Kein Denkmalschutz: Heinrich-Mann-Haus darf abgerissen werden

Lokalpolitiker sehen das Gebäude als wertvollen Zeitzeugen. BA-Chef Patric Wolf (CSU): "Ich befürchte, dass die Leopoldstraße ihren münchnerischen Charakter verliert."
Eva von Steinburg
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
10  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Das Heinrich-Mann-Haus (links) in der Leopoldstraße 59 und 61 soll abgerissen werden.
Das Heinrich-Mann-Haus (links) in der Leopoldstraße 59 und 61 soll abgerissen werden. © Daniel von Loeper

Schwabing - Nur zähneknirschend haben Schwabinger Lokalpolitiker diesem Verlust für die Leopoldstraße zugestimmt. Das Heinrich-Mann-Haus in der Leopoldstraße wird abgerissen und neugebaut.

Zahl der Mietwohnungen verdoppelt sich auf 16

Denn das schwer kriegsbeschädigte Haus von 1894 wurde in den Nachkriegsjahren relativ schlicht wiederaufgebaut - und steht somit nicht unter Denkmalschutz. Der Eigentümer, die Stiftung Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), verdoppelt im neuen Wohn- und Geschäftshaus die Zahl der Mietwohnungen: von acht auf 16.

"Werte schaffen, Werte bewahren" lautet das Motto des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. Die Erträge der Stiftung kommen den Angehörigen des ehemals in Bayern regierenden Hauses Wittelsbach zugute. Patric Wolf (CSU), Chef des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann, findet jedoch nicht, dass der Abriss eines "kulturhistorisch wertvollen Gebäudes" mit diesem Motto zusammengeht.

Im Moment erinnert diese Tafel noch an den berühmten Bewohner des Schwabinger Eckhauses.
Im Moment erinnert diese Tafel noch an den berühmten Bewohner des Schwabinger Eckhauses. © Daniel von Loeper

Schließlich hat in dem Eckhaus Schriftsteller Heinrich Mann ("Der Untertan") 14 Jahre gelebt, bis 1928. Intellektuelle gingen hier aus und ein. In der NS-Zeit bot das Haus Alexander Schmorell von der Weißen Rose Zuflucht.

"So bewahrt der Wittelsbacher Ausgleichsfonds aus meiner Sicht keinen Wert. Dieses Haus ist ein Zeitzeuge in München. Es gehört zu unserer Geschichte und sollte stehen bleiben", findet BA-Chef Patric Wolf. Zudem ärgert ihn Folgendes: "Aus Gründen der Nachhaltigkeit soll ein gesundes und voll funktionsfähiges Gebäude nicht abgerissen werden, um an der Leopoldstraße ein paar Quadratmeter mehr rauszuholen und wegen einer vermuteten Gewinnmaximierung", so der 46-jährige Schwabinger.

Der deutsche Schriftsteller Heinrich Mann.
Der deutsche Schriftsteller Heinrich Mann. © picture alliance/dpa

Filiale der Hypovereinsbank muss umziehen

Vor allem die Initiative Altstadtfreunde München hat in den vergangenen Jahren heftig gegen den Abriss des Eckhauses Leopold-/Herzogstraße protestiert. Es hat sogar Gerichtsprozesse um den Erhalt des Gebäudes gegeben. Doch der Abriss ist beschlossen.

Das Planungsreferat der Stadt teilt mit, dass die Prüfung des Bauantrags "weit fortgeschritten" sei. Die Filiale der Hypovereinsbank wird sich eine neue Bleibe suchen müssen. Alfred Herrmann, Immobilienchef des Wittelsbacher Ausgleichsfonds, möchte sich auf Anfrage der Abendzeitung nicht zu den kritisierten Plänen äußern.

Lesen Sie auch

Patric Wolf jedenfalls ist besorgt: "Die Leopoldstraße hat ihre Geschichte und ihren eigenen Charme. Ich befürchte, dass unsere Leopoldstraße mit der Zeit ihren münchnerischen Charakter verliert. Ich habe Sorge, dass sie zur 0815-Straße mit Glasfassaden wird, austauschbar mit London oder Paris."

Lesen Sie auch

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
10 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Wolfling am 28.07.2021 15:55 Uhr / Bewertung:

    "Ich habe Sorge, dass sie zur 0815-Straße mit Glasfassaden wird, austauschbar mit London oder Paris."

    Keine Sorge, München wird eh bald komplett austauschbar sein mit jeder beliebigen Stadt.
    Hier wird jede Ecke zugepflastert, verdichtet und bebaut und gleichzeitig an der Infrastruktur gespart. Das immerhin macht einen Unterschied, denn in anderen Städten wird die Infrastruktur auch angepaßt und nicht überlastet.

  • Plato's Retreat am 28.07.2021 13:18 Uhr / Bewertung:

    Die Leopoldstraße ist sowieso nur noch eine reine Katastrophe ..

  • Stadtbummler am 28.07.2021 10:43 Uhr / Bewertung:

    Und wo hätte die "Leo" noch Münchnerisches Flair oder wäre in irgendeiner Form eine Prachtstraße.
    Eine kommerzorientierte Gaststätte reiht sich an die nächste. Nichts besonderes, alles austauschbarer Einheitsbrei.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.