Tram-Simulator: Hier kann man am Bildschirm durch München bimmeln
München - Über 10.000 Fotos hat Daniel Buda von München gemacht. Fotos von grauen Hausfassaden, von Straßenlaternen, Kabeln und Ampeln, von Mülleimern und Pflastersteinen. "Ich glaube, inzwischen kenne ich den Stachus besser als die meisten Münchner", sagt der gebürtige Wiener und lacht.
Doch Daniel Buda ist kein Fotograf, er ist Software-Entwickler. Die Fotos brauchte er, um seinen neuen Trambahnsimulator für München zu entwerfen. Diesen haben er und sein Team zur Vorstellung in die AZ-Redaktion mitgebracht.
Mit dem "Tramsim" durch München
Unsere Tramfahrt beginnt am Sendlinger Tor. Auf dem Computerbildschirm des "Tramsim" steht eine Straßenbahn an der Haltestelle vor der St. Matthäus-Kirche, es steigen Leute ein und aus, im Hintergrund sieht man sogar die große Baustelle an der U-Bahn.
"Es ist sehr wichtig, dass wir alle Details genau abbilden", erklärt der Producer des Simulators, Fabian Boulegue. Denn die Fans des Trambahnsimulators sind nicht gerade anspruchslos.

"Einmal hat sich jemand beschwert, weil das Tramgleis in unserem Wiener Simulator um zwei Zentimeter verschoben war", erzählt Boulegue. "Der hatte das nachgemessen und uns dann seine Fotos geschickt. Er hatte natürlich recht." Ärgern Boulegue solche peniblen Beschwerden?
"Ganz im Gegenteil", erklärt der Producer. "Man hat ja den Ehrgeiz, alles ganz genau richtig zu machen! Das macht Spaß." Mit einem Knopfdruck auf der Computertastatur setzt sich unsere Tram in Bewegung. Und tatsächlich: Auf der Fahrt zum Stachus ziehen auf dem Computerbildschirm die bekannten Häuser vorbei, die Laternen und selbst die Oberleitungen sind laut den Entwicklern akkurat abgebildet.
Nur ein paar Mal sieht man, dass für den Simulator noch alte Bilder verwendet wurden. Das Hotel Königshof am Stachus ist zum Beispiel noch keiner Großbaustelle gewichen. Aber auch das hat ja seinen Reiz.
Türen klingen in München anders als in Wien
Selbst die Geräusche im Simulator sind Originalaufnahmen. Sogar das sogenannte "Türenflattern" haben die Entwickler in München aufgenommen. "Das ist das Geräusch, wenn der Tramfahrer die Tür aufmacht", sagt Buda. "Das klingt in München ein bisschen anders als in Wien. Unsere Kunden merken solche Dinge."
Doch wer sind diese Kunden? Wer will in seiner Freizeit eine Tram durch München lenken? "Viele Leute haben so einen Kindheitstraum", erklärt Buda. "Sie wollten Tramfahrer, Busfahrer oder U-Bahnfahrer werden. Doch sie konnten diesen Traum nie verwirklichen."
Diese Leute freuten sich, zumindest in ihrer Freizeit ihren Traum ausleben zu können. Es gebe aber auch Tramfahrer, die in ihrer Freizeit Simulator spielen wollen. "Das sind dann sehr anspruchsvolle Kunden, denn die kennen sich natürlich super aus", meint Buda.
Für manche Leute sei der Simulator die Möglichkeit, eine Stadt einmal auf eine ganz andere Art zu erkunden. "Unsere Simulatoren sind in Asien recht beliebt. Da gibt es überraschend viele Fans von europäischem Nahverkehr", sagt Buda.
"Ich glaube, dass 95 Prozent unserer Kunden Männer sind"
Doch es gibt eine Gruppe, die mit den Simulatoren eher wenig anfangen kann: Frauen. "Ich glaube, dass 95 Prozent unserer Kunden Männer sind", sagt Buda. "Mindestens", fügt Boulegue hinzu. Doch die wenigen Frauen, die Trambahn-Fahrer spielen wollen, seien oft sehr engagiert.

München ist für die Entwickler nach Wien die zweite Stadt, in der sie einen Simulator anbieten. Hier kann man drei Tramlinien fahren. "Wir haben uns für München entschieden, weil die Stadt für uns recht interessant ist", sagt Buda.
Viele Kunden würden München und die MVG gut kennen. "Die MVG ist recht beliebt", sagt Buda. Zudem habe man gute Beziehungen zu der Münchner Verkehrsgesellschaft. "Das ist wichtig", sagt er. "Man muss auch mal mit einem Tramfahrer sprechen können, fragen, ob er Geräusche für uns machen kann, die wir dann aufnehmen können."
Diese guten Beziehungen könnten nun noch vertieft werden. In Wien ist Aerosoft, die Firma, die den Simulator vertreibt, in Gesprächen mit der Verkehrsgesellschaft, den Simulator für die Ausbildung von Trambahnfahrern zu nutzen, in München sei das auch möglich.
Die Fahrt mit dem Trambahnsimulator neigt sich dem Ende zu. Wir haben auf dem Weg ein paar Unfälle gebaut. Wenn die Tram mit einem Auto zusammenstößt, gibt es allerdings keinen fürchterlichen Crash. Das Auto verschwindet einfach, auf dem Bildschirm erscheint eine Meldung. In der Schellingstraße endet unsere Fahrt. Im Simulator beginnt es zu regnen, die Türen flattern geräuschvoll zu, die Tram fährt weiter.
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