München: Das passiert jetzt mit dem Dönerhaus

Josef Biermeier (61) ist der neue Eigentümer des "Dönerhauses" an der Schwanthalerhöhe. Im AZ-Interview erzählt er, was er mit dem verfallenen Gebäude plant.
von  Hüseyin Ince
AZ-Interview mit Josef Biermeier ist studierter Maschinenbauer aus Vilshofen. Sein Studium verschlug ihn vor etwa 40 Jahren nach München.
AZ-Interview mit Josef Biermeier ist studierter Maschinenbauer aus Vilshofen. Sein Studium verschlug ihn vor etwa 40 Jahren nach München. © Daniel von Loeper

München - Mit seinem bayerisch-gezwirbelten Oberlippenbart könnte Josef Biermeier (61) glatt als Bierbrauer oder Wiesnwirt durchgehen. Doch Biermeier hat sein Herz an die Architektur verloren und gestaltet seit 15 Jahren Münchner Wohnbauprojekte mit seiner Firma "biermeier bauwerte gmbh". Sein aktuelles Projekt: das "Dönerhaus", das seit vielen Jahren leersteht. Im Interview mit der AZ spricht er erstmals ausführlich über seine Pläne.

AZ-Interview mit Josef Biermeier ist studierter Maschinenbauer aus Vilshofen. Sein Studium verschlug ihn vor etwa 40 Jahren nach München.
AZ-Interview mit Josef Biermeier ist studierter Maschinenbauer aus Vilshofen. Sein Studium verschlug ihn vor etwa 40 Jahren nach München. © Daniel von Loeper

AZ: Herr Biermeier, was passiert denn nun mit dem Dönerhaus?
JOSEF BIERMEIER: Wenn es nach mir ginge, würde da innerhalb von zwei Jahren ein neues, fünfstöckiges Gebäude stehen.

Woran könnte es noch scheitern?
Scheitern wird es ziemlich sicher nicht. Zunächst muss ja das jetzige marode, von Ratten und Tauben befallene Haus weg. Es ist wirklich ein Schandfleck, seit fast 15 Jahren. Außen musste schon gesichert werden, damit keiner von herabfallenden Teilen verletzt wird. Mit meinen beiden Geschäftspartnern, einem Architekten und einem Bauunternehmer, warte ich auf die Abrissgenehmigung. Sie ist schon beantragt.

Wissen Sie bereits, was Sie dort bauen wollen?
Oh ja. Sehen Sie her (zieht zwei DinA4-Blätter zu sich). Das sind die Modelle. Wir haben an diesem Eck etwa 200 Quadratmeter Grund. 13 Mal 15 Meter. Es wird entweder eine Gewerbefläche oder ein Wohngebäude, beides hätte samt Erdgeschoss sechs Geschosse. Der sechste Stock wäre ein Dachgeschoss. Dort könnte man Maisonette-Wohnungen bauen. Zählt man alle Stockwerke zusammen, würde in etwa eine Nutzfläche von 1.000 Quadratmetern entstehen.

Wir würden die Grafiken in der AZ zeigen. In Ordnung?
Nein, leider nicht. Wenn der Plan endgültig steht, dürfen Sie das gerne.

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Parkplatz-Problem: Wohnraum oder Gewerbefläche? 

Wie und wann entscheidet sich, ob aus dem "Dönerhaus" Wohnraum oder Gewerbefläche wird?
Mir persönlich wäre Wohnraum lieber. Sehen Sie die Wände an (zeigt auf die Bilder in seinem Büro). Das sind alles Projekte der "biermeier bauwerte gmbh". Zu 98 Prozent Wohnraum. Doch hier gibt es einen Haken.

Nämlich?
Der Parkplatzzwang. Wir müssten für jede Wohnung, die in dem neuen Haus entsteht, je einen Parkplatz nachweisen. Insgesamt wären das 12 bis 15. Und das ginge nur, wenn wir eine Parkgarage in die Tiefe bauen. Auf so enger Grundfläche eine Parkgarage zu bauen, ist aber nicht einfach. Es müsste eine vollautomatische Aufzuganlage für Pkw sein, wie ein Lagersystem bei Amazon.

Was kostet so eine vollautomatische Pkw-Aufzug-Anlage?
Zwischen 60.000 und 100.000 Euro – je nach System.

Insgesamt?
Nein. Pro Stellplatz. Das heißt, bei zehn Stellplätzen würden Sie fast eine Million im Untergrund verbauen.

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Voreigentümer scheiterte am Parkplatzzwang

Warum können Sie keine herkömmliche Tiefgarage bauen, eine, bei der man im Kreis Stock für Stock hinabfährt?
Dafür ist die Grundfläche einfach zu klein. Ich glaube, daran scheiterte auch der frühere Eigentümer mit seinem Wohn-, Gewerbe- und Hotelprojekt – wofür er ja bereits eine Baugenehmigung hatte.

Woran genau?
Er wollte eine fünfgeschossige Tiefgarage für Hotelgäste und Bewohner bauen. Das hat sicher potenzielle Investoren abgeschreckt. Er wollte alles auf einmal, träumte wohl davon, im Dachgeschoss selbst zu wohnen. Meiner Meinung nach muss man sich entscheiden: Gewerbefläche oder Wohnraum. Eine so starke Mischung ist schwierig.

Hatten Sie schon mal über sozialen Wohnungsbau nachgedacht?
Nein. Das stand nicht zur Debatte. Als Unternehmer muss ich meine Projekte profitabel gestalten. Mir wäre es auch lieber, wenn Leute mit geringerem oder mittlerem Einkommen dort am Ende eine Wohnung kaufen könnten. Aber ich habe mittlerweile so viel investiert, dass das nicht mehr möglich ist. Zudem denke ich, dass es die Aufgabe der Stadt ist, sozialen Wohnraum zu schaffen.

Wäre es denkbar, das bestehende dreigeschossige Gebäude zu sanieren und drei Stockwerke zu ergänzen?
Leider nein. Das lässt die Statik des Gebäudes nicht zu. Es ist völlig marode und würde dann zusammenbrechen.

"Quadratmeterpreis? Deutlich mehr als 10.000 Euro"

Wie viel haben Sie eigentlich für das "Dönerhaus" bezahlt?
Bei der Zwangsversteigerung am 8. Mai kaufte ich das Haus samt Grundstück für 4,85 Millionen Euro. Ein Gutachter hatte den Wert im Vorfeld auf 5,4 Millionen festgelegt.

Ein Schnäppchen also?
So würde ich das nicht bezeichnen. Das ist sehr viel Geld. Und samt Grundsteuer und allen anderen Nebenkosten habe ich schon mehr als fünf Millionen Euro investiert.

Wie viel würde denn am Ende so eine Wohnung kosten?
Bereits jetzt müsste der Quadratmeter bei mehr als 5.000 Euro liegen. Ohne Abrisskosten, ohne Neubaukosten. Der Quadratmeter wird hier deutlich mehr als 10.000 Euro kosten. Und dann hätte man den Verkaufspreis noch lange nicht ausgereizt – unabhängig davon, ob es Wohn- oder Gewerbefläche wird. Aber das ist ohnehin nicht unser Ziel.

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"Dönerhaus" als Gewerbefläche attraktiver

Warum konnten Sie das "Dönerhaus" deutlich unter Verkehrswert ersteigern?
Das hängt unter anderem mit der erwähnten Stellplatzproblematik zusammen. Im Vorfeld war sie allen Interessenten bekannt. Bei der Stadt kann man sich zwar aus der Parkplatzpflicht herauskaufen, für 7.500 Euro je Parkplatz. Das geht aber nur, wenn man Gewerberäume erstellt. Bei einer Wohnanlage können Sie sich nicht herauskaufen.

Ist es also für Sie attraktiv, eine Gewerbefläche aufzustellen?
Leider ja. Das würde das Projekt deutlich vereinfachen. Aber wie gesagt, es ist noch nicht entschieden.

Wann ist Ihnen das "Dönerhaus" eigentlich erstmals aufgefallen?
Ziemlich genau, seit es leer steht. 2005 müsste das gewesen sein. Ich versuche auch seitdem, das Gebäude zu ersteigern. Beim dritten Mal hat es endlich geklappt.

Kompliziertes Projekt: "Ich liebe es, Probleme zu lösen"

Woran sind die ersten beiden Versteigerungen gescheitert?
Der Voreigentümer hat immer kurzfristig seine Gläubiger bedient. Die Gläubiger zwangen ihn ja zur Versteigerung, damit sie Ihre Darlehen wiederbekommen. Irgendwo hat er dann immer einen Mindestbetrag aufgetrieben – und konnte die Versteigerung abwenden.

Aber Sie blieben immer dran.
Ich habe jedes Mal einen Scheck vorbereitet.

Einen Scheck?
Wenn Sie bei solchen Versteigerungen mitbieten wollen, müssen Sie zehn Prozent des Verkehrswertes als Scheck hinterlegen, sobald Sie das erste Gebot abgeben. So einen Scheck füllt man nicht einfach aus. Den bereitet die Bank vor. Das dauert etwa zwei bis drei Werktage.

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Warum hat Sie das Gebäude immer interessiert? Ist doch eine ziemlich komplizierte Angelegenheit.
Ich liebe es, Probleme zu lösen. Immer wenn es knifflig wird, finde ich das sehr interessant.

Zumindest im Erdgeschoss des Hauses wollen Sie Gewerbe haben. Könnte da wieder Döner verkauft werden?
Eine Dönerbude im Sinne eines Schnellimbisses wird dort nicht mehr einziehen – glaube ich. Aber vielleicht ein gutes türkisches Restaurant. Warum nicht?

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