"Das Ergebnis war katastrophal": Fotograf erschafft bei München eine Miniatur-Wunderwelt
Bergkirchen - Als die AZ bei Fotograf Dieter Isemann (63) zu Besuch ist, findet sie einen Tatort vor. Drei in Weiß gekleidete Beamte von der Spurensicherung umkreisen einen Gegenstand. Um sie herum Absperrungen, Kisten und Pylonen. Hinter den Beamten sind Buntstifte aneinandergereiht und der untersuchte Gegenstand ist eine abgebrochene Spitze der Farbe Pink.
Nein, es handelt sich um keine tatsächliche Kriminalszene, sondern um eines der Fotomotive von Isemann. Die Szene im Miniatur-Format hat er auf einem hohen Tisch vorbereitet. Einen ganzen Raum widmet der Rentner aus Bergkirchen (Landkreis Dachau) seinem besonderen Hobby. Alltagsgegenstände mit kleinen Figuren zeigen seine Fotografien.

Miniatur-Fotos bei München: "Das erste Ergebnis war katastrophal"
Zwei helle Scheinwerfer und eine Kamera sind auf den "Tatort" gerichtet. Bei jedem Atemzug droht Chaos. Präzision ist gefragt. "Vor sieben Jahren habe ich so ein Miniatur-Motiv gesehen und fand das eine tolle Idee", sagt Isemann.
Vor etwa vier Jahren ist dann das erste Foto entstanden: "Ich hatte die Idee, ein Boot in ein Glas Wasser reinzusetzen", erinnert sich der 63-Jährige. "Dann habe ich mir die ersten Figuren gekauft und das Motiv ausprobiert. Das Ergebnis war katastrophal." Seitdem seien über 600 Bilder entstanden, sagt Isemann. Und die Fehler, die er damals gemacht hat, kenne er mittlerweile. "Ich lerne immer wieder dazu, wie man es besser macht."
Fotograf Dieter Isemann hat schon 1800 Mini-Figuren sortiert in Boxen
Auch die winzigen Männlein sind mehr geworden: 1800 sind es mittlerweile. Hinzu kommen zahlreiche kleine und große Gegenstände. Vorsichtig öffnet Isemann einen Schrank. Darin gestapelt sind durchsichtige Sortierboxen. Auf denen sind Label gedruckt – "Landwirtschaft, Jagd, Blumen" oder "Lkw, Bus, Straßenbahn". Isemann hat all seine Miniatur-Figuren und Objekte fein sortiert.
Diese kauft er meist gebraucht, sie werden eigentlich für den Modellbau verwendet. Außerdem gibt es eine Designerin in Berlin, die bei Bedarf spezielle Gestalten für Isemann anfertigt. "Ich habe auch eine Figur von mir selbst kreieren lassen", erzählt er.

"Immer wenn ich eine Szene setze, versuche ich, eine kleine Geschichte zu erzählen", sagt Isemann. "Die Ideen entstehen meistens in Alltagssituationen." Mittlerweile fotografiere er fast täglich. Um einen Überblick zu behalten, schreibt der Fotograf eine Liste zu seinen Einfällen.
Mit Vaseline und Kleber bleiben die Figuren stehen
Mit einer Pinzette hantiert Isemann ein letztes Mal an der vorbereiteten Szene auf dem Tisch herum. Zwei bis drei Minuten dauere es ungefähr, bis die Figuren überhaupt stehen. "Die haben sehr dünne Beine und da bricht auch manchmal was ab", sagt er.
Stehen bleiben die kleinen Protagonisten meistens mit einem Klecks Vaseline. So richtig funktioniere das nicht immer: "Man mag es kaum glauben, aber die Figuren bleiben nicht still stehen", sagt Isemann. Ein kleiner Ruckler reiche aus und das sorgfältig aufgebaute Arrangement ist zerstört. In besonders schwierigen Fällen nutzt der Fotograf kleine Klebepunkte oder Flüssigkleber.
Isemann fotografiert, seit er 18 Jahre alt ist. Jahrelang war er Teamleiter beim SOS-Kinderdorf in München. Die Fotografie blieb sein Hobby. Einmal hielt er eine Foto-Vorstellung über eine Reise nach Namibia. Landschaften und Tiere fotografiert er auch gerne. Leben kann der Rentner davon nicht, aber für die Miniatur-Motive habe er ein Kleingewerbe angemeldet. "Ich verkaufe die Bilder oder mache Kalender und Grußkarten. Ich hatte schon immer das Bedürfnis, meine Bilder herzeigen zu wollen."
Erste Ausstellung seit März: "Wenn die Menschen Freude an meinen Bildern haben, motiviert mich das sehr"
Seit März hat er nun seine erste eigene Ausstellung in der Volkshochschule Bergkirchen. Die Resonanz sei sehr positiv. "Wenn die Menschen Freude an meinen Bildern haben, motiviert mich das sehr."
Präzise richtet Isemann nun die Kamera auf die Tatort-Szene, so dass alles im Fokus ist, was wichtig ist. Konzentriert schaut er auf den Bildschirm seiner Kamera. Isemann holt eine Fernbedienung hervor – der Auslöser für die Kamera. "Die habe ich, damit es ja keine Erschütterung gibt." Denn bei einem Foto wird es an diesem Tag nicht bleiben.

Etwa 50-mal müsse er noch den Auslöser betätigen. Isemann arbeitet mit einer besonderen Technik, bei der ein Motiv wiederholt aufgenommen wird, um so die Schärfentiefe des Fotos zu vergrößern. In Millimeter-Schritten wird der Fokus immer wieder in das Geschehen hinein verlagert. Die Einzelfotos werden dann später am Computer zusammengefügt, erklärt der Fotograf.
"Das gefällt mir so nicht", sagt er. Neuer Versuch. Die Kamera wird umgestellt, der Fokus neu ausgerichtet. Jetzt ist das Motiv perfekt und im Kasten.
Bilderausstellung: VHS Bergkirchen, Römerstraße 3, Öffnungszeiten: Di und Mi 9 - 13 Uhr, Do 14 - 18 Uhr
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