Todesmutter: Reaktionen nach dem Urteil

Was ist eine gerechte Strafe für eine Mutter, die ihre drei Kinder tötete? Nach dem Urteil sprach die AZ mit Angehörigen und Prozessbeobachtern. Die Reaktionen.
von  Nina Job
Mady R.: "Sie war wie eine kleine Schwester für mich"
Mady R.: "Sie war wie eine kleine Schwester für mich" © ho

Was ist eine gerechte Strafe für eine Mutter, die ihre drei Kinder tötete? Nach dem Urteil sprach die AZ mit Angehörigen und Prozessbeteiligten. Die Reaktionen

Landshut - Bianca T. (39) ist am Donnerstag wegen Mordes und zweifachen Totschlags an ihren drei Kindern vom Landgericht Landshut zu einer Gesamtstrafe von 14 Jahren Haft verurteilt worden. Wie waren die Reaktionen nach dem Urteilsspruch? Die AZ sprach mit Zuhörern und Angehörigen.

Norman H., der Vater der getöteten Zwillinge, kam mit einer Freundin und deren Tochter zur Urteilsverkündung. "Was ist gerecht?", fragt er. "In Amerika würden sie alle Tötungen addieren - das gäbe dann drei Mal lebenslang oder noch mehr. - Aber ich habe mir vom Prozess nichts erwartet. Hier ging es darum, dass die Gesellschaft ein Urteil spricht. Ihre Strafe hatte die Angeklagte schon vorher. Sie muss damit weiterleben, was sie getan hat. Jede Minute ihres Lebens. Ich wünsche ihr ein langes Leben", sagt der 41-jährige Computerspezialist. 

"Es ist ein barmherziges Urteil", meint die Mutter von Bianca T.s erstem Ehemann. Aus dieser Ehe stammen zwei weitere - inzwischen schon ältere - Söhne. Die Ex-Schwiegermutter war extra aus Norddeuschland angereist, um den Prozess zu verfolgen. Sie hat keinen einzigen Verhandlungstag verpasst. In den Verhandlungspausen saß sie auf den harten Holzbänken in den Gerichtsfluren und aß ihre Brotzeit. "Es war ein fairer Prozess", sagt sie. "Ich habe nicht mit mehr gerechnet. Mit der Schuld muss sie weiterleben." Die Frau sieht müde und erschöpft aus. "Es ist gut, dass der Prozess jetzt zu Ende ist, mich hat das sehr angestrengt. Aber es war mir wichtig zum Prozess zu kommen. Ich war für die Angehörigen hier. Jetzt kann ich Antworten geben, wenn meine Enkel - ihre Kinder - Fragen stellen."

Bianca T.s Vater war nicht persönlich vor Ort. Er erfuhr durch die Medien vom Urteil, er sagte zur AZ: "Im Prinzip sind 14 Jahre zu wenig. Für mich war das dreifacher Mord. Sie hat das Leben von drei Kindern ausgelöscht." 

"Wie kann eine Mutter so etwas tun? Ich kann bis heute nicht fassen, dass eine Frau ihre Kinder umbringt und das so durchzieht. Für mich ist das auch mit einer psychischen Störung und einem Ausnahmezustand nicht zu erklären. Hatte sie denn gar kein Mitgefühl mit den Kindern? Die Große hat ja noch so um ihr Leben gebettelt", sagt die Landshuterin Inge M. nach dem Urteil. Sie saß mehrmals als Zuhörerin im Prozess.
 
Rechtsanwalt Robert R. Egle
vertrat den leiblichen Vater der getöteten Anna-Lea (6) als Nebenkläger vor Gericht. "Mein Mandant hat auf Rechtsmittel verzichtet. Es ist ihm nicht um eine besonders hohes Strafmaß gegangen, sondern darum, dass ich ihn vor Gericht vertrete und er Informationen bekommt. Für Anna-Leas Vater war es ganz, ganz wichtig, dass das Verfahren jetzt zum Abschluss kommt und es nicht noch ein Revisionsverfahren gibt. Er wollte sich dem Ganzen nicht noch einmal stellen müssen."
Über das Verfahren in Landshut sagt der Anwalt aus Biberach: "Es war ein Vorzeigeprozess. Das Gericht ist äußerst sorgfältig vorgegangen." In seinem Plädoyer hatte Robert R. Egle gesagt, dass die Taten im Wald "wesentlich grauenhafter als ursprünglich angenommen, abgelaufen sein müssen". Bianca T. habe sich als eine Art  "sanfter Todesengel" dargestellt. Das sei durch die Hauptverhandlung widerlegt worden.

Heidi Pioch, die Pflichtverteidigerin von Bianca T., sagte nach dem Urteil: "Für meine Mandantin ist die Strafe in Ordnung. Man kann das, was sie getan hat, nicht in Jahren aufwiegen." Bianca T., die während des Prozesses im Gerichtssaal zwei Mal zusammengebrochen war und mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht wurde, sei am letzten Prozesstag wieder wesentlich stabiler gewesen. Jetzt habe sie eine Zahl vor Augen: 14 Jahre. "Sie hat im Gefängnis Halt im Glauben gefunden", sagt die Anwältin.

Mady R. (19) lernte Anna-Lea kennen, als Bianca T. 2010 mit ihrer Tochter nach Freising zog. Bianca T. hatte sich damals frisch in Norman H. verliebt. Dessen gute Freundin Kathi R. ist Madys Mutter. Mady holte Anna-Lea vom Kindergarten ab, verbrachte viel Zeit mit ihr. Mady: "Anna-Lea war wie meine kleine Schwester. Ich vermisste sie unendlich."

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