"Sendlinger Loch": Anwohner fordern See und Hausboote statt Luxuswohnungen

Mit einer humorvollen Aktion schlagen Nachbarn am "Sendlinger Loch" eine Zwischennutzung für die stillstehende Großbaustelle in München vor.
von  Nina Job
Ein Badesee mitten in Sendling mit schwimmenden Häusern, das schlagen Aktivisten vor.
Ein Badesee mitten in Sendling mit schwimmenden Häusern, das schlagen Aktivisten vor.

Sendling - Ein Mann erscheint in Badehose mit riesigem Gummikrokodil unterm Arm, Kinder kommen mit Schwimmreifen, ein paar Frauen tragen Hawaiiblumenketten.

Auf die witzige Einladung, versehen mit einem Rettungsring und dem Satz "Wir retten Sendling", reagieren auch die Eingeladenen mit Humor: Etwa 200 Nachbarn versammeln sich am Donnerstagabend an der Alramstraße Ecke Aberlestraße. Auf den ersten Blick schaut alles nach einem Nachbarschaftsfest oder Happening aus.

"Sendlinger Loch": Stillstand in der Baugrube seit Jahren

Doch der eigentliche Anlass des Zusammentreffens ist das riesige, zwölf Meter tiefe Bauloch, über das sich viele Sendlinger ärgern. Der große Rewe, der hier einst stand und auch der Obststand werden vermisst.

Auch finden viele, dass Wohnungen für rund 18.000 Euro pro Quadratmeter, die hier entstehen sollen, nicht ins Viertel passen. Vor allem aber ärgern sich viele Sendlinger, dass hier seit Jahren nichts weitergeht.

Ein Vorschlag sieht Badeteich, Palmen, Strand vor.
Ein Vorschlag sieht Badeteich, Palmen, Strand vor.

Nicht einmal der Bauträger M-Concept kann derzeit sagen, wann es losgeht mit dem Bau: die gestiegenen Zinsen und Baukosten, die gedämpfte Kauflust, niemand könne seriös vorhersagen, wann sich die Lage am Immobilienmarkt in München wieder entspanne.

Eine Gruppe von etwa zehn Anwohnern hat nun am Donnerstag zur Baugrube geladen, um ein Alternativkonzept vorzustellen. Die Gruppe nennt sich "Projektentwicklungsgesellschaft (PEG) Sendlinger Loch".

Rund 200 Anwohner versammeln sich am Donnerstag an der Baugrube.  Foto: Nina Job
Rund 200 Anwohner versammeln sich am Donnerstag an der Baugrube. Foto: Nina Job © Nina Job

Anwohner am "Sendlinger Loch" fordern: Badespaß statt Luxuswohnungen

Einer der Organisatoren ist Christian Stupka, der sich unter anderem bei der Münchner Initiative für soziales Bodenrecht engagiert. Vor der Baugrube haben er und seine Mitstreiter ein riesiges Plakat aufgehängt. Statt des geplanten Luxusbaus zeigt es schwimmende Häuser.

In einem Flyer, der verteilt wird, gibt es weitere "Realisierungsvarianten": mit Hausbooten, Palmen, Sandstrand. Das Motto lautet "Volllaufen lassen". Damit ist kein Aufruf zum Nachbarschaftsbesäufnis gemeint. Stattdessen soll die Baugrube volllaufen: Pumpen abstellen, Grundwasser hineinlaufen lassen und schon könnte es losgehen mit dem "Sendlinger Badespaß".

Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter, der in Sendling groß geworden ist, könne sich hier dann morgens "vor dem Marathon im Rathaus" abkühlen, sagt Moderator Stupka im Matrosenshirt. Er steht auf einer Bierbank und preist das Alternativprojekt an: 38 Wohneinheiten, Ein- bis Sechszimmerwohnungen für einen Quadratmeterpreis ab 8,49 Euro Miete.

Man werde M-Concept anschreiben und vorschlagen, für die Zwischennutzung 500 Euro monatlich zu zahlen. Auch Bezirksausschuss-Chef Markus Lutz (SPD) klettert aufs Podium und spricht: "Wir sind uns im Bezirksausschuss parteiübergreifen einig, dass wir in Sendling keine Luxuswohnungen wollen."

Die Veranstaltung wird zum Nachbarschafts-Happening.
Die Veranstaltung wird zum Nachbarschafts-Happening. © Nina Job

Bezahlbarer Wohnraum fürs "Sendlinger Loch": Bauträger M-Concept hält Aktion für schlechten Scherz

Das zentrale Anliegen der launigen Versammlung am Loch ist ein ernstes: bezahlbaren Wohnraum schaffen. Die Sendlinger stehen an dem Abend noch länger beinander, die Organisatoren haben Pizza bestellt, Getränke gibt's gegen eine Spende.

M-Concept findet den Vorschlag der PEG nicht so witzig. Auf AZ-Anfrage teilte Pressesprecher Stefan Beste am Freitag mit: "Das ist ein schlechter Scherz, weiter nichts."

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