Buchstaben auf Basels Parkscheibe. Das gute Stück ist außerdem verziert mit gelben „Ps“, aus deren Bäuchen ein Pfeil nach oben ragt. Und am unteren Ende heißt es noch: „ ... denn richtig parken ist Männersache!“
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Dass der Spruch „etwas frauenfeindlich“ ist, räumt der 47-Jährige unumwunden ein, fügt aber entschuldigend hinzu: „Ich habe die Parkscheibe von meiner Freundin geschenkt bekommen.“ Und er hat sie bereits seit Monaten benutzt. Sogar regelmäßig in Geretsried während seines wöchentlichen Arzttermins. Ohne Probleme. Zumindest bis vor Kurzem.
Jetzt muss Basel für seine Parkscheibe ein Verwarngeld von zehn Euro bezahlen. Das hat er auch längst, denn ums Geld geht es ihm nicht, sondern um die Sache. „Ich finde diese Vorschrift einfach lächerlich und die Umsetzung noch lächerlicher. Schließlich habe ich mich ansonsten völlig korrekt verhalten und niemanden gefährdet“, so der Konrektor einer Grund- und Mittelschule in Bad Tölz.
Rosa und selbst gemalt: „Fantasie-Scheiben“ haben Hochkonjunktur
„Wir wären selbst froh, wenn wir die Parkscheiben nicht auf ihr korrektes Aussehen überprüfen müssten. Das wäre weniger Arbeit für uns“, meint dazu Peter Steinberger. Vor allem weil der Einsatz von „Fantasie-Scheiben“, wie er sie nennt, mittlerweile regelrecht ausartet. „Das können Sie sich nicht vorstellen: Von lila- und rosa-farbenen ‚Tussi-Scheiben‘ bis hin zu Schmierzetteln mit selbst gemalten Uhren“, erzählt er. Eine Parkscheibe sei ein amtliches Dokument und müsse vorschriftsmäßig aussehen. Punkt.
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Basel hat sich mittlerweile eine neue, korrekte Parkscheibe zugelegt, mit der Vorschrift hadert er allerdings immer noch. „Wenn jemand andere mit seinem Verhalten gefährdet wie bei Alkohol am Steuer und Geschwindigkeitsüberschreitungen, ist Kontrolle richtig und wichtig.
Auch wenn jemand Behindertenparkplätze oder Feuerwehrzufahrten blockiert. Aber wegen einer falschen Parkscheibe ein Verwarngeld aussprechen? Diese Regelung ist typisch deutsch. Da gäbe es doch weitaus Wichtigeres zu tun in Sachen Verkehrsüberwachung!“
„Wir haben die Straßenverkehrsordnung nicht gemacht. Vorschrift ist Vorschrift“, meint Steinberger dazu. Basel findet: „Wer niemandem geschadet hat, sollte nicht gleich bestraft werden. Da bin ich wohl zu sehr Pädagoge.“