Superzug von München nach Italien: Betreiber trifft Entscheidung – zulasten der Radfahrer

München - Eine anspruchsvolle Mountainbike-Tour in den Dolomiten oder lieber eine gemütliche Fahrt durch die Weinberge? In Südtirol haben Radsportler die Wahl, in der norditalienischen Provinz gibt es unzählige Routen – dementsprechend beliebt ist die Region auch bei Fahrrad-Touristen.
Nicht alle von ihnen reisen allerdings samt Rad mit dem Auto an, viele setzen bisher auch auf die Schiene: "Auf der Strecke Bologna-Bozen-Innsbruck-München herrscht ein hohes Aufkommen von Fahrradmitnahmen", schreiben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) auf ihrer Website. Und dennoch werden die ÖBB dieses Angebot bald deutlich einschränken.
Neue Railjets nach Italien: Mehr Komfort und Privatsphäre
Ab Frühjahr 2024 sollen auf der Strecke nicht mehr die alten Eurocity-Züge, sondern Railjets eingesetzt werden. Die ÖBB sprechen von mehr Komfort durch neu entwickelte Sitze und mehr Privatsphäre durch kleinere Abteile – und auch in Sachen Fahrradmitnahme wird sich im Superzug von München nach Italien einiges ändern.
"Für alle, die gerne ihr Fahrrad mit auf die Reise nehmen, haben wir gute Neuigkeiten", schreiben die ÖBB. "Auf den insgesamt sechs Stellplätzen entfällt dank Schlaufen zum Fixieren das mühsame Hochheben Ihres Fahrrads – vor allem für E-Biker eine wichtige Verbesserung." Tatsächlich gab es in den Eurocity-Zügen bisher Fahrradhaken zum Aufhängen der Räder. Zur Wahrheit gehört aber auch: In diesen Zügen konnten auch deutlich mehr als sechs Räder transportiert werden – etwa durch den Gepäckwagen. Den wird es künftig allerdings nicht mehr geben.
Der Grund: "Beim Railjet mit einer Geschwindigkeit von bis zu 230 km/h können nicht einfach Gepäckwagen angehängt werden, Gepäckwagen sind auch beim ICE nicht möglich", teilen die ÖBB auf AZ-Anfrage mit. Als "gute Neuigkeit" werden das die Fahrgäste, die diese Möglichkeit bisher nutzten, wohl eher nicht bezeichnen.

ÖBB: Im Winter braucht es deutlich weniger Radl-Plätze
Der Verkehrsexperte und Münchner Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek (Grüne) sagt der AZ dazu: "Es ist bedauerlich, dass die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme eingeschränkt wird, obwohl das Angebot so stark nachgefragt wird." Er selbst nutze die Kombination Fahrrad und Bahn immer wieder, auch bei dienstlichen Terminen. "Das ist optimal, um schnell voranzukommen", sagt Janecek. "Die Bahn muss daran arbeiten, den Bedürfnissen der Menschen zu folgen und mehr Fahrradmitnahmeangebote zu schaffen."
Die ÖBB argumentieren: "Bei Fahrradplätzen geht es immer um eine Abwägung, ob es mehr Sitz- oder Fahrradplätze gibt." Über viele Monate hinweg würden im Winter praktisch keine Fahrräder transportiert, die Nachfrage nach Sitzplätzen sei jedoch hoch. "Die Sitzauslastung ist das gesamte Jahr über auf dieser Strecke sehr hoch", erklärt die Bahn-Gesellschaft.
Das bestätigt auch Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn: "Auf der Strecke München - Verona fahren mittlerweile in der Tourismussaison oft sehr viele Fahrgäste mit. Fahrradmitnahme betrifft nur wenige, aber für die ist es oft dann sehr wichtig." Barth kritisiert, dass Deutschland das Angebot den ÖBB überlassen habe. "Grundsätzlich ist ein höheres Interesse der deutschen Politik am Schienenverkehr wichtig, nur dann kann man auch mitentscheiden. Höheres Interesse bedeutet aber auch: Geld dafür ausgeben, auch da ist uns Österreich weit voraus."

Superzug von München nach Italien soll im kommenden Jahr starten
Zu den neuen Railjet-Zügen sagt er: "Weniger Fahrradmitnahme ist sicherlich einer der Nachteile. Aus unserer Sicht ist auch zumindest in der Saison ein dichteres Angebot (sprich: Stundentakt) sinnvoll, auch das erhöht ja die Fahrradplätze." Noch seien die Planungen im Schienenpersonenfernverkehr für das Fahrplanjahr 2024 laut Website der ÖBB allerdings nicht abgeschlossen.
Wie oft der Railjet dann tatsächlich das Mountainbike-Traumziel Südtirol ansteuern wird und wie viele Fahrrad-Beförderungs-Möglichkeiten sich dadurch letztendlich ergeben, wird sich zeigen. Eines steht fest: Die Fahrradmitnahme bleibt reservierungspflichtig (ein Radl-Platz kostet 15 Euro). So werden die Fahrgäste zumindest rechtzeitig wissen, ob es mit der Beförderung ihres Rads klappt oder nicht.