Wie hätte die Tat verhindert werden können?

Sampre B. († 29) wird vom Ex erstochen – nach langem Stalking. Wie Experten von der Polizei und der Deutschen Stalkingopferhilfe den Fall in Giesing sehen.
von  job
Bestatter bringen die Leiche von Sampre B. (29) aus dem haus in der Reginfriedstraße.
Bestatter bringen die Leiche von Sampre B. (29) aus dem haus in der Reginfriedstraße.

Sampre B. († 29) wird vom Ex erstochen – nach langem Stalking. Wie Experten von der Polizei und der Deutschen Stalkingopferhilfe den Fall in Giesing sehen.

Giesing - Küchenhelfer Taifoun A. (33) hat gestern vor der Mordkommission die Bluttat an seiner Ex-Frau Sampre B. (†29) zum zweiten Mal ohne Umschweife gestanden. Der Grieche hat am Montag die Mutter seiner beiden Söhne (5, 7) nach monatelangem Stalking in Giesing hinterrücks im Treppenhaus erstochen.

Die junge Frau hatte zuvor alles versucht, um ihren Ex-Mann mit Hilfe der Polizei und Justiz in die Schranken zu weisen. Die Griechin hatte auch erreicht, dass ein Richter ihm ein Kontaktverbot aussprach: Er durfte sich ihr und der Wohnung nicht mehr nähern.

Am 2. Oktober war die Polizei bei ihm, um eine so genannte Gefährder-Ansprache zu halten. Doch alles war vergeblich. Sampre B. ist tot.

Das wirft Fragen auf.

Hätte die Tat verhindert werden können?

Arno Helfrich, Chef des Kommissariats Opferschutz (K 105) bei der Münchner Polizei, meint Nein: „Bei vielen Fällen können wir intervenieren, die Betroffenen stärken und den ein oder anderen wieder ,einfangen’. Aber es bleibt ein kleiner Bruchteil übrig, da sind die Täter fest entschlossen. Diese Fälle werden wir auch in Zukunft mit noch so viel Beratung nicht verhindern können. So leid es uns tut!“

Taifoun A. kündigte den Mord an seiner Ex-Frau an. Warum wurde er nicht festgenommen oder weggesperrt?

Juristisch habe dazu keine Möglichkeit bestanden, sagt Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Wie viele Stalkingfälle gibt es in München?

Bei der Polizei wurden 2012 nur 213 Fälle aktenkundig. Dies sind aber ausschließlich Fälle, die strafrechtlich nicht relevant sind. Körperverletzungen zum Beispiel fallen nicht darunter, sie werden separat erfasst. Erika Schindecker (62), Vorsitzende des Vereins Deutsche Stalking-Opferhilfe (DSOH), schätzt die Zahl der Fälle, bei denen Opfern nachgestellt wird, auf 8000 bis 10000 (inklusive Straftaten). Bayernweit geht sie von 45000 bis 50000 Fällen aus. Allein ihr Verein hat in diesem Jahr bislang 350 Opfer beraten. „Die Täter oder Täterinnen kommen aus allen Schichten und sind fast jeden Alters. Nur ganz junge gibt es selten. Die Ältesten bei uns waren 88.“ Ein Opfer zog nach Neuseeland, um „seinem“ Stalker zu entkommen.

Was rät die Polizei Opfern?

Helfrich: „Machen Sie umfangreich vom Notruf 110 Gebrauch. Bei vielen wirkt es, wenn die Polizei kommt. Zudem ist wichtig, dass die einzelnen Taten aktenkundig werden.“ Erika Schindecker rät, ein Stalking-Tagebuch zu führen sowie Familien, Freunde und auch die Arbeitsstelle zu informieren.

 

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