Hund verwirrt am Volkstrauertag
An der Staatskanzlei wird der Toten der Weltkriege gedacht. Plötzlich erschreckt sich ein kleiner Hund...
Lehel - Neblig-trübe Kälte liegt über dem Hofgarten. Mit Mützen und in dicken Jacken stapfen Menschen über die feuchten Kieswege. Einzig den Hunden, die auf den Rasenflächen herumtollen, scheint das Novemberwetter nichts anhaben zu können. Bellend springen sie umeinander und jagen sich über das Grün.
Unterdessen marschiert vor der Staatskanzlei die Bundeswehr auf. Man hört sie bereits von Weitem: Trommler geben den Takt vor, ihre Schläge hallen durch den Hofgarten.
Auf den breiten Stufen der Staatskanzlei gedenken Veteranen und Angehörige der Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus. Gedenkkränze liegen aufgereiht auf dem Rasen. Sie sollen später am Gefallenen-Denkmal niedergelegt werden.
Ebenfalls aufgereiht sind Vertreter studentischer Burschenschaften in ihren Uniformen – von Schwarz bis Pink sind alle Farben vertreten.
Die Blaskapelle zieht im Gleichschritt um sie herum, gefolgt von Vertretern der Streitkräfte. Den Hofgarten im Rücken präsentieren sie das Gewehr.
Nach der Kranzniederlegung spielt die Kapelle erneut auf: erst das Bayernlied, dann die Nationalhymne.
Oben im Hofgarten beobachten Familien der Soldaten, Spaziergänger und Touristen mit Handykameras das Geschehen.
Mittendrin: eine kleine Gruppe Demonstranten mit einem Hund an der Leine. Immer wieder beginnt der kleine Vierbeiner zu bellen. Schon während der Gedenkfeier konnte man ihn hören.
Zweimal habe ein Feldwebel ihn deshalb angerempelt, klagt das Herrchen des Störenfrieds.
Natürlich habe Nicky nicht „auf Kommando“ gebellt, ergänzt eine Freundin. Vielmehr habe die Blaskapelle den Demo-erfahrenen kleinen Hund erschreckt.
Das wollen zwei Unterstützer des Volksgedenkens nicht glauben. Lautstark machen sie ihrem Ärger Luft, werfen der Gruppe vor, den Hund absichtlich zur „Störung des Gedenkens angestachelt“ zu haben. Eine „Unverschämtheit“ sei es, das Tier mitzubringen, brüllt einer, während auf der Wiese vor ihm ein Dutzend andere Hunde spielen.
Die Polizei stellt sich um die Demonstranten, greift aber nicht ein. Bekannte halten den wütenden Mann zurück, bevor er auf die Gruppe losgeht.
Fast in den Schatten stellt Hund Nicky mit seinem Auftritt zwei spektakulär mit Kunstblut verschmierte Demonstranten in Bundeswehr-Uniformen. Mit Plakaten an Brust und Rücken mahnen sie die Brutalität und Unnötigkeit von Kriegen an, die bis heute täglich Opfer fordern.
Organisiert hat diese Aktion der Münchner Künstler Wolfram P. Kastner, der auch schon mit einem Brandfleck auf dem Königsplatz an die Bücherverbrennung erinnert und am Projekt „Weiße Koffer“ in Neuhausen beteiligt war.
Von den Burschenschaften werden die Männer an diesem Sonntag nur hämisch belächelt.
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