Startbahngegner verlieren vor Gericht: Keine neuen Gutachten
Immer wieder fielen die Worte „nicht entscheidungserheblich“ – im Münchner Startbahn-Prozess hat das Gericht sämtliche Beweisanträge der Kläger abgeschmettert.
München – Die Gegner einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen haben einen Rückschlag erlitten. Die Anträge seien unerheblich oder ohne rechtliche Grundlage, entschied der Senat in München. Auch dem Antrag auf Aussetzung des Mammutprozesses bis zur Klärung rechtlicher Fragen durch den Europäischen Gerichtshof gaben die Richter nicht statt. Die Kläger, unter ihnen viele Anrainergemeinden und der Bund Naturschutz in Bayern (BN), wollten mit den 184 Beweisanträgen vor allem Fragen zum Bedarf der 4000 Meter langen Piste und zu möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen erneut geklärt wissen.
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So wollte etwa die Stadt Freising neue Gutachten zu der Frage, ob die in der Baugenehmigung enthaltenen Prognosen der Flughafenbetreiber zur Entwicklung des Luftverkehrs bis 2025 noch realistisch sind. Denn tatsächlich steigt die Zahl der Passagiere zwar, die Starts und Landungen werden aber weniger, weil die Maschinen besser ausgelastet sind und immer größer werden. Andere Beweisanträge betreffen die Lärmbelästigung im Freisinger Stadtteil Attaching und die Luftverwirbelungen hinter fliegenden Jets. Anwälte der Kommunen wollten gutachterlich klären lassen, ob diese Wirbelschleppen Kinder gefährden oder das Essen im Freien unmöglich machen könnten. Der BN wollte prüfen lassen, ob Zugvögel durch den Bau der Piste wertvolle Rastplätze verlieren.
Doch die Richter schmetterten das ab. Die bereits vorliegenden Gutachten seien durch die Beweisaufnahme „nicht ernsthaft erschüttert worden“, erklärte der Vorsitzende Richter Erwin Allesch. Das Verfahren werde auch nicht ausgesetzt, weil die europäische Wasserrichtlinie dafür nicht relevant sei. BN-Anwalt Ulrich Kaltenegger äußerte sich enttäuscht: „Ich bin der Meinung, dass das, was vonseiten der Flughafenbetreiber und Behörden an Gutachten abgeliefert wurde, bei weitem nicht ausreicht.“ Der Freisinger BN-Kreisvorsitzende und Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl nannte es „schon heftig“, dass alle Beweisanträge abgelehnt wurden. Vor allem die Ablehnungsbegründung bei den Fragestellungen zum Bedarf für die dritte Startbahn sei absurd. „Auf unsere Argumente wurde überhaupt nicht eingegangen“, sagte der Vorsitzende des Landtags-Umweltausschusses.
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„Die Entscheidung des Gerichts wird ein guter Revisionsgrund.“ Der VGH befasst sich seit März in bislang knapp 40 Verhandlungstagen mit den Klagen gegen das von der Münchner Bevölkerung in einem Bürgerentscheid bereits 2012 abgelehnte Projekt. Die dritte Start- und Landebahn würde auf dem zweitgrößten deutschen Airport stündlich bis zu 30 weitere Flugbewegungen ermöglichen. 120 wären es auf alle drei Pisten verteilt. Mit 18,6 Millionen Fluggästen wurde am Drehkreuz München im ersten Halbjahr 2013 ein neuer Rekord erzielt. Die dritte Startbahn würde mindestens 1,2 Milliarden Euro kosten. Der Prozess wird am 9. Januar fortgesetzt. Dann werden die Verfahrensbeteiligten ihre Schlussvorträge halten. Mit einem Urteil ist im Frühjahr 2014 zu rechnen.