Altstadt-Lehel: Touristenmagnet mit Baugrube
Altstadt-Lehel - Hier in der Altstadt begann die Geschichte Münchens, vor ziemlich genau 861 Jahren. Und hier endete sie fast, vor etwa 80 Jahren, als im Zweiten Weltkrieg ein Großteil der Gebäude durch einschlagende Bomben völlig zerstört wurde.
Zum Glück entschieden sich die Münchner nach dem Krieg dazu, diesen Kern originalgetreu wieder aufzubauen. Sogar der mittelalterliche Straßenverlauf ist erhalten geblieben.
Altstadt-Lehel: Klein, beliebt und extrem teuer
Der Stadtbezirk Altstadt-Lehel ist heute einer der kleinsten, beliebtesten und teuersten Stadtteile. Der Anteil der Zweitwohnsitze ist mit 4,9 Prozent besonders hoch. In anderen Stadtteilen sind es gerade mal ein bis zwei Prozent.
Der internationale Lohn des Wiederaufbaus: Touristenströme ohne Ende. Pro Jahr übernachten mehr Menschen in der Altstadt, als es nach dem Zweiten Weltkrieg Einwohner gab. Die sagenhafte Zahl: 1 115 090. München ist ein Touristenmagnet. Das Geld, das die Menschen aus aller Welt hier ausgeben, sorgt mitunter für den Wohlstand.

Alle wollen die schönsten Flecken der Stadt sehen. Besonders faszinierend ist, dass das Glockenspiel weltbekannt wurde, mit dem täglichen Schäfflertanz. Hunderte Touristen, stehen dann mit ihren Handykameras an der Mariensäule und machen eine Aufnahme von dieser eigentlich relativ unspektakulären Show.
Radlverbot am Marienplatz
Und damit das alles so bleibt, wird permanent kräftig poliert und restauriert. Zuletzt wurde das "Hugendubel-Haus" am Marienplatz aufgehübscht. Auch mit dem Radl darf man hier nicht mehr durchfahren. Die nächsten Baustellen stehen schon an oder sind bereits eingerichtet.
Zweite Stammstrecke, Alte Akademie, neue Trambahngleise: Am prägendsten ist derzeit das bald größte Loch Münchens mit 40 Metern Tiefe, die es am Ende messen wird, wenn die Bauleiter hinter dem Neuen Rathaus bis zur Zweiten S-Bahn-Stammstrecke vorstoßen. Bis dieses Loch zugebuddelt ist, wird gefühlt ein halbes Leben vergehen.
Der amtierende Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) spricht derzeit oft davon, die Fußgängerzonen zu erweitern und Autos zu verbannen. Der Sprecher der Innenstadt-Geschäftsleute, Wolfgang Fischer von City Partner, hält dagegen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fußgängerzone bald erweitert wird, bevor alle Großbauprojekte zu Ende sind. Das wird noch Jahre dauern." Bei der Sendlinger Straße hat es immerhin relativ zügig geklappt. Sie wird bekanntlich gerade fertiggestellt.

BA-Mitglied wegen Eigenbedarf gekündigt
Die Bevölkerungszahl der Innenstadt stagniert seit Jahren. Auch die Altersstruktur wird sich nicht radikal wandeln. Der Anteil der Kleinkinder soll nach Prognose leicht steigen, auch bei den 40- bis 44-Jährigen gibt es Zuwachs. Sonst ändert sich nicht viel. 21.100 Münchner leben derzeit im Stadtbezirk 1. Das wird auch künftig so bleiben. Schließlich können so gut wie keine neuen Flächen mehr erschlossen werden. Alles ist dicht bebaut.
Das wiederum könnte langfristig dazu führen, dass alle verdrängt werden, die nicht zufällig Eigentümer ihrer Immobilie sind. Zuletzt traf es einen nicht ganz Unbekannten: Norbert Weigler (66).

Teures Lehel: 2.500 Euro kalt für 100 Quadratmeter
Früher war Weigler jahrelang Mitglied und Baumbeauftragter des Bezirksausschusses (BA) Altstadt-Lehel. Er musste seinen Sitz im Stadtteilparlament aufgeben, weil seine Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Voraussetzung für die Mitgliedschaft im BA ist nämlich, dass man auch im Stadtbezirk wohnt. Im März 2018 wechselte er nach 26 Jahren das Viertel, weil er keine bezahlbare Wohnung fand.
Schnäppchenhafte 1.460 Euro Kaltmiete bezahlte Weigler für 120 Quadratmeter an der Knöbelstraße im Lehel. "Ich dachte, mit dem Budget lässt sich bestimmt etwas Ähnliches finden", sagte Weigler damals. Fand er aber nicht. Die günstigsten Wohnungen, die ihm angeboten wurden, kosteten 20 Euro Kaltmiete je Quadratmeter. Laut aktuellem Mietspiegel bezahlt man heute sogar bis zu 2.500 Euro Kaltmiete für eine 100-Quadratmeter große Wohnung im Lehel.
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