Feuer-Drama in Puchheim: Die Nachbarn hörten die Schreie

Ein Brand mit schrecklichen Folgen: In Puchheim stirbt am Silvestertag ein Kind im Hochhaus. Sein Vater sucht es verzweifelt – und verletzt sich im dichten Rauch auch selbst schwer. Die Nachbarn berichten, wie sie das Inferno erlebten. 
von  Nina Job
Ein kleiner Gedenkort für die kleine Vanessa.
Ein kleiner Gedenkort für die kleine Vanessa. © job

Puchheim – Vor der Wohnungstür im Treppenhaus, im Dreck aus stinkendem Ruß und Löschwasser, liegt ein weiß-rosafarbener Adventskalender. Daneben eine Plüschjacke mit Bommeln und ein Luftballon. Die Sachen gehörten Vanessa, einem fünfjährigen Mädchen aus Puchheim im Landkreis Fürstenfeldbruck. Am 31. Dezember ist sie in der Wohnung ihrer Eltern auf entsetzliche Weise ums Leben gekommen.

Aus bislang noch ungeklärten Gründen brach in der Zwei-Zimmer-Wohnung ein Feuer aus. Vanessas Mutter (34) war nicht zu Hause. Ihr Vater (47) konnte sich selbst in Sicherheit bringen. Doch seine kleine Tochter konnte der Mann nicht retten.

Das Mädchen hatte sich, wie ein Feuerwehrsprecher berichtete, vor den Flammen in einen Schrank im Wohnzimmer geflüchtet. Im dichten schwarzen Qualm konnte der Vater das Kind offenbar nicht finden.

Puchheim: Fünfjährige kommt bei Wohnungsbrand ums Leben

Nachbar berichtet: "Eine einzige schwarze Wand"

Ein Nachbar, der im Stockwerk über der Brandwohnung wohnt, kam am 31. Dezember kurz vor 13.30 Uhr mit seiner Frau vom Einkaufen nach Hause. Er berichtete der AZ am Tag nach dem Feuerdrama: "Als wir auf unser Haus zugingen, hörten wir, wie Nachbarn von Gegenüber riefen, dass es brennt. Als wir nach oben sahen, schlugen aus der Wohnung im achten Stock schon meterhohe Flammen über den Balkon."

Ein kleiner Gedenkort für die kleine Vanessa.
Ein kleiner Gedenkort für die kleine Vanessa. © job

Seine Frau rannte zum Hausmeister im ersten Stock, damit er die Feuerwehr verständigt. Der Mann ließ die Einkäufe stehen, fuhr noch mit dem Lift nach oben und lief das letzte Stockwerk zu Fuß hinauf. "Doch man kam gar nicht mehr auf die Etage. Es war alles völlig verqualmt, eine einzige schwarze Wand."

Andere Nachbarn berichten, dass sie Schreie eines Kindes gehört, aber zunächst gar nicht begriffen hätten, dass es Schreie um Leben und Tod waren. Ein Mann berichtet, er habe den verzweifelten Vater gesehen, der noch bis zuletzt ausgeharrt habe, bis er selbst in Sicherheit gebracht wurde. "Sein Gesicht war rußverschmiert. Er war fertig", sagt der Augenzeuge.

Der Hund überlebte - Vanessa nicht

Etwa 100 Feuerwehrmänner rückten zu dem elfstöckigen Haus in der Adenauerstraße aus. Ein Sprecher: "Das Feuer in der Wohnung wurde unter Kontrolle gebracht, bevor es sich weiter ausbreiten konnte." Einen Hund der Familie konnten die Helfer retten, die kleine Vanessa aber nicht. "Das Kind konnte nur noch leblos geborgen werden. Auch die sofort eingeleiteten Reanimationsmaßnahmen konnten das Mädchen nicht mehr retten", so der Feuerwehrsprecher.

Fußspuren im Hausflur zeugen von vielen, die versuchten, zu helfen.
Fußspuren im Hausflur zeugen von vielen, die versuchten, zu helfen. © job

Noch während die Feuerwehr vor Ort war, kam Vanessas Mutter nach Hause. Sie war verständigt worden. Die 34-Jährige musste vom Kriseninterventionsteam betreut werden.

Vanessas Vater erlitt eine schwere Rauchgasvergiftung. Er konnte erst am Neujahrstag von der Polizei befragt werden. "Zur Brandursache konnte er nichts sagen", so Polizeisprecher Peter Grießer am Dienstag. Nachbarn erzählen, dass der Mann einkaufen gewesen sei, als das Feuer ausbrach. Doch die Polizei ging am Dienstag davon aus, dass er ebenfalls in der Wohnung war, als das Feuer ausbrach, so Polizeisprecher Grießer.

Bei Vanessas Familie hat es schon mal gebrannt

Dass eine verirrte Silvesterrakete das Feuer ausgelöst haben könnte, dafür gab es laut Polizei keinerlei Anhaltspunkte. Genau das war vor ein paar Jahren passiert: Ebenfalls am Silvestertag war eine Rakete auf den Balkon von Vanessas Eltern geflogen und hatte Gegenstände in Brand gesetzt, die dort abgestellt waren. Die Feuerwehr musste ausrücken. Doch damals konnte Schlimmeres verhindert werden. Vanessa und ihre Eltern hatten das Feuer unbeschadet überstanden.

Am Dienstag blieben immer wieder Nachbarn vor dem Hochhaus stehen, blickten tief betroffen hinauf zu der verkohlten Fassade. Viele kannten das Mädchen mit den strahlend blauen Augen vom Sehen. Neben den Stufen, die zu dem Hochhaus führen, stehen Grablichter.

Dabei liegt ein Teddybär und ein Gedicht mit einem Foto von Mutter und Kind. Es beginnt mit den Worten: "Still und leise, es war ein Engel auf der Reise. Sie sollte nur ganz kurz bei uns sein, warum sie ging, weiß Gott allein".

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