Studentin stellt klar: So ist München zum Albtraum geworden

München ist deutschlandweit die teuerste Stadt für Studierende. Im Durchschnitt müssen Studis in der Landeshauptstadt mit 760 Euro Miete rechnen. In der AZ erzählt eine Studentin, wie es sich in der teuersten Uni-Stadt Deutschlands so lebt.
Münchner Studentin: "Ich wollte das Leben mitnehmen, nicht nur arbeiten und studieren"
Gabriela Vucina studiert Kommunikationswissenschaft im Master an der LMU. Um sich ihr Studium finanzieren zu können, arbeitet sie unter dem Semester 20 Stunden, in den Ferien etwa 32. "Eigentlich sind die fünf Tage in der Woche entweder Uni oder Arbeit", erzählt sie in der Abendzeitung. Von ihrem Gehalt gibt sie über die Hälfte für die Miete aus: "Ich arbeite logischerweise, um die Miete zu bezahlen."
Als Studentin wollte sie aber eigentlich auch etwas vom Studi-Leben haben: "Ich wollte nicht umsonst herziehen. Ich wollte das ganze Leben mitnehmen und das Soziale kennenlernen. Und nicht nur arbeiten und studieren." Dafür bleibt höchstens am Wochenende – neben dem Lernen – Zeit.
Wohnungsknappheit in München: "Ich weiß noch nicht, wo ich wohnen werde"
Zu den teuren Wohnpreisen gesellt sich ein weiteres Problem: die Wohnraumknappheit. Vucina hat, seitdem sie in München ist, kein eigenes WG-Zimmer, sondern lebt seit zwei Semestern in verschiedenen Wohnungen und WGs zur Untermiete. Sie erzählt: "Ich bin hergezogen und hatte dann nur ein Zimmer zur Untermiete für sieben Monate [...] und dann musste ich eben ausziehen, weil die Untermiete endete. Jetzt habe ich aktuell etwas für einen Monat."
Bisher hat die Studentin zwischen 588 und 650 Euro im Monat für ihre Zwischenmieten gezahlt. Wie es weitergeht, ist noch nicht sicher: "Ich habe jetzt auch noch nichts für den Mai, also ich weiß noch nicht, wo ich da wohnen werde", sagt sie.
Arbeiten, um zu leben: So ist das Münchner Studierendenleben
Gabriela Vucina schildert, wie sie ihre gesamte Studienzeit "so ein bisschen in Unsicherheit lebt". Das Wohnungsthema kommt immer wieder auf und das holt "einen im Alltag ein", erzählt sie. Der Mythos der "besten Zeit des Lebens" bewahrheitet sich für Studierende in den seltensten Fällen: "Gerade ist es tatsächlich so, dass ich arbeite, um überhaupt leben zu können. Dann blickt man halt schon bisschen anders auf Studium. Da sieht man die Zeit nicht so als ‘Larifari’ an und will da auch gut sein, weil man ja nicht umsonst hergezogen sein möchte", sagt sie.
Teure Mieten in München: "Von der Politik ignoriert"
Da die 23-Jährige mit ihrer Situation nicht alleine ist, wurde im April letzten Jahres der "Arbeitskreis Wohnen" (AK Wohnen) gegründet. "Nachdem vor allem für Studierende immer weniger bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht und mittlerweile sogar bestehender Wohnraum wegfällt, war das Glas mehr als voll", erzählt David Vadasz, Sprecher des AK.
"Offenbar wird der Bedarf an günstigem studentischem Wohnraum von der Politik mehr oder weniger bewusst ignoriert und die Studierendenwerke werden alleingelassen. Das wollen wir nicht länger hinnehmen und setzen uns für bezahlbaren Wohnraum gerade für Studierende ein". Auch an der Debatte um die Selbstverwaltung der Wohnheime in München war der AK Wohnen zuletzt beteiligt.
Studentisches Wohnen in München: "Ich würde mein Geld anders nutzen"
"Es darf nicht sein, dass Studierende aufgrund ihrer eigenen oder familiären finanziellen Situation in der Wahl des Studienortes und des Studiengangs eingeschränkt werden", so Vadasz. "Bayern und München sind zu Recht stolz auf ihre Exzellenzuniversitäten. Wir wollen aber auch stolz darauf sein, dass alle, die es hier an die Hochschulen schaffen, auch die Chance haben, diese Bildung zu genießen." Auch würden Standorte wie München und Garching von "den baldigen Fachkräften" profitieren. Wenn diese es sich denn leisten können, zu bleiben. "Wenn das irgendwie preislich so weiter läuft, dann würde ich mein Geld glaube ich anders nutzen", erzählt Gabriela Vucina in der AZ über die Zeit nach ihrem Studium.
Versäumnisse der letzten Jahrzehnte
Für den AK Wohnen ist die Wurzel des Problems ganz klar: "In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurde zu wenig in den Neubau preiswerter Wohnungen investiert." Außerdem sei "der vorhandene studentische Wohnraum" nicht ausreichend gepflegt worden. Es fehle "an Kapital und politischem Willen". Auch habe es "die frühere Geschäftsführung des Studentenwerks München [....] versäumt, das Thema im eigenen Haus und in der Öffentlichkeit bzw. Politik voranzutreiben". In München gäbe es Nachverdichtungspotential, was fehlt seien die finanziellen Mittel: "Diese Mittel müssen vor allem vom zuständigen Freistaat Bayern bereitgestellt werden. Wir würden uns allerdings auch freuen, wenn von den Kommunen wie München oder Garching ebenfalls Finanzierung bereitgestellt werden würde", so Vadasz.
Große Verantwortung des Freistaates
David Vadasz sieht bei dieser Thematik die "große Verantwortung" des Freistaates. Bayern müsse "nicht nur in die notwendige Hochschul- und Forschungsinfrastruktur" investieren, "sondern auch in die notwendige Infrastruktur im Umfeld wie Lehre, Mobilität und Wohnen", so der Sprecher des AK Wohnen. Der Arbeitskreis sei zwar zufrieden mit dem einmaligen 50 Millionen Euro-Zuschuss an die Studierendenwerke, sowie mit den Fördermitteln, die zur Sanierung der seit Jahren leerstehenden Wohnungen in der Studentenstadt bereitgestellt wurden, jedoch müssen derartige Finanzierungen "verstetigt werden, damit Planungssicherheit für weitere dringend notwendige Sanierungen und Neubauten besteht", so Vadasz.
Studentisches Wohnen in München: "Eigentlich will ich nur eine sichere Bleibe"
Abschließend sagt der Sprecher des AK Wohnen: "Wir wünschen uns, dass die Wohnkrise, in der wir uns befinden, von den politischen Akteuren erkannt wird und dass parteiübergreifend an einer Lösung gearbeitet wird, ohne sich aus der Verantwortung zu stehlen." Auch Gabriela hat einen Wunsch für ihr Studium in München: "Eigentlich will ich nur eine sichere Bleibe, in der ich mich wohlfühle. Und nicht die ganze Zeit irgendwie aus meinem Koffer leben müssen, mit dem Wissen, dass ich jetzt in einem halben Monat wieder Zeug einpacken muss und dann wieder woanders lebe."