Raum für Antisemiten? Eine-Welt-Haus unter Druck

Die Stadt will linke Gruppen, die Antisemiten Raum geben, nicht mehr unterstützen. Ein Ende der Zuschüsse droht.
Felix Müller |
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Das Eine-Welt-Haus an der Schwanthalerstraße in der Ludwigsvorstadt.
Eine-Welt-Haus Das Eine-Welt-Haus an der Schwanthalerstraße in der Ludwigsvorstadt.

Ludwigsvorstadt - Die Stadt habe Antisemiten unterstützt, sagen die einen, zum Glück solle sich das jetzt endlich ändern. Das Rathaus plane Zensur, sagen die anderen. Es schränke mit einem für Donnerstag geplanten Beschluss Meinungsfreiheit ein.

Die Wellen schlagen mal wieder hoch in der Debatte um die Frage, wie künftig mit linken Gruppen umgegangen werden soll, denen Antisemitismus vorgeworfen wird. Dem Vernehmen nach werden CSU, SPD und wohl auch Teile der Grünen einen Vorschlag von OB Dieter Reiter (SPD) beschließen, der Folgen etwa für das Eine-Welt-Haus haben wird.

Das Haus war – wie auch der Gasteig – immer wieder in die Kritik geraten, weil es Antisemiten Raum gebe. So hatte das städtische Kulturreferat einen Vortrag im September 2016 verboten, weil "die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten" worden sei. Das Eine-Welt-Haus kritisierte das Verbot damals als "unfair". Es müsse "auch offen diskutiert werden können", hieß es in einer Stellungnahme.

Immer wieder war die so genannte "BDS-Kampagne", die laut Stadt einen umfassenden Boykott Israels fordert, das Existenzrecht Israels als jüdischem Nationalstaat und "einen Frieden im Rahmen der Zweistaatenlösung" ablehne, in die Kritik geraten. So hatte im Gasteig der Vortrag eines Publizisten stattgefunden, der "mörderischen Widerstand" von Palästinensern als ihr "Recht" und ihre "Pflicht" bezeichnet hatte. Der Text steht auf der Seite der "Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe", einer Gruppe, die sich im Eine-Welt-Haus trifft.

Nun will die Stadt generell keine städtischen Räume und Räume städtischer Töchter wie dem Gasteig mehr für BDS-Veranstaltungen zur Verfügung stellen – und kann auch Zuschüsse an andere Einrichtungen kürzen (oder im Nachhinein zurückverlangen). In letzter Konsequenz wäre das Eine-Welt-Haus wohl gefährdet – wenn es weiter solche Veranstaltungen abhält. "Die Lage für das Eine-Welt-Haus ist wirklich sehr ernst", sagt ein Stadtrat.

Unterstützt wird der Vorschlag Reiters von den Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linken. Reiter selbst sagte auf einer Gedenkveranstaltung am 9. November, die Stadt setze "immer wieder deutliche Zeichen". Als Beispiel nannte er den Stadtratsantrag, "mit dem wir uns klipp und klar gegen die Bestrebungen der antisemitischen BDS-Bewegung stellen".

Die liberale jüdische Gemeinde Beth Shalom unterstützt Reiter in einem Brief. Auch Bürgermeister Josef Schmid (CSU) steht hinter dem Vorgehen. "Der Ausschluss der Boykott-Kampagne von städtischen Räumen sowie von städtischen Zuschüssen ist folgerichtig und absolut notwendig", sagte er der AZ. Die betroffenen Gruppen hingegen wehren sich gegen den Antisemitismus-Vorwurf – und verweisen auf das Grundgesetz. In einem Schreiben an Stadträte grüßt BDS "aus Rammalah im israelisch besetzten Westjordanland". Die Stadt habe "rechtliche Verpflichtungen (Grundgesetz der BRD)", mahnt man.

Das Schreiben kommt harmlos daher. Auf den Unterstützerlisten von BDS steht aber auch ein Bündnis, dem die Hamas und andere Gruppen, die die EU als Terroristen sieht, angehören.

Nun meldete sich ein "Münchner Bündnis für das Recht auf freie Meinungsäußerung" aus dem Umfeld der Palästina-Gruppen zu Wort und fordert "Keine Zensur in städtischen Räumen!" Reiter hat seine Stadträte auch auf dieses Argument vorbereitet. Das Grundgesetz gewähre dem Einzelnen "keinen Anspruch auf Zutritt zu bestimmten kommunalen Einrichtungen zum Zweck der Meinungsäußerung und -verbreitung", schreibt er.

AZ-Kommentar zum Thema: Antisemitismus-Streit - Selbst schuld

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