Vollgelaufene Keller in Schwabing: "Stoppen Sie die Überflutung"
Schwabing - In Schwabing sprudelt Grundwasser in die Keller - inzwischen leidet ein ganzes Gebiet um die Osterwaldstraße.
"40 bis 50 Häuser sind betroffen", weiß Franziska von Gagern von der Interessensgemeinschaft Grundwasser Osterwaldstraße: "Seit Juni hat sich die Lage verschlimmert." In ihrem Wohnhaus in der Genter Straße 13 steht das Wasser seit fünf Jahren. "Grotesk" und "völlig irre" findet sie, dass die Münchner Stadtentwässerung (MSE) das nasse Problem nie ernsthaft angegangen ist.
Im Augenblick steht in von Gagerns Keller das Wasser nur 30 Zentimeter hoch. Weil sie das Grundwasser durchgehend über privat erworbene Pumpen (auf eigene Kosten) abpumpen lässt. Sonst stünde der Pegel in dem Architektenhaus bei 80 Zentimetern.
Ursache: Der Wasserkanal staut das Grundwasser auf
"Damit das Eigentum der Menschen nicht weiter verrottet", so Rechtsanwalt Benno Ziegler, machen die Betroffenen mit Lokalpolitikern Druck. Der örtliche grüne Landtagsabgeordnete Christian Hierneis hat gestern eine Petition im Landtag eingereicht. Der Inhalt: Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Landeshauptstadt München zu verpflichten, die Überflutung der Keller zu stoppen. Die Lösung: Die Stadt soll "den Grundwasseraufstau bedingt durch den Regenwasserkanal am Karl-Arnold-Weg unterlassen".
Ein hydro-geologisches Gutachten, das die Eigentümer 2020 in Auftrag gegeben haben, hat einen Grundwasserstau am nahen Regenwasserkanal als Ursache für die "Vernässsung" des Kellers an der Genter Straße 13 identifiziert.
Stadt soll über Landtags-Petition zum Handeln gezwungen werden
Der Skandal: Die Stadtverwaltung und die Münchner Stadtentwässerung als Adressat der Probleme habe sich bis jetzt "weggeduckt, Briefe nicht beantwortet, Informationen unterschlagen und den Runden Tisch verschoben", kritisiert Rechtsanwalt Benno Ziegler.
Die MSE habe stur behauptet, dass die Neubefüllung des Kleinhesseloher Sees im Frühjahr Ursache für den Grundwassereintritt in die Häuser sei. "Dies ist aber nicht der Fall", hat Christian Hierneis schriftlich vom Finanzministerium bekommen.
Über den Umweg der Landtags-Petition soll die Stadt zum Handeln gezwungen werden: "Die Verantwortung liegt zu 100 Prozent bei der Stadt. Es ist traurig, dass man zu diesem Mittel greifen muss", sagt Patric Wolf (CSU), BA-Chef von Schwabing-Freimann. Weil er beim Ortstermin im Keller keine Gummistiefel dabei hat, stellt er sich für den Fotografen barfuß in das Grundwasser.
"Diese Sache hat einen sehr üblen Beigeschmack. Der Vorwurf an die Stadt ist erheblich. Damit das Problem gelöst wird, muss die MSE sofort aktiv werden", fordert Benno Ziegler im Namen aller Betroffenen.
An die Stadtentwässerung schickt er zudem diese Botschaft: "Wir machen alle Fehler. Doch man muss sie korrigieren, sonst schaden sie den Menschen noch mehr." Allein für die Schwabinger im Baudenkmal Genter Straße 13, erbaut 1972 vom Münchner Architekten Otto Steidle, summiert sich der Schaden bis jetzt auf über 100.000 Euro.
AZ-Umfrage: Wie erleben Sie den Schaden durch Grundwasser?
Wolfgang Dirrigle (51), Leiter eines Münchner Wertstoffhofs:

"Die ganze Zeit schreit man und bittet um Hilfe, aber es passiert nichts! Ich fühle mich verarscht. Seit 11. Juni läuft Wasser in meinen Keller an der Osterwaldstraße 47. Die Wohnzimmermöbel meines Großvaters, die den Luftangriff vom 11. Juli 1944 überstanden haben, hat das Grundwasser jetzt kaputtgemacht. Wie traurig! Ich habe sie auf meinem Wertstoffhof entsorgen müssen. Ich versuche meinen Keller trocken zu bekommen. Mein Schaden bis jetzt: 25.000 Euro."
Ruth Schuhmacher (60) und Karin Vomfelde (57) aus der Genter Straße:

Karin Vomfelde (57), Apothekerin, wohnt in der Genter Straße: "Stellt diesen Mist ab, wir waren es nicht! Warum hilft uns keiner von der Stadt? Wo ist hier die Bürgernähe? Nur Ärger, nur Stress, nur Kosten. Ich kann meine Souterrain-Wohnung jetzt nicht mehr vermieten. Als das Wasser kam, habe ich drei Tage die Keller ausgeräumt - auch für ältere Nachbarinnen. Kinderkleider, die ich sentimental aufheben wollte, sind auch durchfeuchtet worden und weg. Bei diesem ganzen Drama bekomme ich einen mittelschweren Herzinfarkt."
Ruth Schuhmacher (60), Team-Assistentin aus der Genter Straße 15: "Ich mag nicht mehr. Die Situation ist nervenaufreibend und unerträglich. Ich will schon nicht mehr heim, weil unten auf 80 Quadratmetern das Wasser steht. Bei uns hört man Tag und Nacht die Pumpen, damit wenigstens die Heizung trocken bleibt. Am 8. Juni ging es hier los. Meine Tochter rief an: Das Wasser läuft überall rein. Es ist beängstigend. Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels. Ich fühle mich völlig im Stich gelassen von der Stadt und unseren Vertretern."
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