Kunstsammler Cornelius Gurlitt in Schwabing gesichtet

Seit der milliardenschwere Kunst-Fund in seiner Wohnung bekannt wurde, galt Kunstsammler Cornelius Gurlitt als unauffindbar. Nun wurde er offenbar in Schwabing gesehen.
Schwabing - Von wegen verschwunden, Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt ist nach wie vor in Schwabing. Das französische Klatschblatt „Paris Match“ lichtete den 79-Jährigen, in dessen Wohnung 1400 Werke bekannter Maler beschlagnahmt worden waren, im Karstadt an der Münchner Freiheit ab.
Gurlitt habe dort am Freitagnachmittag elegant gekleidet Lebensmittel eingekauft, so das Blatt.
Zuvor hätten die Reporter laut „Spiegel Online“ vor seiner Schwabinger Wohnung mit Gurlitt gesprochen. Bei der Bitte um ein Interview antwortete Gurlitt laut „Paris Match“ mit den Worten: „Beifall von der falschen Seite ist das Schlimmste, was es gibt.“ Seine Stimme habe gezittert. In seinen Augen habe ein wütender, aber auch ängstlicher Ausdruck gelegen.
Gurlitt hatte als unauffindbar gegolten, nachdem Anfang des Monats der spektakuläre Kunstfund bekannt geworden war. Selbst die Ermittler wussten bislang nicht, wo Gurlit sich aufhält. Die Augsburger Staatsanwaltschaft hatte sogar angezweifelt, dass er noch lebt.
Nun hat das Rätselraten um den Aufenthaltsort des Mannes, der einen milliardenschweren Kunstschatz in seiner Etagenwohnung hortete, also offenbar ein Ende.
Weiter im Raum steht hingegen die Frage, ob Gurlitt seine Gemälde behalten darf. Denn bei den Werken soll es sich teils um Raubkunst aus der NS-Zeit handeln, Werke der Kunstströmungen des Expressionismus, Dadaismus, Surrealismus und Kubismus, die von den Nazis als „entartet“ stigmatisiert und ihren rechtmäßigen Besitzern abgepresst oder unter Druck abgekauft wurden.
In einem Brief an den „Spiegel“ bat Gurlitt vergangene Woche, nicht mehr über ihn zu schreiben – offenbar um Verbindungen seiner Familie mit dem NS-Regime zu unterbinden.
Gurlitts Vater, der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, hatte dem Propagandaministerium laut „Bild am Sonntag“ 1940 rund 200 „entartete“ Werke abgekauft. Im Folgejahr soll Gurlitt Senior dem Staat weitere 115 beschlagnahmte Kunstwerke abgekauft haben.
Nach Einschätzung des Zollkriminalamts (ZKA) gehören zumindest diese Werke dem Kunsthändler-Sohn rechtmäßig. Einem ZKA-Bericht an das Bundesfinanzministerium zufolge handle es sich bei den 315 Gemälden ausschließlich um Werke „aus staatlichen und städtischen Museen bzw. Landesmuseen“. Deshalb dürften „Rückgabe/Restitutionsansprüche der ehemaligen Eigentümer nicht durchsetzbar sein“, wie der „Focus“ zitiert.
Das gilt jedoch nicht für alle Werke: 181 bei Gurlitt gefundene Bilder gehörten dem „Focus“ zufolge „mit großer Wahrscheinlichkeit“ einem jüdischen Sammler in Dresden. Nach Einschätzung des Zolls hätten seine Erben einen Anspruch auf die Bilder.
Das gelte auch für mindestens 13 beschlagnahmte Bilder, die NS-Organisationen ihren rechtmäßigen Besitzern abgepresst haben sollen.
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Dass Gurlitt wegen hinterzogener Einfuhrumsatzsteuer angeklagt wird, ist nach Einschätzung des ZKA zweifelhaft. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt bereits wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Unterschlagung gegen den Kunstsammler-Sohn.
Eine Liste der gefundenen Bilder könnte schon bald öffentlich werden. Eine Kanzleramts-Delegation habe laut „Focus“ am Freitag im bayerischen Justizministerium entsprechende Möglichkeiten geprüft.