München: 100 Jahre alte Pappel: Anwohner stoppen Fällung

Ramersdorf - Schon einmal hat die Gewofag an der Melusinenstraße in Ramersdorf bei ihren Mietern große Empörung ausgelöst: Vor genau fünf Jahren hatte die städtische Wohnungsbaugesellschaft eine Gartenbaufirma mit der Fällung von drei riesigen, etwa 100 Jahre alten Pappeln im Innenhof beauftragt. Obwohl in den Ästen Eichhörnchen nisteten, wurden die Pappeln umgesägt. Ein wenige Tage altes Einhörnchen starb damals, zwei wurden verletzt. Die Anwohner sprachen von einem "Eichhörnchen-Massaker".
Gestern wollte die Gewofag wieder eine etwa 100 Jahre alte Weißpappel im selben Innenhof fällen lassen. Dieses Mal gelang es Anwohnern, die Maßnahme zu stoppen – zumindest vorerst.
Gewofag ließ schon einmal alte Bäume fällen
Die Baumfäller hatten ihre Arbeit bereits am Mittwoch begonnen. "Zuerst dachte ich, das wären nur Baumpflegearbeiten. Aber am nächsten Tag haben sie begonnen, große Äste abzusägen", berichtet Christine Herrera. Die Mutter von sechs Kindern wohnt bereits seit 25 Jahren in der Melusinenstraße. Die 53-Jährige, die ein Institut für Ganzheitsmedizin leitet, erkundigte sich sofort bei der Stadt, ob überhaupt eine Fällgenehmigung vorliegt, und beschwerte sich bei der Gewofag. Ihr Protest schien zunächst Erfolg zu haben: Am frühen Nachmittag stellten die Baumfäller ihre Arbeit auf Anweisung der Gewofag erst einmal ein.
Zwar waren den Sägen der Arbeiter bereits mehrere dicke Äste zum Opfer gefallen, doch ein Großteil der Pappel, die einen Stammumfang von 4,70 Metern hat und damit zu den ältesten in der Stadt gehört, blieb stehen.
Christine Herrera und ihre Kinder hofften, dass auch weiterhin Eichhörnchen in dem Baum herumtollen könnten. Dass die Spechte wiederkommen und in der Rinde des alten Baumes reichlich zu fressen finden und sich vielleicht sogar Fledermäuse einnisten. "In der Gegend leben welche."
Pappel hat Stammumfang von 4,70 Metern
Doch wenn es nach der Gewofag geht, hat die alte Pappel gestern nur eine Gnadenfrist bekommen. Ihr Tod scheint besiegelt. Ein Sprecher teilte nachmittags mit: "Der Baum muss aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt werden." Denn unter dem Baum sind ein Spielplatz und ein Gehweg.
"Einige Äste waren in der Vergangenheit bereits abgebrochen. Eine Gefährdung von spielenden Kindern ist keine Option. Die notwendige Genehmigung seitens der Unteren Naturschutzbehörde liegt selbstverständlich vor", so der Sprecher weiter.
Bezirksausschuss hat Fällung zugestimmt
Der Gewofag-Mitarbeiter betont, dass die Fällung mit dem Landesbund für Vogelschutz abgestimmt war, um – dieses Mal – eine Tiergefährdung auszuschließen. Auch der Bezirksausschuss habe nach eingehender Prüfung zugestimmt.
Nach dem "Eichhörnchenmassaker" vor fünf Jahren ließ die Gewofag übrigens neue Bäume pflanzen. Im Vergleich zu der todgeweihten Pappel wirken sie allerdings immer noch mickrig. Obwohl sie mittlerweile zehn Jahre alt sein sollen.
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