München: Die Kunsthandlung Hecht im Hackenviertel muss schließen

Und wieder ist ein Traditionsgeschäft weg: Nach 29 Jahren muss die Kunsthandlung Hecht im Hackenviertel zum Jahresende schließen. Die Inhaberin kann sich die neue, höhere Miete nicht mehr leisten.
Altstadt - "Ach, Sie schließen? Das ist ja wirklich schade!" Die ältere Kundin, die bei Annette Hecht im Laden steht, ist sichtlich enttäuscht. Gerade hat sie hier noch ein Tablett gekauft – im Abverkauf, wie die Inhaberin der Kunsthandlung Hecht ihr mitteilen muss.
Nach 29 Jahren geht es nicht mehr weiter für den kleinen Laden in der Herzogspittalstraße. Der Mietvertrag läuft aus, mit der neuen höheren Miete ist der Laden nun endgültig nicht mehr haltbar für Annette Hecht, die das Geschäft vor sechs Jahren von ihrer Mutter übernommen hat. Eigentlich bahnte sich das Unglück schon damals an. „Ich konnte praktisch zusehen, aber ich habe immer wieder alles versucht, um den Laden zu erhalten“, erzählt Hecht und sagt weiter: „Ich finde es wichtig, dass es die kleinen inhabergeführten Läden in der Stadt gibt aber wir haben keine Chance mehr hier zwischen den großen Ketten. Die Innenstadt verarmt dadurch.“
Auch für die Karmeliten-Apotheke geht es nicht mehr weiter
Um den Laden ihrer Mutter zu übernehmen gab Annette Hecht vor sechs Jahren ihr Leben in England auf. Dass sie damit nicht reich werden würde, war ihr damals schon klar. Geschreckt hat sie das nicht. Viel wichtiger war ihr, den Laden, in dem es noch persönliche Kontakte gibt, zu erhalten. „Aber jetzt geht es nicht mehr, ich muss meine Rechnungen irgendwie bezahlen“, seufzt sie. Zu allem Überfluss gab es am Dienstagabend auch noch einen Kurzschluss – jetzt ist es dunkel im Laden, die Ware, die sie noch so dringend verkaufen will, steht in finsteren Regalen. „Einladend ist das nicht gerade“, stellt die Inhaberin fest. Trotzdem finden einige noch den Weg in den kleinen Laden, vor allem älteren Kundinnen gefallen die handgeschnitzten Figuren aus dem Erzgebirge, die Heiligenbilder, die kleinen Blechroboter, Kunstkarten und Windspiele.
Was hier verkauft wird, hat Annette Hecht liebevoll einzeln ausgesucht.
Internet? "Da komme ich nicht mit"
Nur vor der Zeit davonlaufen kann auch sie nicht: „Ich habe viele religiöse Artikel, aber das hat für die Menschen heute weniger Bedeutung.“ Nur das Sortiment anzupassen, wäre aber keine Lösung. „Das Internet hilft nicht gerade. Auch die Pfarrsekretärin kauft die 40 Kreuze für die Firmung heute online. Da komme ich nicht mit“, sagt Hecht.
Ob die Gesellschaft, die so viel im Internet bestellt, die kleinen Läden irgendwann vermissen wird, weiß sie nicht und sagt mit Blick auf die Herzogspittalstraße: „Das ist eben auch der Wandel der Zeit. Da fährt ja auch keine Pferdekutsche mehr vorbei – es ist eben blöd, dass es jetzt mich erwischt.“
Wollkorb macht dicht: Nach 40 Jahren ausgestrickt
Jammern will die gebürtige Münchnerin nicht, doch die Schließung schmerzt. Besonders der Kontakt mit den Kunden werde ihr fehlen, sagt sie. „Ich habe eine 102-jährige Stammkundin. Der bringe ich die Sachen auch nach Hause, weil ich das hier für die Menschen mache“, erzählt sie.
Der Kampf, den Laden zu retten und zu sparen, wo es geht, ist jetzt leider verloren. Zu viele Faktoren, wie die Gentrifizierung oder die steigenden Mieten, lägen eben außerhalb ihrer Macht, weiß Hecht. „Ich ziehe jetzt die Reißleine, damit ich noch mit einem blauen Auge davonkomme“, sagt sie. Die Hoffnung liegt darin, dass wenigstens der Abverkauf bis Jahresende noch einigermaßen gut läuft.
Eine Kundin, die sehr erschrocken war über die Schließung, hat ihr Anfang der Woche eine Kette mit einem goldenen Anhänger geschenkt. Einfach so. „Damit Menschen wie sie nicht untergehen“, wünschte sie ihr.