Polizeieinsatz in Trudering: "Die Schüsse waren unverhältnismäßig"

Nachdem ein Polizist im Zentrum von Trudering tagsüber auf das Auto eines Verdächtigen gefeuert hat, wird sein Verhalten jetzt kontrovers diskutiert.
Nina Job, Max Neumair |
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Tatort Truderinger Straße: Der Juwelier (hinter dem roten Auto) sollte betrogen werden.
Daniel von Loeper Tatort Truderinger Straße: Der Juwelier (hinter dem roten Auto) sollte betrogen werden.

München - So richtig realisiert, was am Mittwoch gegen 12.30 Uhr in Trudering los war, haben viele Anwohner, Passanten und Ladeninhaber erst Stunden oder Tage später. Umso kritischer sehen einige inzwischen das Verhalten des Polizeibeamten. Sie bezeichnen die Aktion im Nachhinein als "unverhältnismäßig" und "gefährlich".

Wie berichtet, hatte ein Betrüger (25) versucht, dem Juwelier Baier in der Truderinger Straße falsches Zahngold anzudrehen. Doch der Geschäftsmann war vorgewarnt. Er hatte in den vergangenen Tagen bereits vermeintliches Zahngold von drei Tätern angekauft. Inzwischen wusste er, dass es sich um billige Imitate handelte. Baier verständigte die Polizei. Eine Zivilstreife kam.

Trudering: Polizist feuerte drei Mal auf Fluchtauto

Als einer der Betrüger wieder im Laden auftauchte, schnappte die Falle zu – er wurde im Laden von einem Beamten festgenommen. Als ein zweiter Beamter draußen einen mutmaßlichen Komplizen, der in einem BMW wartete, festnehmen wollte, eskalierte die Situation.

Der mutmaßliche Mittäter gab Gas, wendete und flüchtete. Da zog der 41-jährige Beamte seine Waffe und schoss insgesamt drei Mal auf das Auto. Er traf in einen Reifen und in eine hintere Seitenscheibe.

Eine Mutter (40) aus Trudering, die nur wenige Meter vom Tatort entfernt wohnt, sagte am Freitag zur AZ: "Das war absolut unverhältnismäßig, in so einem belebten Gebiet zu schießen. Die werden doch speziell ausgebildet. Das Verhalten der Polizei sollte man überdenken. Hier sind viele Kinder und Familien unterwegs." Auch Kioskbetreiberin Angelika K. (59) findet die Aktion erschreckend: "Die Straße war gedrängt voll. Da ist ein Kindergarten direkt gegenüber, es hätte Querschläger geben können."

Rechtmäßigkeit von Schusswaffengebrauch wird überprüft

Ob der Schusswaffengebrauch rechtmäßig war, wird nun – wie in solchen Fällen üblich – von der Mordkommission überprüft. Laut Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins könne der Goldbetrug als gewerbsmäßiger Bandenbetrug und damit als Verbrechen gewertet werden. Dies würde den Schusswaffengebrauch rechtfertigen.

Der Münchner Strafrechtsexperte Thomas Pfister hingegen sieht das kritisch. "Selbst wenn von einem Verbrechenstatbestand ausgegangen werden könnte, war der Schusswaffengebrauch in dieser Situation unverhältnismäßig und damit rechtswidrig." Der Polizist habe mit dem Schuss durch die Scheibe "den Tod eines Verdächtigen zumindest in Kauf genommen".

Hinzu käme: "Der Fahrer hätte durch die Schüsse die Kontrolle über sein Fahrzeug verlieren können. Es hätte wie ein Geschoss in eine Menschenmenge rasen können."

Viel Lob für die Polizei gibt es von der Juwelier-Familie: "Die Polizisten hatten alles im Griff. Wir waren zwar geschockt, aber wir haben uns sicher gefühlt", sagte Gabriele Baier zur AZ.

Lesen Sie auch: Polizei-Einsatz in Trudering: So kam es zu den Schüssen

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