Tram-Westtangente: Jetzt geht es richtig los - doch nicht alle sind begeistert

Laim - Eigentlich müssen die drei Frauen gleich weiter. Aber sie sind kurz stehengeblieben, um zu schauen, was da heute los ist auf der Fürstenrieder Straße. Brezn und Flyer werden verteilt, eine Band spielt, viele Anzüge und Blazer können sie beobachten. Auf der Straße feiern all diese Leute den Spatenstich der Tram Westtangente. Sie soll Obersendling mit Nymphenburg verbinden. Zuerst baut die Stadt ein Teilstück auf der Fürstenrieder Straße. Es reicht von der Ammerseestraße bis zum Laimer Bahnhof. Ende 2025 soll es fertig sein. Bis dahin ist auf der Fürstenrieder Straße nur eine Spur pro Richtung befahrbar.

"Unvorstellbar": Deshalb ärgern sich die Anwohner
Jeden Morgen stehe ihr Mann jetzt eine halbe Stunde alleine in Laim im Stau, erzählt eine Frau. Sie ist 34 und lebt praktisch ihr ganzes Leben in Laim. Auch die beiden anderen Damen wohnen schon über 35 Jahre in dem Stadtteil, sie sind sich einig: Den Stau, den Dreck, den Lärm und die 490 Millionen an Kosten könnte sich die Stadt sparen. Schließlich fährt auf der Strecke ein Bus. "Vor 40 Jahren haben sie die Gleise rausgerissen, auf der Fürstenrieder Straße. Unvorstellbar war das. Und jetzt bauen sie wieder welche rein", schimpft die 66-Jährige.
Was die drei Frauen verpasst haben: Die Reden von denjenigen, die für die Baustelle verantwortlich sind. Schon 1991 habe der Stadtrat (übrigens einstimmig) beschlossen, dass es die Tram-Westtangente braucht, erzählte Mobilitätsreferent Georg Dunkel (parteilos). München, wo der ÖPNV auf das Zentrum ausgerichtet ist, brauche dringend mehr Tangentialen.

Auch MVG-Chef Ingo Wortmann hält die Tram für ideal - weil ein Fahrer damit mehr Passagiere transportieren kann als im Bus. 17 Millionen Kilometer, die heute im Auto zurückgelegt würden, könnten eingespart werden, sagte er. Und dann erinnerte er an Worte des Ex-Bundespräsidenten Johannes Rau: "Überall, wo ein Bagger steht, wächst der Wohlstand." Auch Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) kann nicht nachvollziehen, wenn Menschen das Projekt grundsätzlich ablehnen. Bei der Berechnung der Kosten-Nutzen-Analyse sei ein Wert von 1,7 herausgekommen. Bei der Stammstrecke liege der Wert gerade mal bei eins. Von der Tram profitieren aus seiner Sicht auch Autofahrer - schließlich werden die Straßen dadurch leerer.
Westtangente: Steht die SPD noch hinter dem Projekt?
Krause hat beim Spatenstich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vertreten. Steht die SPD nicht mehr hinter dem Projekt? Keineswegs, betont Nikolaus Gradl, der Verkehrsexperte der SPD-Stadtratsfraktion und der einzig halbwegs bekannte Vertreter seiner Partei, der zum Spatenstich kam. Mehrere grüne Landtagsabgeordnete schauten vorbei. Der OB, die dritte Bürgermeisterin und auch er selbst hätten das Projekt immer wieder angeschoben, sagt Gradl. "Wer am Ende auf den Fotos vom Spatenstich ist, ist doch nicht relevant."

Weiterhin gegen das Projekt ist die CSU. Bei ihr "häufen sich die Beschwerden über die dilettantisch geplante Baustelle", sagt Stadträtin und Laimerin Alexandra Gaßmann.
Sie will mit einer Anfrage herausfinden, ob die Zufahrt zu den Grundstücken gewährleistet ist. Auch, was der Spatenstich kostete, interessiert sie. Dieser sollte schon im März erfolgen. Aber weil die Verkehrsführung nicht geklärt war, wurde er verschoben.