München-Thalkirchen: Dichter, moderner - und jünger

München - Wirklich homogen war der 19. Stadtbezirk noch nie. Schon vor der Reform der Stadtbezirke 1992 setzte er sich aus dem einstigen Bauerndorf Thalkirchen, dem industriell geprägten Obersendling, Fürstenried mit seinem bekannten Schloss und dem eher dörflichen Forstenried zusammen.
Vier Viertel, die sich in Struktur und Bebauung durchaus unterscheiden. Als in den 90ern mit Solln noch ein eher gutbürgerliches Villen-Viertel hinzukam, war klar: Leicht zu fassen ist der Bezirk mit den vielen Bindestrichen nicht.
Großer Zuzug in den nächsten Jahren
1.776 Hektar groß ist er, mit 95.500 Einwohnern ist er zudem der drittgrößte in München. Und er wird weiter wachsen – so stark, dass er Prognosen zufolge bis 2040 der zweitgrößte Bezirk Münchens sein wird. Dann werden 124.000 Menschen hier leben, knapp ein Drittel mehr als heute.

Durch den Zuzug wird sich der Bezirk, der derzeit mit durchschnittlich 43,1 Jahren zu den älteren in München gehört, verjüngen. Das Planungsreferat geht in seinen Prognosen davon aus, dass in die Neubaugebiete vor allem junge Menschen zuziehen werden – dadurch wird das Durchschnittsalter auf 41,9 Jahre absinken.
Schon in jüngster Vergangenheit ist der Stadtbezirk stark angewachsen. Auf dem ehemaligen Siemens-Gelände ist ein völlig neues Quartier entstanden. Das 2014 fertiggestellte Wohngebiet mit seinen markanten Wohntürmen bietet Platz für mehr als 2.000 Bewohner. Weitere größere Bauprojekte gibt es entlang des Gewerbebands an der Isarhangkante und an der Drygalski-Allee.

Obersendling: Aus Werkstätten werden Wohnungen
Dass der Bezirk noch weiter im Wachsen begriffen ist, ist offensichtlich. Wer zum Beispiel durch Obersendling spaziert, sieht, wie das denkmalgeschützte Deckel-Gebäude saniert wird. Hier, wo bis in die 1990er Jahre die Maschinenbaufirma Deckel ihren Sitz hatte, wird Kultur und neues Gewerbe einziehen.
Aber auch Wohnraum entsteht. Vor allem in der Gegend rund um die Tölzer und die Boschetsrieder Straße kann man förmlich mitansehen, wie aus Autodandlern und Werkstätten zunehmend Wohnungen werden.
So baut Stenger Architekten auf der ehemaligen Brache am nördlichen Ende der Tölzer Straße gerade 146 Mietwohnungen. Im Erdgeschoss wird es Gewerbeflächen geben. Weiter südlich, an der Tölzer Straße 4, ist der Wandel noch offensichtlicher – und auch schon abgeschlossen. Wo einst ein Autozubehörlager war, stehen nun Eigentumswohnungen. Sehr weiß, sehr schick.

Bezeichnend vielleicht für viele Neubauprojekte im Viertel: Beworben werden die Projekte mit der Ortsmarke Thalkirchen, wohl weil Immobilienentwickler meinen, dass das weniger nach einstigem Gewerbegebiet und mehr nach Isar und Naherholung klingt.
Dabei ist unten in Thalkirchen nach der Umgestaltung des Thalkirchner Platzes 2011 kein Platz mehr für größere Neubauprojekte. Vorstellbar wäre hier nur, dass die alten Bauernhäuser in Zukunft größeren Mehrfamilienhäusern weichen müssen.
Stadtbezirk in Zahlen
Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln (Stand 2019):
- Fläche: 1.776 Hektar
- davon Gebäude (und zugehörige Freiflächen): 1.000 Hektar
- davon Erholungsflächen: 255 Hektar
- Einwohner: etwa 97.000
- Ausländer: etwa 26.500
- Arbeitslose: etwa 1.680
- Autos: etwa 51.500
- Praxis-Ärzte: 199
- Einwohner je Arzt: 486
- Schulen: 20
- Kitas: 73
- Museen/Theater/Kinos: 3
- Bibliotheken: 4
- Hotels: 21
- Oberbürgermeister-Stichwahl 2014: Josef Schmid (CSU): 48,1 Prozent, Dieter Reiter (SPD): 51,9 Prozent

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