Quartier Südseite in München: Wohnen im Turm
Sendling - Wer mit der S-Bahn durch Obersendling fährt, kann sie kaum übersehen: Alpenglühen, Isar Tower Süd und Nord, Pandion Isarbelle und Sternenhimmel heißen die fünf ungewöhnlich geformten Hochhäuser, die neben der Haltestelle Siemenswerke in den Himmel ragen. Zusammen mit den umliegenden Gebäuden bilden sie das Neubauviertel "Südseite".
Ein Park mit fünf Hochhäusern in München
Als sich der Siemenskonzern in den 90er Jahren aus Obersendling zurückzog, war schnell klar, dass auf dem alten Industriegelände Wohnungen entstehen sollten (siehe Kasten). Bis diese Pläne realisiert wurden, verging etwas Zeit: Erst 2014 wurde das Neubaugebiet fertiggestellt. Heute umrahmen niedrige Häuser den Park, in dem die fünf Hochhäuser stehen.
Wer beim Vorsitzenden des Bezirksausschusses Ludwig Weidinger (CSU) nachfragt, wie sich das moderne Viertel in Obersendling so eingepasst hat, erhält ein gemischtes Fazit. "Manches funktioniert sehr gut, anderes nicht ganz so", sagt der Vorsitzende.
Ein Problem sei zum Beispiel, dass die Türme tendenziell andere Bewohner hätten, als die umliegenden Gebäude. "Da gibt es öfter mal Konflikte", bedauert Weidinger. "Von den Bewohnern der Türme erhalten wir schon mal Beschwerden über spielende Kinder oder Lärm allgemein. Das ist in anderen Teilen des Viertels viel weniger ein Problem."

Gabi Pagel lebt seit fünf Jahren im Viertel. Ihr gefällt es hier sehr gut: "Um die Türme herum ist es eher ruhig, ein paar Straßen weiter ist es dann aber wieder sehr quirlig." Die Probleme, die Weidinger im Viertel sieht, kann sie nicht direkt bestätigen. "Ich wohne nicht in den Türmen, sondern nebenan. Ich habe aber noch nicht mitbekommen, dass sich Leute über Kinder beschweren oder unfreundlich sind", so Pagel.
Bevor sie an die "Südseite" zog, lebte sie in lange in Altperlach. "Dort habe ich mich auch sehr wohlgefühlt. Manchmal war Altperlach aber etwas altbacken. Hier ist alles sehr modern und die Leute sind eher jung." Dadurch, dass viele Nachbarn nach Fertigstellung der Häuser alle zur gleichen Zeit eingezogen sind, seien die Nachbarn grundsätzlich sehr offen und freundlich. "Wir sind ja alle neu im Viertel", sagt Pagel. Dieses Jahr habe es in schon ein Sommerfest gegeben, zu dem fast drei Viertel aller Nachbarn aus ihrem Haus gekommen seien. Bewohner aus zwei der Türme hätten vor kurzem ein "White-Dinner" für die Nachbarschaft gegeben.
Quartier "Südseite" in München: Nähe zum Isarradweg
Am besten im Viertel gefällt Pagel das viele Grün und die Nähe zum Isarradweg. Von hier aus unternimmt sie häufig Radtouren bis nach Wolfratshausen. "Man ist ganz schnell raus aus der Stadt und im Grünen“, schwärmt Pagel. "Und wenn man will, ist man mit der S-Bahn von hier ganz schnell wieder mitten in München."
Jennifer Eberle ist auch neu im Viertel. Sie wohnt allerdings nicht hier, sondern arbeitet am Rande der Türme in einem Zahntechniklabor. "Früher war unser Büro in der Lindwurmstraße", erzählt die 21-Jährige. Erst vor kurzem sei das Labor nach Obersendling umgezogen.

Eberle fühlt sich in dem neuen Viertel wohl, auch wenn sie noch so manches aus der Lindwurmstraße vermisst. "Dort gab es viele Möglichkeiten, mittags essen zu gehen. Hier sind das noch deutlich weniger." Die meisten ihrer Kollegen gingen entweder zur Bäckerei zum Essen oder zum Supermarkt am S-Bahnhof. Was Eberle im Vergleich zur Lindwurmstraße schätzt, sind die Ruhe und das viele Grün. "Im Sommer essen wir hier im Park zwischen den Türmen, da ist es oft ruhig und eigentlich auch eher leer."
In der Ferne sieht man noch das alte Siemenshochhaus
In der Tat wirkt das Viertel sehr grün und ruhig. Es ist fast ein bisschen befremdlich, dass weit und breit gar keine Autos fahren. In der Ferne zwischen den Türmen sieht man noch das alte Siemenshochhaus. Viele der Fenster sind mit Holz vernagelt, auch hier sollen bald Wohnungen entstehen. Auch im Wohnturm.
Das alte Siemens-Gelände - Vom Industrie- zum Wohngebiet
Lange Zeit war Siemens der größte Arbeitgeber in München. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten hier fast 50 000 Menschen für den Konzern.
Gerade Obersendling wurde enorm von Siemens geprägt. Auch heute erinnern das Siemenshochhaus, die Siemenssiedlung, die Siemensallee und die Haltestelle Siemenswerke an die Firma. Nach dem Konzern Siemens selbst sucht man hier inzwischen aber fast vergeblich.
Mitte der 90er veränderte sich das Unternehmen und verkleinerte das Werk in Obersendling drastisch. Erst wollte Siemens auf dem Industriegelände selbst Wohnungen errichten, später übernahm ein anderer Bauherr das Projekt und errichtete das heutige Viertel "Südseite".
Es wurden hier fast 1000 neue Wohnungen geschaffen. Auch in Zukunft bleibt die Entwicklung im Viertel spannend: Gegenüber der Neubauten auf der Südseite steht noch das alte Siemenshochhaus. Es ist denkmalgeschützt, jedoch asbestbelastet. Schon seit Jahren sollen in dem Turm Wohnungen entstehen, doch das Projekt ist umstritten. Bis jetzt hat sich noch nichts getan.
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