Frist versäumt: Flüchtling aus Aufghanistan droht die Abschiebung
München/Altstadt - Das weiße Hemd sitzt schon pefekt und auch das Tablett hält er sicher in der Hand. Aber die ersehnte Ausbildung zum Restaurantfachmann darf Sangar Saher nicht beginnen. Seit dreieinhalb Jahren lebt Sangar nun in Deutschland.
"Ich bin von Afghanistan über Pakistan, die Türkei, Griechenland, Italien und Frankreich nach Deutschland gekommen. Das hat drei Monate gedauert", berichtet der 18-Jährige. Unterwegs hat er Traumatisierendes erlebt.
"Wir haben die Nächte in Wäldern verbracht. Sie haben immer gesagt: 'Du musst alles mitmachen, auch wenn du stirbst.' Und viele sind gestorben", erzählt Sangar mit leiser Stimme. In Deutschland hat er die Schule besucht und hat Deutsch gelernt.
Sanghar bekommt Ausbildungsplatz
Vergangenes Jahr hat er dann ein Praktikum im Restaurant "Operngrill Brenner" absolviert. Er überzeugte, erzählt Personalchefin Tamara Bray: "Sangar ist sehr fleißig, freundlich und er spricht so gut Deutsch, dass wir ihm einen Ausbildungsplatz angeboten haben."
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Auch Sangar hat es so gut gefallen, dass er im Oktober eine Ausbildung zum Restaurantfachmann beginnen wollte. "Die Gastronomie braucht dringend Nachwuchs", so Bray. Längst könnten sie die offenen Stellen nicht mehr nur mit deutschen Bewerbern besetzen.
Den Brief vergessen
Doch im Juni bekommt Sangar Post vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Als er diesen öffnete, habe er "furchtbare Angst bekommen". Die psychische Belastung ist dann sogar so groß, dass er sich danach zunächst nicht einmal mehr an den Brief erinnert.
Und so meldet sich auch nicht in der vorgegebenen Frist von zwei Wochen beim Bundesamt zurück und legt keinen Einspruch gegen die drohende Ausweisung ein. "Dann haben sie mir alle Papiere weggenommen und ich habe einen Grenzübertrittsbescheid bekommen. Ich sollte bis Mitte Oktober ausreisen. Nur weil ich einmal eine einzige Frist versäumt habe."
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Hätte er Einspruch eingelegt, wären seine Chancen gut gewesen, in Deutschland bleiben zu dürfen. Denn laut dem Bundesintegrationsgesetz ist es nach der "3 plus 2"-Regelung möglich, dass Flüchtlinge nach ihrer dreijährigen Ausbildung zwei weitere Jahre in Deutschland im erlernten Beruf arbeiten dürfen.
Einspruch und Duldung möglich
Doch es gibt ein Schlupfloch: In Paragraf 60a des Aufenthaltsgesetzes steht: Die Duldung "ist zu erteilen, [...] wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen". Sangar hat mit dem Grenzübertrittsbescheid bereits so eine "konkrete Maßnahme zur Aufenhaltsbeendigung" erhalten.
"Ich verstehe nicht, warum jemand, der so integriert ist, ausgwiesen wird", schimpft Tamara Bray. Jeden Tag hat Sangar Angst um seine Familie in Afghanistan. "Ich habe den Krieg in Afghanistan und den Frieden hier gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, zurückzugehen", flüstert er verzweifelt.
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Heute hat Sangar einen Gerichtstermin. Es wird entschieden, ob das juristische Verfahren auf den Zeitpunkt zurückgesetzt wird, an dem Sangar den Brief vom Bundesamt bekommen hat. Dann könnte er doch noch Einspruch einlegen und die Chancen auf eine Duldung ständen gut.
Er könnte endlich seine Ausbildung beginnen. Wird das jedoch abgelehnt, bedeutet es die Ausweisung von Sangar. Sangar: "Ich wünsche mir die Ausbildung sehr und bin bereit dafür. Ich will hier in Deutschland leben."
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