Ukraine-Flüchtlinge: Das ist die Situation in München
München - Noch kommen sie nicht in Sonderzügen oder in Buskolonnen. Sie kommen in kleinen Grüppchen, mit dem Auto oder mit der Bahn: Die ersten Geflüchteten aus der Ukraine haben München erreicht. Es sind vor allem Frauen und Kinder. Die AZ traf einige von ihnen am Dienstag am Ankunftszentrum der Regierung von Oberbayern.
Erschöpfte Kriegsflüchtlinge treffen in München ein
Ihre Gesichter sind blass und sehr ernst. Kleine Kinder umklammern die Hände ihrer Mütter. Die Erschöpfung nach tagelanger Flucht ist sowohl den Erwachsenen als auch den kleinen Buben und Mädchen anzusehen. Und der Empfang ist frostig: Vor dem barackenähnlichen Gebäude in der Maria-Probst-Straße, das von einem mannshohen Zaun umgeben ist, wehte ein eisiger Wind.
Familien hoffen auf eine vorübergehende Bleibe
Natalie (41) aus Ternopil hat München in der Nacht mit ihren drei Kindern erreicht. Drei Tage hat ihre Flucht aus dem Westen der Ukraine gedauert - mit dem Auto und Zug bis Dresden. Dort hat sie ein Bekannter abgeholt. Die Familie hat nachts zunächst Unterschlupf bei Landsleuten gefunden, in einer 2,5-Zimmer-Wohnung auf dem Sofa. Sie kennen einander nicht.
Die Familie hat keine Verwandtschaft in Deutschland. Die Mutter hofft nun, dass man ihr und den Kindern eine vorübergehende Bleibe vermittelt.
So viele Ukrainer kamen bislang in München an
In der Maria-Probst-Straße kommen vor allem Kriegsflüchtlinge an, die keine Verwandten oder Privatkontakte in München haben. am Dienstag und am Montag waren es um die 50, erklärt Sprecher Wolfgang Rupp auf AZ-Nachfrage. 20 wurden bis am Dienstag dort untergebracht, weitere 82 im Kurzaufnahmezentrum in der Lotte-Branz-Straße sowie zwölf Menschen in einer Unterkunft Am Moosfeld.
Münchner öffnen ihre Wohnungen
Auch im Salesianum in Haidhausen sind 50 Menschen angekommen, vor allem Frauen, Kinder und Ältere - vermittelt vom deutsch-ukrainischen Kulturzentrum Gorod. Fünf Frauen, ein Kind und ein Mann sind im Jugendgästehaus geblieben. Die anderen sind in Privatunterkünfte weitervermittelt worden, zu Münchnern, die ihre Wohnungen für die erschöpften Neuankömmlinge öffnen.
Immer mehr Hilfsbereite melden sich
Und die Zahl der Hilfsbereiten steigt von Tag zu Tag. Bis Montagnachmittag hatten sich noch 430 Münchnerinnen und Münchner bereiterklärt, Ukrainer spontan und unkompliziert bei sich aufzunehmen. am Dienstag früh zählte der Verein Münchner Freiwillige, der die privaten Angebote sammelt und vermittelt, schon 919 freie Wohnmöglichkeiten. " Es melden sich minütlich neue Menschen bei uns, die Geflüchtete aufnehmen möchten", sagt Vereinschefin Petra Mühling.
Von Asylanträgen wird abgeraten
Wer nicht privat wohnen kann, sondern in eine staatliche Unterkunft gehen will, muss einen Asylantrag stellen. Dabei dürfen Bürger der Ukraine eigentlich 90 Tage visumsfrei im Land bleiben. Bald soll eine EU-Gesetzesänderung für Kriegsflüchtlinge diesen Zeitraum sogar deutlich verlängern, von bis zu drei Jahren ist die Rede. "Deshalb", so Rupp, "raten wir im Moment davon ab, einen Asylantrag zu stellen, weil man damit ja in einer Asylunterkunft wohnen muss und nicht arbeiten darf."
Busse fahren zur polnisch-ukrainischen Grenze
Ende der Woche werden allein über Gorod und den Münchner Verein Heimatstern bis zu 100 Busse Richtung polnisch-ukrainischer Grenze fahren, um Hilfsgüter hinzubringen und auf dem Rückweg Frauen, Kinder und alte Menschen mit nach München zu nehmen. "Es haben sich etliche Münchner gemeldet, die als Fahrer helfen wollen", sagt Tilman Haerdle von Heimatstern.
Dazu kommen etliche Transporte, die Münchner mit eigenen Fahrzeugen machen werden. Auch die Deutsche Bahn hat Sonderzüge angekündigt, wann die ersten in München eintreffen, war am Dienstag noch unklar.