Hasenbergl: Proteste gegen neuen Tunnel

Im Hasenbergl formiert sich der Widerstand gegen das Projekt. Der BMW-Konzern erhofft sich eine bessere Anbindung. Hier erklärt ein Aktivist, warum er morgen demonstriert.
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Volker Oppermann (l.) mit Mitstreitern bei einer Protestaktion.
Volker Oppermann (l.) mit Mitstreitern bei einer Protestaktion. © Daniel von Loeper

Hasenbergl - Seinen Kindern zieht Volker Oppermann meistens Warnwesten an, wenn sie mit dem Rad in ihrem Viertel, dem Hasenbergl, unterwegs sind. Die Fahrer der vielen Autos und Lastwagen, die täglich dort umherfahren, sollen sie schließlich nicht übersehen.

Demonstration gegen die Tunnel-Pläne

Trotzdem ist der 42-Jährige gegen die Pläne, den Verkehr im Norden der Stadt unter die Straße zu verlegen. Und damit ist Oppermann nicht alleine. Am kommenden Dienstag sind 250 Menschen angemeldet, die gegen den Tunnel, der durchs Hasenbergl führen und die Schleißheimer Straße besser mit der Autobahn verbinden soll, demonstrieren wollen.

Der Bund Naturschutz, Green City, Fridays for Future und andere Umweltaktivisten werden zu der Protestaktion erwartet. Volker Oppermann wird für Greenpeace mitdemonstrieren. Ab 18.30 Uhr zieht die Radl-Demo vom Kulturzentrum im Hasenbergl zur BMW-Welt.

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Drei Parteien sind dagegen

Dorthin führt die Demo, weil der Auto-Konzern bereits seit Jahren einen besseren Autobahnanschluss fordert. Aus Sorge, der größte Gewerbesteuerzahler, könnte die Stadt eines Tages verlassen, forcieren SPD, CSU, FDP und Freie Wähler die Tunnelpläne nun. Die Grünen, die ÖDP und die Linke sind dagegen - allerdings haben sie im Stadtrat keine Mehrheit.

Ein "Riesenfehler" in der Verkehrspolitik?

Volker Oppermann ist fest davon überzeugt, dass der Stadtrat gerade dabei ist, einen "Riesenfehler" in der Verkehrspolitik zu begehen. "Um der Klimakrise zu begegnen, müsste sich der Autoverkehr in München eigentlich halbieren", sagt er.

Stattdessen werde der Tunnel dazu führen, dass noch mehr Autos jeden Tag auf den Straßen unterwegs sein werden. Die Stadt müsste aus seiner Sicht alles dafür tun, den öffentlichen Nahverkehr und die Radinfrastruktur auszubauen, anstatt auf einen "Dinosaurier" in der Verkehrspolitik zu setzen.

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Oppermann liefert 100 Vorschläge

Konkrete Ideen hat Oppermann in einer 170 Seiten langen Analyse zusammengefasst. Insgesamt sind darin 100 Maßnahmen für den Bezirk Feldmoching-Hasenbergl enthalten. Oppermann schildert, dass die Einwohner in dem Stadtviertel 25 Prozent mehr werden, weil dort in den nächsten Jahren so viel gebaut wird. Doch gleichzeitig seien die Radwege nur schmal - oder fehlen sogar komplett. Auch Fußwege gibt es längst nicht überall.

Schlechte ÖPNV-Anbindung

Der öffentliche Nahverkehr sei so schlecht, dass BMW für seine Mitarbeiter sogar eigene Busse fahrenlässt, erzählt Oppermann. Er fordert neue Tramlinien und Radschnellwege. Die S1 sollte an einen S-Bahn-Ring im Norden angeschlossen werden. Auch eine Seilbahn hält Oppermann für denkbar.

Schnell umsetzbare Maßnahmen

Das alles wären aus seiner Sicht Maßnahmen, die sich schneller umsetzen ließen als der Tunnel. Denn bis der fertig ist, kann es noch mindestens zehn Jahre dauern. Vor der nächsten Kommunalwahl 2026 wird nicht mit dem Bau begonnen. Der Stadtrat entscheidet heuer bloß darüber, die Planungen voranzutreiben.

Die Rede ist von einer Milliarde Euro

Die SPD betont stets, dass die Stadt trotz Tunnel den ÖPNV-Ausbau nicht vernachlässigen wolle. Oppermann glaubt daran jedoch nicht: Der Tunnel werde zu viele Ressourcen binden. Personal, das ihn planen muss. Geld, das die Stadt, für ihn ausgibt. Von einer Milliarde Euro ist die Rede.

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Weniger Lebensqualität in der Bauzeit

Während der Bauzeit werde die Lebensqualität im Hasenbergl sogar sinken, davon geht Oppermann fest aus. Denn die Trasse soll auf einer Grünschneise verlaufen, wo heute Spielplätze liegen, Fußballtore stehen, wo sich eine Kleingartenkolonie befindet, wo Menschen nur ein paar Meter entfernt leben oder in den Kindergarten gehen.

Ein Beispiel für Profitgier?

Für die Umweltaktivistin Lisa Poettinger, die die Demo am Dienstag organisiert, ist der Tunnel deshalb ein Beispiel dafür, dass in München die Interessen der Konzerne und die Gier nach Profit über dem Wohl der Menschen stehen. Das Argument, dass BMW durch seine Millionen an Steuern den Tunnel indirekt längst bezahlt habe, lässt sie nicht gelten: "Wenn die mit dem meisten Geld alles bekommen, was sie wollen, können wir die Demokratie doch gleich abschaffen."

Im Koalitionsvertrag steht etwas anderes

Obwohl sich die Grünen gegen den Tunnel ausgesprochen haben, ist Lisa Poettinger auch von ihnen enttäuscht. Denn eigentlich hieß es nach den Koalitionsvereinbarungen von Grünen und SPD, der Tunnel sei vom Tisch. Die Grünen dürften der SPD diesen Bruch des Koalitionsvertrags nicht durchgehen lassen, findet Poettinger.

Morgen, Dienstag, 31. Mai, soll eine Fahrrad-Demonstration ab 18.30 Uhr vom Kulturzentrum Hasenbergl über das BMW FIZ zur BMW-Welt fahren.

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22 Kommentare
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  • MaxvonBayern am 01.06.2022 14:20 Uhr / Bewertung:

    War jetzt eigentlich diese Fahrraddemo gegen den Tunnel gestern ( Di 31.5.) ?
    Es gibt gar keinen Artikel darüber. Schien nicht soviele Leute zu interessieren

  • Münchenradler am 31.05.2022 11:06 Uhr / Bewertung:

    Aktuell arbeiten ca 8 000 Menschen bei BMW am Petuelring in der Fertigung.
    Insgesamt beschäftigt BMW und direkte Dienstleister in München ca 40 000 Menschen. wie aus anderen Artikeln zu erfahren war, sollen all diese Arbeitsplätze im Bereich FIZ zusammengefasst werden.
    So ein Tunnel wäre eine große Entlastung für die Ingolstädter Landstraße und ggf für die Moosacher Straße.
    Da zu dem Standort nicht nur Menschen, sondern auch Waren transportiert werden, ist da ein Anschluss an die Autobahn und das Gleis ebenfalls sinnvoll.

    BMW fordert auch einen S Bahn Anschluss über eine S Bahn Nordspange nach Laim.
    Es geht also nicht um einen teuren Tunnel für 2000 Hanseln, sondern darum den Anschluss eines großen Industriebetriebs so zu gestalten, dass die Stadt außen rum wachsen kann.
    Als BMW angefangen hat, war das Stammwerk am Stadtrand, heute ist die Stadt massiv außen herum gewachsen und wenn man den Standort erhalten will, muss man jetzt die Anbindung an Straße und Bahn planen.

  • Bongo am 31.05.2022 20:12 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Münchenradler

    Arbeitet Herr Oppermann auch bei BMW?

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