Städtischer Wirtschaftsbericht: "Wir schauen angespannt, aber zuversichtlich in die Zukunft"

Der Wirtschaftsbericht der Stadt stimmt auf magere Zeiten ein. Der Wirtschaftsreferent ist besorgt. Doch es gibt auch Hoffnung.
Paul Nöllke |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
BMW ist nach der Stadt der größte Arbeitgeber in München. Doch die weltpolitischen Entwicklungen könnten nun auch beim Autobauer für Abschwung sorgen.
BMW ist nach der Stadt der größte Arbeitgeber in München. Doch die weltpolitischen Entwicklungen könnten nun auch beim Autobauer für Abschwung sorgen. © imago/Sebastian Widmann

München - Endlich wieder gute Nachrichten - das hätte sich Clemens Baumgärtner (CSU) gewünscht: "Es könnte nach Corona jetzt wieder losgehen", erklärt der Wirtschaftsreferent bei der Vorstellung des städtischen Wirtschaftsberichts. "Doch dann ist der Krieg dazwischen gekommen."

Der Krieg: Obwohl sich die Auswirkungen auf die Münchner Wirtschaft noch im Rahmen halten, prägt er die Stimmung schon jetzt. Das größte Problem ist dabei die Energieversorgung.

Clemens Baumgärtner.
Clemens Baumgärtner. © picture alliance/dpa

"Wenn wir plötzlich einen Stopp der Gaslieferungen hätten, würde die Wirtschaft in Deutschland um fast 13 Prozent einbrechen", warnt Baumgärtner. Knapp 5,6 Millionen Arbeitsplätze bedroht der Gasstopp im ganzen Land - auch in München wären die Folgen zu spüren. "Das ist eine Zahl, die beunruhigen muss."

Die Wirtschaft in München ist gut durch Corona gekommen

So macht das "produzierende Gewerbe", welches direkt von einem Gasstopp betroffen wäre, 21 Prozent der Wertschöpfung in der Stadt aus. Wenn hier Gewerbesteuern wegfallen, würde das ein großes Loch in die Stadtkasse reißen.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Einen großen Vorteil hat München jedoch: eine "diversifizierte Wirtschaftsstruktur", also viele verschiedene Industrien. Damit ist München nicht so sehr vom Gas abhängig, wie Städte, die vor allem große Produktionsstätten beherbergten. "Das ist unsere Stärke", so Baumgärtner.

Durch die Corona-Pandemie ist die Wirtschaft in München vergleichsweise gut gekommen. "Noch geht es unserer Wirtschaft sehr gut", meint Baumgärtner mit Blick auf die Zahlen. So stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Bayern im Jahr 2021 wieder um drei Prozent. Das hat sich auch positiv auf München ausgewirkt. Mehr Insolvenzen wegen Corona kann der Wirtschaftsreferent nicht verzeichnen und auch die Anmeldungen für ein neues Gewerbe sind wieder auf einem Niveau wie vor Corona.

Stimmung in München schlecht

Trotzdem ist die Stimmung ausgesprochen schlecht: Die Frühjahrsprognose der Industrie- und Handelskammer (IHK) lässt daran keinen Zweifel. Große Lieferprobleme bei Rohstoffen, hohe Energiepreise, akuter Fachkräftemangel und Angst vor der Inflation dämpfen die Freude über die gute Lage enorm.

Auch andere Zahlen aus dem Wirtschaftsbericht wirken beim ersten Lesen erfreulich - sind beim genaueren Hinsehen aber nicht, was sie scheinen. Auf dem Papier können sich die Münchner zum Beispiel wieder mehr leisten. Die Kaufkraft stieg 2021 um 0,5 Prozent an - und liegt nun 35 Prozent über dem deutschen Niveau, weit vor Düsseldorf und Hamburg.

Doch es gibt auch positive Nachrichten

"Wegen der hohen Inflation muss man aber davon ausgehen, dass die privaten Haushalte in München eher weniger Kaufkraft haben", so Baumgärtner.

Zukunftsangst, schlechte Stimmung, große Unsicherheit: Gibt es im Bericht über die Münchner Wirtschaft denn gar keine positiven Nachrichten?

Doch! Denn München ist weiterhin ein attraktiver Standort für Unternehmen, vor allem für "Start-ups" und Technologiefirmen. Münchner Start-ups erhielten im Jahr 2021 ganze 4,2 Milliarden Euro an Investitionen - ein absoluter Rekord, wie Clemens Baumgärtner schwärmt. Dass Google, Apple und Amazon auch weiterhin in München investieren, mache Hoffnung, so der Wirtschaftsreferent.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Gute Nachrichten gibt es auch vom Arbeitsmarkt: Es gibt heuer wieder weniger Arbeitslose in München. Die aktuelle Quote liegt bei 3,7 Prozent. Von diesen positiven Entwicklungen sind aber nicht alle betroffen: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg massiv an. "Da müssen wir ein Auge drauf haben", erklärt Baumgärtner.

Wie steht es also um die Wirtschaft in der Stadt? "Wir schauen angespannt aber zuversichtlich in die Zukunft", meint Baumgärtner. Der Ukraine-Krieg wirkt sich jetzt schon enorm auf die Stimmung in der Wirtschaft aus. Doch eins zeigt der Bericht auch: Münchens Wirtschaft ist unerwartet gut durch die letzte Krise gekommen. Das sollte zumindest etwas Hoffnung für die Zukunft spenden.


Zahlen, Daten, Fakten: Wer arbeitet in München?

Der Jahreswirtschaftsbericht der Stadt München erscheint heuer zum 30. Mal. Das Heft soll einen Überblick über die Wirtschaft in München und die wichtigsten Branchen der Stadt geben, aber auch Prognosen und Ausblicke auf das kommende Jahr. 2023 wird der Bericht um neue Indikatoren, wie Soziales, Nachhaltigkeit, Ökologie und Gesellschaft ergänzt. Doch schon heuer gibt es spannende Zahlen zum Arbeitsmarkt in München

Viele Akademiker: In keiner anderen Stadt arbeiten so viele Akademiker wie in München. 2021 waren das ganze 38,6 Prozent der Arbeitnehmer – ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im Deutschlandvergleich.

Wenige Arbeitslose: Die Zahl der Arbeitslosen lag 2021 bei 4,5 Prozent, aktuell ist sie wieder auf 3,7 Prozent zurückgegangen. Damit ist München mit Stuttgart die Großstadt mit den wenigsten Arbeitslosen.

Reiche Einwohner: Die Kaufkraft je Einwohner ist in München so hoch wie nirgendwo sonst. Ganze 33.100 Euro hat der Münchner im Schnitt pro Jahr zur Verfügung, und steht so vor Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt.

Das sind Münchens größte Arbeitgeber

  • Stadt München: 39.500 Mitarbeiter
  • BMW: 34 000 Mitarbeiter
  • Technische Universität München (TUM): 10.500 Mitarbeiter
  • Münchner Flughafen: 9.000 Mitarbeiter
  • MAN: 8.900 Mitarbeiter
  • Siemens: 8.700 Mitarbeiter
  • Allianz: 8.300 Mitarbeiter
  • Linde AG: 4.600 Mitarbeiter
  • Münchener Rück (Munich Re): 4.000 Mitarbeiter
  • Stadtsparkasse München: 2.600 Mitarbeiter
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.