Start der Olympischen Spiele '72: Die Münchner Mondlandung

Am 26. August 1972 schaute die ganze Welt auf München. Am ersten Tag der Olympischen Spiele will die Bundesrepublik sich als modernes und freundliches Land präsentieren.
Ruth Frömmer
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Hostessen und Kinder bilden ein Spalier auf dem Münchner Königsplatz im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele 1972. Diese Veranstaltung sollte die Stadt für immer verändern und bereichern.
imago/Frinke 8 Hostessen und Kinder bilden ein Spalier auf dem Münchner Königsplatz im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele 1972. Diese Veranstaltung sollte die Stadt für immer verändern und bereichern.
Das Olympische Feuer ist entfacht.
imago/Frinke 8 Das Olympische Feuer ist entfacht.
Parade im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele 1972 Parade in frame the Opening ceremony the Olympic Games 1972
imago/Frinke 8 Parade im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele 1972 Parade in frame the Opening ceremony the Olympic Games 1972
Männer in bayerischer Tracht präsentieren der Welt einen zünftigen Schuhplattler.
imago/Sven Simon 8 Männer in bayerischer Tracht präsentieren der Welt einen zünftigen Schuhplattler.
Auch Alphornbläser dürfen nicht fehlen.
imago/Sven Simon 8 Auch Alphornbläser dürfen nicht fehlen.
Hostessen in Tracht marschieren ins Olympiastadion ein.
imago/Sven Simon 8 Hostessen in Tracht marschieren ins Olympiastadion ein.
Hans-Jochen Vogel und Bundeskanzler Willy Brandt.
imago/Pressefoto Baumann 8 Hans-Jochen Vogel und Bundeskanzler Willy Brandt.
Das Buch "München 72".
ho 8 Das Buch "München 72".

München - Am 26. August 1972 beginnt das größte Sportfest, das Deutschland je gesehen hat. "München 72 ist für die Bundesdeutschen, was für die Amerikaner die Mondlandung war: ein Aufbruch in eine neue Zeit, ein globales Event", schreiben Markus Brauckmann und Gregor Schöllgen in ihrem Olympia-Tagebuch "München 72 - Ein deutscher Sommer".

Das Buch "München 72".
Das Buch "München 72". © ho

Bei der Eröffnungsfeier schaut eine Milliarde Menschen zu. Diesen Menschen will Deutschland zeigen, dass es die Nazizeit hinter sich gelassen hat und ein offenes und freundliches Land geworden ist. Und vor allem: Nichts soll mehr an die Olympischen Spiele von 1936 in Berlin unter Adolf Hitler erinnern.

Willi Daume war 23 Jahre alt, eigentlich Handballer und musste 1936 im Basketball-Kader für Deutschland antreten. Mit mäßigem Erfolg. Nach dem Krieg wird der gebürtige Dortmunder entnazifiziert und steigt zum Sportfunktionär auf. Am 28. Oktober 1965 trifft er Hans-Jochen Vogel im Münchner Rathaus und macht ihm den Vorschlag, der die Millionenstadt für immer verändern sollte: die Bewerbung für Olympia 1972. Am 25. April 1966 erteilt das Internationale Olympische Komitee (IOC) der Stadt schließlich den Zuschlag.

 Blacky Fuchsberger wird Stadionsprecher

Auch Blacky Fuchsberger hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt: als Wehrmachtssoldat an der Ostfront. Aber das Schicksal hat es danach gut mit ihm gemeint. 1972 ist der inzwischen 45-Jährige den Deutschen aus Film und Fernsehen bekannt. Der Frauenschwarm passt perfekt in die Charme-Offensive der Deutschen und wird als Stadionsprecher der Spiele angeheuert.

Günter Zahn aus Passau ist erst 18 Jahre alt, als er 1972 bei den deutschen Leichtathletik -Jugendmeisterschaften in Bielefeld den 1.500-Meter-Lauf gewinnt. Noch ahnt der Polizeischüler der Bundesrepublik nicht, dass dieser Sieg sein Leben verändern wird. Nach dem Lauf sprechen ihn drei Männer an, die ihm Olympiaboss Willi Daume vorstellen möchten. Der fragt ihn, ob er sich zutraut, das Olympische Feuer in München zu entzünden. Natürlich sagt er sofort: "Ja!"

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10.150 Athleten aus 122 Ländern haben sich für die Spiele akkreditiert. Nach sechs Jahren Vorbereitung ist der große Tag endlich da. Schon seit 10 Uhr morgens sendet das ZDF. Kurz vor 15 Uhr begrüßt Blacky Fuchsberger die Zuschauer mit "Meine Damen und Herren, Dear Ladies and Gentlemen", und kündigt an, dass in wenigen Minuten über 70 Fernseh- und Radiostationen aus aller Welt berichten werden.

Bundespräsident Gustav Heinemann trifft mit seiner Limousine zu früh am Eingang für Ehrengäste ein. Dadurch gerät das Protokoll für die Eröffnungsfeier etwas aus dem Takt. Die Musiker der Bundeswehr setzen mit ihren Fanfaren zu früh ein, dafür werden die Alphornbläser aus dem Allgäu, die sich monatelang intensiv vorbereitet hatten, vergessen. Aber das sind nur Kleinigkeiten. Auch die Musik ist von vorne bis hinten durchdacht.

Auch Alphornbläser dürfen nicht fehlen.
Auch Alphornbläser dürfen nicht fehlen. © imago/Sven Simon

Der Mann dahinter ist Kurt Edelhagen aus Köln. Wie für das Design von Otl Aicher lautet auch die Vorgabe für ihn: heiter, frisch, keine militärischen Märsche. Edelhagen erfindet global tauglichen Sound: Folklore und akustische Klischees, Pop, Swing, exotische Instrumente und Volksmusik.

Einzug wirkt wie eine bunte Modenschau der Nationen

Bis zu 100 DM haben die Zuschauer für ihre Eintrittskarten ins Olympiastadion gezahlt. Aber es lohnt sich. Der Einzug wirkt wie eine bunte Modenschau der Nationen. Die französischen Frauen kommen in roten Kostümen mit Hüten, Kanada zeigt sich in seinen Nationalfarben mit weißen Hosen und roten Jacketts, die Mexikaner tragen Cowboyhüte, die Inder Turban zum blauen Anzug. Als Letztes ziehen als Gastgeber die deutschen Athleten ein, die Frauen in Gelb, die Männer in Blau. Dazu laufen heiter interpretierte Volkslieder.

Heiter ist auch der anschließende "Gruß der Jugend": Münchner Mädchen und Buben mit selbstgebundenen Bögen und Blumensträußen rennen auf den Rasen zu und springen fröhlich herum. Dazu singt der Tölzer Knabenchor.

Hostessen in Tracht marschieren ins Olympiastadion ein.
Hostessen in Tracht marschieren ins Olympiastadion ein. © imago/Sven Simon

Um 16.36 Uhr eröffnet der Bundespräsident offiziell die Spiele. Tauben fliegen in den Himmel. Um 16.59 Uhr entzündet Günter Zahn mit seiner Fackel schließlich das Olympische Feuer. Drumherum leuchten die bunten Farben. "Die deutsche Mondlandung ist geglückt", schreiben Markus Brauckmann und Gregor Schöllgen in ihrem Buch.


Brauckmann / Schöllgen: München 72 - Ein deutscher Sommer DVA, 25 Euro

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