Kinder-Krankenschwestern kämpfen gegen Kündigungen

MÜNCHEN Der Andrang in Sitzungssaal 13 war groß. Zu groß. "Stehplätze gibt's hier nicht", erklärte Arbeitsrichter Claus Mack den 40 Unterstützern der gekündigten Kinderkrankenschwestern von Harlaching (AZ berichtete). Die lehnten zum Teil an den Wänden. Doch gehen wollte keiner. Stattdessen setzten sich alle auf den Boden. Mack schmunzelte und ließ sie gewähren. Der Showdown zwischen Klinikleitung und der wegen eines Brandbriefes gegen den Chefarzt geschassten Pflegerinnen konnte beginnen.
20 haben das Schreiben gegen den Chefarzt damals mitgetragen, aber nur sechs Harlachinger Krankenschwestern wurde fristlos gekündigt. Auch diese Auswahl bewegte gestern die Gemüter im Arbeitsgericht.
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Der Grund für die Kündigung: "Erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten". Die Kinderkrankenschwestern von Harlaching hatten in dem Schreiben, dass auch an die Öffentlichkeit kam, ärztliche Behandlungsfehler bei Frühgeborenen an den Pranger gestellt.
Auch deshalb sei es zu Todesfällen gekommen. Die Klinikleitung reagierte und beauftragte einen externen Gutachter mit der Überprüfung der Vorwürfe. Der entlastete den Mediziner jedoch. Laut Akten sei auf der Station K9 immer nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgegangen worden, erklärte der Lübecker Experte. Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Vorprüfungen des Falles ein.
Daraufhin schlug das Pendel in die andere Richtung aus. Sechs Kündigungen wurden ausgesprochen. Warum nicht alle Unterzeichner? Dann hätte man alle Patienten nach Hause schicken müssen.
Schon vor dem Brandbrief war bekannt, dass das Arbeitsklima auf der Station hoch belastet ist. Das bestätigen nach der Verhandlung auch die Unterstützer der Krankenschwestern. Kritik war unerwünscht, die Kommunikation stark gestört. "Wer meckert, fliegt", habe es geheißen.
Die Klinikleitung verweist dagegen auf die Statistik. Acht Prozent. Das ist die Quote der Todesfälle bei Frühchen in Harlaching. Ein sehr gutes Ergebnis. Der Brandbrief aber habe den Ruf des Chefarztes beschädigt. Auch das müsse berücksichtigt werden.
Kläger-Anwalt Gerhard Rieger bringt den Konflikt so auf den Punkt: Auf der einen Seite der Wissenschaftler "mit kalter Hand", auf der anderen die Schwestern mit ihrer starken Bindung zu den kleinen Patienten. Geredet wurde offenbar meist nur übereinander, selten miteinander.
Richter Mack schlägt ein Güterichterverfahren vor. Diese neue Möglichkeit zur Mediation von Konflikten, soll in entspannter(er) Runde eine mögliche weitere Zusammenarbeit abklopfen.
Gerne, sagen die sechs Klägerinnen. Dazu sollte aber neben dem Chefarzt und der Klinikleitung auch "Krisenmanager" Christian Ude eingeladen werden, sagt Rieger.