Geburtsklinik in Neuperlach soll schließen: Hebammen haben Angst
Neuperlach - Die städtischen Krankenhäuser stecken in den roten Zahlen: Mit einem Minus von über 36 Millionen Euro schließen sie das Jahr voraussichtlich ab. Überraschend ist das für viele nicht. Schon seit Jahren gibt es bei der München Klinik einen Sparkurs.
Geburtsstationen sollen zusammengelegt werden
Ein Indiz dafür: Die Geburtsstationen in Neuperlach und Harlaching sollen bis 2024 zusammengelegt werden. Doch weil sie sich nicht gefallen lassen wollen, dass ihr Kreißsaal geschlossen wird, haben die Neuperlacher Hebammen und Krankenschwestern eine Online-Petition gestartet.
15.700 Menschen haben bereits unterschrieben, dass die Frauenklinik in Neuperlach erhalten bleiben soll. "Ich habe erst gestern mein Kind dort zur Welt gebracht und war schockiert, als ich davon hörte. Die Hebammen und Ärztinnen und Ärzte sind wirklich einmalig. Sie lieben ihren Beruf und das merkt man durch ihre Fürsorge und Kommunikation!", begründet eine Frau ihre Unterschrift. Eine andere: "Der Münchner Osten BRAUCHT diese Geburtshilfe! Ein großer, wachsender Stadtteil wie Neuperlach kann so einen Rückschritt nicht verantworten!"

Ganz ähnlich lauten die Erklärungen von Hebamme Leonie Lieb, warum sie und ihre 50 Kolleginnen die Petition gestartet haben. In Neuperlach sei der Personalschlüssel so gut, dass eine individuelle Betreuung der Frauen möglich sei, sagt Lieb. In anderen Kliniken sei eine Hebamme oft für vier bis fünf Frauen zuständig." Das passiert bei uns selten", sagt Lieb. In Neuperlach müsse sich eine Hebamme meistens nur um ein bis drei Frauen gleichzeitig kümmern. "Wir sind ein zufriedenes Team, das sehr gut und eng zusammenarbeitet."
Die Anzahl der Kaiserschnitte sei in Neuperlach außergewöhnlich gering: Die Rate liege bei 15 Prozent, deutschlandweit hingegen würden 30 Prozent aller Babys mit einem Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Für Leonie Lieb sind diese Zahlen ein Beleg, dass sich das Personal in Neuperlach genug Zeit nehmen kann. Ein anderer Grund ist, dass Frauen mit einer Risikoschwangerschaft in Neuperlach nicht betreut werden.
Sorge um Versorgungslücke
Lieb macht sich nun Sorgen, dass durch die Zusammenlegung eine Lücke entsteht: "Wir betreuen viele Frauen mit schwierigen Lebensbedingungen und viele Migrantinnen, die kein Auto haben. Auch deswegen ist eine wohnortnahe Versorgung so wichtig."
Im Rathaus ist der Kampf der Hebammen um ihren Kreißsaal nun angekommen: Stefan Jagel, Chef der Linken im Stadtrat, beantragte den Erhalt der Geburtshilfe in Neuperlach. Er begründet das mit den gestiegenen Geburtenzahlen.
Während im Jahr 2015 noch rund 21.600 Kinder in München geboren wurden, waren es 2021 bereits über 24.000. Gleichzeitig wurden in Oberbayern einige Geburtsstationen (etwa in Bad Aibling und Erding) geschlossen. Das macht sich bemerkbar: 20 Prozent der Frauen, die zwischen 2018 und 2020 in München entbanden, waren keine Münchnerinnen. "Die Zahlen bestätigen: Eine Schließung der Abteilung würde eine Lücke bei der Versorgung hinterlassen."
Vor vier Jahren erfolgreich gekämpft
Vor vier Jahren hatten die Hebammen mit dem Kampf um ihre Geburtsklinik Erfolg. Denn der Stadtrat beschloss bereits 2015, dass die Station 2022 zumachen soll. Ziel war eine Sanierung der München Klinik, die schon damals tief im Minus steckte. Der Stadtrat beschloss dann doch eine Verlängerung.
München Klinik: Ausbau als Ziel
Kommt das wieder in Frage? Festlegen will sich die SPD-Fraktionschefin Anne Hübner nicht. Die Versorgungssituation in der Geburtshilfe werde gerade evaluiert, sagt sie. Dann muss der Stadtrat wieder entscheiden. Auf ihrem Parteitag sprach sich die SPD aber bereits für den Erhalt des Kreißsaals aus.
Die München Klinik betont auf AZ-Anfrage außerdem, dass es nicht ihr Ziel sei, die Geburtskliniken zusammen zu schrumpfen, sondern auszubauen. Momentan kommen in den städtischen Kliniken im Jahr mehr als 6.000 Kinder auf die Welt. Ziel sei, die Kapazitäten um 1.500 Geburten auszubauen. "Damit übernimmt die München Klinik mehr Verantwortung in einem der Bereiche, aus dem sich andere aus wirtschaftlichen Gründen zurückziehen."
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