Geschichten aus dem untergegangenen Schwabing: Alt-OB Christian Ude erzählt Anekdoten

Der Alt-OB erzählt in seinem Keller Anekdoten aus der bewegten Geschichte seines Schwabings – von Dichtern, Künstlern und einer unverhofften Begegnung mit dem (späteren) Terminator.
John Schneider
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Im Partykeller des Alt-OB: Christian Ude schenkt zwischen zwei Anekdoten Bier ein.
Im Partykeller des Alt-OB: Christian Ude schenkt zwischen zwei Anekdoten Bier ein. © Petra Schramek

Es sollte eigentlich eine Führung durch Schwabing werden, aber das kalte graue Wetter, die Schneemengen und der große Andrang brachten die Veranstalter der SPD/Volt-Stadtratsfraktion am Sonntag dazu, den Rundgang abzublasen. Stattdessen lotst der Alt-OB Christian Ude (75) seine etwa 50 Gäste vor dem Haus am Kaiserplatz in seinen berühmten Partykeller, um dort von seinem Schwabing zu erzählen.

Es herrscht drangvolle Enge. Den ersten Applaus gibt es dann auch nicht etwa für eine Anekdote Udes aus seiner Schwabinger Geschichte, sondern für zwei Tragerl Bier, die aus dem launigen Vortrag zur Lokalhistorie eine Art Frühschoppen machen.

Christian Ude liebt sein Viertel

Ude beginnt seinen gedanklichen Rundgang mit Erinnerungen an Schwabinger Künstler wie den Schriftsteller Frank Wedekind (Frühlingserwachen), oder Maria Delward, die Muse der elf Scharfrichter, einem politischen Kabarett, die zur Verblüffung des jungen Ude auf ihrem Totenbett 1964 genauso so bleich und eingefallen aussah wie auf einem Scharfrichter-Plakat 63 Jahre zuvor.

Das Feuerwerk an Anekdoten, das folgt, zeigt, wie sehr Ude sein Viertel ans Herz gewachsen ist. Dass er bei seinen Geschichten oft selbst eine tragende Rolle spielt, verzeiht man dem kundigen, amüsanten Erzähler gerne.

Unter den Zuhörern: Edith von Welser-Ude (mit roter Jacke).
Unter den Zuhörern: Edith von Welser-Ude (mit roter Jacke). © Petra Schramek

Nicht ohne Stolz berichtet der 75-Jährige denn auch von den Spuren, die er selber hinterlassen hat. Beispielsweise am Oskar-von-Miller-Gymnasium. Denn die Umbenennung des einstigen Alten Real-Gymnasiums in den 60ern sei der Schülerschaft, allen voran Schulsprecher Christian Ude, und nicht etwa dem damaligen Direktor zu verdanken.

Bei der Gründung der "Traumstadt Schwabing" war Ude dabei

Die Schüler hätten die Umbenennung bereits am Vormittag des Festtages mit dem Zerschmettern einer kleinen Underberg-Flasche vollzogen, erklärt Ude. Der Direktor konnte die Umbenennung am Nachmittag nur noch "bestätigen".

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Mitte der 60er war Ude, als Begleiter seines journalistisch arbeitenden Vaters, auch Zeuge der Gründung der "Traumstadt Schwabing" einem Künstlerkreis, der von dem Dichter Peter Paul Althaus ins Leben gerufen wurde. Ude rezitiert eines der bekanntesten Gedichte von PPA, wie sich der 1965 verstorbene Althaus auch nannte, das mit den Zeilen "In der Traumstadt ist ein Lächeln stehen geblieben; niemand weiß, wem es gehört" beginnt. Zeilen, die bleiben.

Ein paar Jahre später begegnet Ude auf einem Schwabinger Bürgersteig ein hünenhafter Mann, der ihm aufgrund seines Körperbaus den Weg versperrt und ihn dann auch noch anspricht. Er verdiene sich bei Bodybuildern in Schwabing gerade das Geld, um nach London reisen zu können, erzählt der furchteinflößende Mann. Dort fände die Wahl zum "Mister Universum" statt.

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Arnold Schwarzenegger – mitten in Schwabing

"Krischperl" Ude zwängt sich an dem Muskelmann vorbei, nur um wenige Tage später in der Zeitung zu lesen, dass dieser tatsächlich den Titel gewinnen konnte. Der Beginn einer unglaublichen Karriere als Filmstar - unter anderem als Terminator - und als kalifornischer Gouverneur, sie beginnt für Arnold Schwarzenegger offenbar in Schwabing, wundert sich Ude heute noch.

Auch mit dem Schwabinger Reiseschriftsteller Ernst Hoferichter war Ude bekannt - der Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt München erinnert bis heute an ihn. Der habe für seine Reiseberichte immer Vorkasse von den Verlagen verlangt. Ude pflegte seinerzeit den Garten der Hoferichters - aber natürlich "nur gegen Vorkasse".

Das Publikum bedankt sich mit Applaus

Nach drei spannenden Stunden holt sich Ude den Applaus ab. Seinen Zuhörern hat's offenbar gefallen, auf vielen Gesichtern im Publikum ist ein Lächeln stehen geblieben.

Danach geht's ins Café Münchner Freiheit, zu den Denkmälern für Helmut Dietl und Helmut Fischer. Noch so zwei Schwabinger. Schwabinger Geschichten.

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8 Kommentare
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  • dakaiser am 23.01.2023 15:48 Uhr / Bewertung:

    Der Alt-OB hat wenigstens immer noch einen gewissen Unterhaltungswert, was man vom Reiter nicht behaupten kann. Reiter ist eher ein Ungustl, den man nach seiner (hoffentlich) Abwahl schnell vergessen wird.

  • Leopold2810 am 23.01.2023 08:56 Uhr / Bewertung:

    Herr Ude hat während seiner Amtszeit weder den öffentlichen Nahverkehr ausgebaut noch sich um den Münchner Wohnungsmarkt gekümmert. Das einzige wichtige Anliegen war ihm doch der Bau einer Moschee am Gotzinger Platz, alles andere war Nebensache.

  • AllesBesser am 23.01.2023 09:18 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Leopold2810

    Herr Ute hatte während seiner Amtszeit (1993-2014) gar keinen Grund den ÖPNV auszubauen, da die Einwohnerzahl der Stadt seit 1973 bis Anfang der 2000er nachweislich rückläufig war. Der Aufwärtstrend nach der Jahrtausendwende konnte erst Jahre später überhaupt festgestellt werden. Wer in dieser Situation einen Ausbau des ÖPNV vertreten hätte, wäre ausgelacht worden. Und am Bau einer Moschee ist gar nichts verkehrt.

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