Symbolbesuch kurz vor dem Lockdown: Wirtschaftsminister Aiwanger trifft Einzelhändler
München - Am Dienstagabend um 20 Uhr werde er persönlich die Ladentüre absperren, sagt Frank Troch. Er ist der Geschäftsführer des Herrenausstatters Hirmer und klingt bei dieser Ankündigung fast ein wenig sentimental. Danach wird seine Ladentüre fast vier Wochen lang bis zum 10. Januar geschlossen bleiben. So lange soll der Lockdown - mindestens - dauern, den die Regierung beschlossen hat.
Statt 300 Mitarbeiter werden dann nur noch acht in dem Laden an der Kaufingerstraße arbeiten. Ihre Aufgabe werde sein, die Kleidung zusammenpacken, die Kunden online bestellen, erzählt der Geschäftsführer. Die Unsicherheit der vergangenen Wochen - nicht zu wissen, ob er bald wieder schließen muss oder offen bleiben darf - sei zermürbend gewesen. "Es wäre uns lieber gewesen, wenn wir so wie Österreich schon vor Wochen komplett hätten schließen müssen."
Ein Symbolbesuch im Einzelhandel
Der Geschäftsführer erzählt all das, während er auf den Mann wartet, der diese Beschlüsse nun mitverantworten muss - obwohl er sie selbst lange nicht befürwortete: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) besuchte am Montag das Modehaus - wohl, um zu symbolisieren, dass die Politik den Handel in dieser Lage nicht alleine lässt. Aiwanger hatte sich noch am Samstag dafür ausgesprochen, statt Läden dichtzumachen, das Tragen von FFP2-Masken zu verpflichten. "Doch wenn überall in Deutschland die Läden schließen, können wir in Bayern nicht sagen, dass wir sie offenlassen", sagte der Minister bei seinem Besuch in dem Modehaus. "Wir waren nun gezwungen, den Weg mitzugehen."
Aiwanger sieht Problemursprung in privaten Partys
Dabei sei er nach wie vor davon überzeugt, dass sich die Menschen nicht in Modehäusern, sondern eher auf privaten Partys anstecken. Um Risikogruppen zu schützen, sei er dafür, gezielter zu testen und Konzepte zum Tragen von FFP2-Masken zu entwickeln. Warum es diese Konzepte nicht schon längst gibt? Im Sommer, meint Aiwanger, seien die Zahlen so niedrig gewesen. "Hätte man da vorgeschlagen, FFP2-Masken zur Pflicht zu machen, hätte die Öffentlichkeit aufgeschrien."

Der Verlust kann frühestens 2024 ausgeglichen werden
Dass nun der Lockdown ausgerechnet kurz vor Weihnachten kommt, trifft den Einzelhandel hart. 35 Prozent des Jahresumsatzes werde in diesen Wochen normalerweise generiert, sagt Hirmer-Geschäftsführer Frank Troch. Diesen Verlust könne das Modehaus frühestens 2024 ausgleichen. Zwar seien vergangenes Wochenende wieder zehn bis 20 Prozent mehr Kunden in sein Geschäft gekommen als in den Wochen zuvor. Jedoch sei seine Kundschaft im Vergleich zum Vorjahr auf fast die Hälfte zusammengeschrumpft. Wie viel Verlust das Modehaus in diesem Jahr konkret macht, verrät Troch nicht. Doch die Lage sei angespannt: nicht nur wegen der Ladenschließungen, sondern auch, weil in Zeiten, in denen immer mehr Menschen zu Hause arbeiten, die Nachfrage nach Anzügen und Krawatten sinke.
Wirtschaftshilfen kommen für einige zu spät
Der Wirtschaftsminister betonte, dass es Wirtschaftshilfen geben werde. Zum Beispiel fordert Aiwanger, dass Unternehmen steuerliche Verluste in diesem Jahr mit Gewinnen aus den Vorjahren verrechnen können. Für einige Geschäfte in München kommen solche Vorschläge jedoch zu spät. Mindestes acht Läden in einer Premiumlage haben laut dem Münchner Wirtschaftsreferenten Clemens Baumgärtner (CSU) heuer schon schließen müssen.
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