Straße umbenannt - und plötzlich kommt kein Paket mehr an

Seit 1. September heißt die ehemalige Paul-Lagarde-Straße in Laim Ilse-Weber-Straße. Die Anwohner waren und sind verwirrt – ebenso wie beispielsweise Paketboten. Das Kommunalreferat selbst sieht sich anhand der Verunsicherung nicht in der Schuld.
von  AZ/ms
GoogleMaps brauchte eineinhalb Monate bis der neue Straßenname zu finden war - bei GoogleStreetView ist noch der alte Name, Paul-Lagarde-Straße, zu sehen.
GoogleMaps brauchte eineinhalb Monate bis der neue Straßenname zu finden war - bei GoogleStreetView ist noch der alte Name, Paul-Lagarde-Straße, zu sehen. © Screenshot/GoogleStreetView

München - Vom Antisemiten zur jüdischen Schriftstellerin, von Paul de Lagarde zu Ilse Weber. Seit 1. September ist die Änderung des Laimer Straßennamens gültig. Sehr zum Leidwesen der Anwohner, die offenbar nicht wirklich über die Maßnahme informiert worden sind. Die Folge: Verwirrung und Ratlosigkeit.

Die "Süddeutsche Zeitung" (Printausgabe von Mittwoch) hat mit einer betroffenen Anwohnerin gesprochen. Nachdem sie eine Infobroschüre über die Namensänderung in ihrem Briefkasten gefunden hat, habe sie sofort die Hausverwaltung angerufen – "aber die wusste da noch nichts". Die Hausverwaltung wusste nichts vom entsprechenden Beschluss im Stadtrat, auch von Maßnahmen der Behörden, die in einem solchen Fall normalerweise getätigt werden, habe sie nichts mitbekommen.

Die Verwirrung kann drastische Folgen haben

Niemand weiß also von irgendetwas – weder Hausverwaltung noch Anwohner. Diese Ratlosigkeit zeigt sich aber auch auf den einfachsten Ebenen des Alltags – beispielsweise, wenn der Paketbote nicht mehr weiß, in welcher Straße er seine Lieferung abzugeben hat. Der Betroffenen zufolge wurde der Straßenname bei GoogleMaps sogar erst Mitte Oktober geändert – da sind bereits eineinhalb Monate vergangen!

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Die Verwirrung um die falsche oder richtige Straße kann ganz schnell aber auch sehr drastische Folgen haben. So habe die Betroffene bei der Behörde ihrer Rentenversicherung plötzlich in der Weberstraße in Bogenhausen gewohnt. Warum? Der neue Name war noch nicht im Straßenverzeichnis zu finden. "Die nehmen dann anscheinend einfach den nächstliegenden Namen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Doch es kam sogar noch dicker: Die falschen Informationen wurde danach noch an die Schufa-Zentrale weitergegeben. Probleme sind da natürlich vorprogrammiert – ausbaden müssen es dann meist die Anwohner.

Kommunalreferat: Bürger sind selbst verantwortlich

Und was sagt die Stadt zu dem Vorfall? Das Kommunalreferat scheint sich nicht in der Verantwortung zu sehen, wenn man die Aussagen eines Sprechers gegenüber der Zeitung hört. "Die Aktualisierung der persönlichen Angaben bei allen Stellen privater Verbindlichkeiten ist durch die Bürgerinnen und Bürger in eigener Verantwortung zu veranlassen."

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Mit anderen Worten – und überspitzt gesagt: Die Anwohner sind selbst dafür verantwortlich, wenn der Name ihrer Straße geändert wird. Der Sprecher vergleicht die Folgen mit denen, die Anwohner durch einen Umzug hätten. Der Unterschied: Im Fall der Ilse-Weber-Straße sind insgesamt 77 Anwohner betroffen. 77 Menschen, die sich also selbst um sämtliche organisatorische Dinge kümmern müssen. Lediglich die Hauseigentümer sowie andere relevanten Stellen, wie beispielsweise Polizei oder Meldebehörde, wurden über die Änderung informiert. Die Hausverwaltung wurde allerdings wohl erst deutlich nach der Änderung über ebendiese informiert.

Zuletzt ließ die betroffene Frau die Vorkommnisse und das Vorgehen der Stadt in der Laimer Bürgerversammlung durch CSU-Stadträtin Evelyne Menges vorstellen. Ob das etwas an der Situation ändert, bleibt abzuwarten.

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