Tollwood ist Vorreiter für nachhaltige Großevents: "Sind ein Bio-Dorf"
München - AZ-Interview mit Daniela Schmid (43): Die Tollwood-Umweltbeauftragte wuchs auf einem Bio-Hof im Allgäu auf.
Glühbier und vegane Birkenstock-Sandalen, Akrobatik, Rock und authentische Bio-Gastro aus der ganzen Welt - das ist das Münchner Tollwood.
Der ökologische Fußabdruck soll beim Tollwood-Festival so klein wie möglich sein. Dafür sorgt auch Daniela Schmid, seit zwölf Jahren im Tollwood-Team. "Auf der Theresienwiese wird es diesen Winter mehr Open-Air-Erlebnisse geben", sagt sie. Um heuer Strom und Heizkosten zu sparen, werden im November drei Zelte weniger aufgebaut. Die AZ hat mit der Geografin und Ernährungsberaterin über die grünen Aspekte der Tollwood-Festivalphilosophie gesprochen.
AZ: Frau Schmid, Stoffservietten, grüner Strom - 1988 hat das Tollwood als erste Großveranstaltung in München auf Mehrweggeschirr bestanden. Wie grün ist das Festival heute?
DANIELA SCHMID: Es existiert kein offizieller grüner Stempel. Doch wir sind ein grünes Festival. Seit knapp 35 Jahren ist das Tollwood begeisterter Vorreiter für umweltbewusstes Leben. In der Green-Event-Szene werden wir als Impulsgeber angefragt: Wie 100 Prozent Bio-Gastronomie bei 1,5 Millionen Besuchern im Jahr geht. Das Umweltbundesamt hatte uns für einen Workshop zur Müllvermeidung und -Trennung geholt. Wir haben unser Wissen gerne weitergegeben.
Wie schaffen Sie es, dass Bio am Tollwood nicht zu teuer wird?
Wir sind ein Bio-Dorf. Das liegt an den großen Mengen, die wir bio einkaufen und an den langen Partnerschaften. Die Gastrobetriebe haben eine gute Verhandlungsbasis mit den Bio-Großhändlern. Der Anteil des Kostentreibers Fleisch wird reduziert, wie beim Thai-Hühnchencurry. Das ist verträglich. Das schmeckt!

50 Street-Food-Buden, Bars und Restaurants aus 17 Ländern: Wie ist gesichert, dass der Ananassaft in der Piña Colada bio ist?
Wir haben den 100-Prozent- Bio-Ansatz. Alle Lebensmittel, die es bio am Markt gibt, müssen angeboten werden. Die Gastro, ob am Tibet-Stand, am syrischen oder indischen ist zertifiziert von der Biokontrollstelle. Unsere Gastroabteilung schaut jeden Tag in Küchen, Lager, öffnet Kühlschränke. Hier sind wir radikal und strikt.
Seit 2003 ist Tollwood bio-zertifiziert.
Der Effekt ist: Wenn wir das klare Signal geben, dass wir ein Produkt bio brauchen, passt sich der Markt an - wie zum Beispiel bei der Gewürzmischung Garam Masala. Mit dem Bündnis Artgerechtes München drängen wir auf Bio-Essen für städtische Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Kantinen. Die Stadt hat eine sehr hohe Nachfragemacht. Das kann die Agrarwende voranbringen.
Das Winter-Tollwood heißt Tatort Zukunft. Was erwartet die Besucher?
Eine Anregung, jetzt an allen Orten tätig zu werden - für eine gute Zukunft! In einer Pagode, gemütlich wie eine weihnachtliche Stube, stellen wir die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN vor. Viele Ideen sind leicht umzusetzen: Mehr pflanzliche Lebensmittel essen, mit Öffis fahren, Toleranz leben.