"Wie Hinrichtung": Farbanschlag auf GBW-Zentrale
Rote Farbe überall wegen Sozialcharta? Als die GBW-Mitarbeiter am Freitagmorgen zur Arbeit kamen, mussten sie durch einen rotverschmierten Eingang gehen. Laut Polizei gibt es kein Bekennerschreiben.
Neuhausen - Anwohner der Dom-Pedro-Straße in Neuhausen wunderten sich an diesem Freitagmorgen, als sie an der Hausnummer 19 vorbei gelaufen sind: Der gesamte Eingang des Hauses der GBW-Gruppe ist rot bespritzt. Man kann weder klingeln, noch die Eingangstür aufmachen, ohne mit der Hand in rote Farbe zu fassen.
Der Pizzabäcker von "Palermo Pizza", dessen Pizzeria direkt gegenüber des GBW-Hauses ist, sagte zur AZ: "Das sieht aus wie nach einer Hinrichtung." Als er zur an diesem Freitagmorgen gegen neun Uhr zur Arbeit kam, war das Haus schon verschmiert. Eine Anwohnerin sagte: "Ich kann das nicht fassen. Wer macht sowas. Als ich heute gegen sieben aus meiner Balkontür herausgeschaut habe, da war es schon da."
Wann genau der Anschlag geschah, kann die Polizei nicht sagen. Laut Polizeisprecher Wolfgang Behr hat ein Passant bereits in der Nacht zum Freitag gegen 3 Uhr morgens den farbverschmierten Eingang gesehen. Die beschädigte Fläche betrage 20 mal fünf Meter. „Wir haben eine Anzeige wegen Sachbeschädigungen aufgenommen“, sagt Behr. Hinweise auf den oder die Täter gebe es aber nicht – auch kein Bekennerschreiben.
Ein Foto, dass die GBW selbst zu diesem Vorfall freigibt, zeigt ein Schild mit der Aufschrift: "Vorsicht, FRECH gestrichen." Ist dies ein Gruß von den Vandalen, die hier mit roter Farbe geschmiert haben, oder hat dieses Schild irgendjemand angeklebt? Die GBW ist ratlos.
Das sagt die GBW selbst zu diesem Vorfall: Nach einem schweren Anschlag mit blutroter Farbe auf ihre Zentrale ruft die GBW Gruppe zur Versachlichung der anhaltenden öffentlichen Diskussion um die Sozialcharta auf. "Mit diesem gewalttätigen Vorfall werden Grenzen überschritten. Wir müssen um die Sicherheit unserer Mitarbeiter fürchten", sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der GBW Gruppe, Dr. Claus Lehner.
GBW-Verkauf: Freistaat soll 30.000 Wohnungen bauen
In der Diskussion um die Sozialcharta und Mieterrechte würde die Fakten seinem Unternehmen Recht geben: "Die GBW Gruppe hält sich an der Ausübung ihres operativen Geschäfts an Recht und Gesetz. Zudem wurde die Sozialcharta nicht nur zu 100 Prozent eingehalten, sondern auch die dort genannten Spielräume bei weitem nicht ausgeschöpft."
Die GBW steht seit Monaten heftig in der Kritik: Profitgier, Rücksichtslosigkeit und null Transparenz – immer wieder sind das die Vorwürfe von Mietern und Interessensverbänden wie dem Mieterverein. Es geht dabei vor allem um Mieterhöhungen, mangelnde Kommunikation und Verkäufe. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, die Rechte der Mieter nicht zu achten und eine zu schwache Sozialcharta auszunutzen.
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Zuletzt enthüllte die AZ exklusiv Verkaufspläne der neuen Eigentümer, wonach mit dem Abverkauf von insgesamt 4488 Wohnungen in drei Jahren eine Summe von geschätzten 900 Millionen Euro eingenommen werden soll. Die GBW-Wohnungen wurden im Mai 2013 von der BayernLB unter der Regie von Finanzminister Markus Söder (CSU) an ein „Konsortium um die Patrizia AG“ verkauft.
Bei der Farb-Attacke am Freitag entstand nach ersten Schätzungen ein Schaden im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich. "Wir haben Anzeige erstattet und hoffen, dass der oder die Täter zur Rechenschaft gezogen werden", hieß es von der GBW.
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