Foto-Ausstellung: Das Schlachthofviertel im Umbruch

Umbruch am Viehhof: Eine Foto-Ausstellung und Führung der Geschichtswerkstatt zeigen den Weg vom Umschlagplatz für Kälber und Schweine zum neuen Volkstheater.
Eva von Steinburg
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Noch vor dem Abriss und Neubau: der Blick auf das Viehhof-Gelände.
Werner Resch 6 Noch vor dem Abriss und Neubau: der Blick auf das Viehhof-Gelände.
Erst vor Kurzem feierlich eröffnet: das neue Volkstheater, das auf dem alten Viehhofgelände liegt.
Werner Resch 6 Erst vor Kurzem feierlich eröffnet: das neue Volkstheater, das auf dem alten Viehhofgelände liegt.
Leere und Weite: nach dem Abriss.
Josef Stöger 6 Leere und Weite: nach dem Abriss.
Ein Bild vom Tag der Eröffnung des Viehhofs 1878.
Geschichtswerkstatt 6 Ein Bild vom Tag der Eröffnung des Viehhofs 1878.
Eine Arbeiterin bei Schönhofer Därme im Jahr 2013.
Werner Resch 6 Eine Arbeiterin bei Schönhofer Därme im Jahr 2013.
Das Buch.
6 Das Buch.

Isarvorstadt - Die Mauern um das Viehhofgelände sind das Street-Art-Aushängeschild der Stadt. Nach dem Ende des Viehhofs als Umschlagplatz für Kälber und Schweine gab es ab 2011 das Viehhof-Kino mit Biergarten. "Das ungeordnete Gelände war ein Rückzugsort für junge Menschen, die auf der Mauer sitzend in den Sonnenuntergang schauten, ein Ort für Parties und für Urban Gardening", beschreibt Franz Schiermeier (67) die Stimmung von damals.

Schlachthofviertel boomt

Immer mehr Münchner entdeckten das Schlachthofviertel seitdem: 2015 eröffnete der Bahnwärter Thiel, 2018 die Alte Utting. Auf das Areal der abgerissenen Großviehhalle wurde jetzt der Ziegelbau des neuen Volkstheaters gesetzt - "und alle sind begeistert", kommentiert Schiermeier.

Neues Buch über die Geschichte des Viertels

Dieser Veränderung hat das Mitglied der Geschichtswerkstatt Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt 170 Seiten gewidmet: "Umbruch - Vom alten Viehhof zum neuen Volkstheater". Es geht darin um die Historie des Viehmarktes und des Schlachtbetriebs: Mitte der 50er Jahre hatten noch pro Woche drei Märkte für lebendes Schlachtvieh an der Zenettistraße stattgefunden.

In die Kälberhalle am Viehhof passten zum Beispiel bis zu 4.000 Tiere. Zu dieser Zeit gab es in München 20 Pferdemetzgereien. Eine davon ist heute übrig, zu finden am Viktualienmarkt.

Das Buch.
Das Buch.

Fotografen dokumentieren den Wandel 

Die Szenen des Wandels im Schlachthofviertel dokumentieren sieben Fotografen. Einer von ihnen, Werner Resch, will mit seinen Bildern "das Raue und Wilde, die für München so untypische Atmosphäre des Viehhofgeländes visualisieren".

Relikte und Graffiti

Er dokumentiert die alte Laderampe, Eisenringe an den Viehhof-Mauern und verrostete Rinder-Gatter – Relikte von Viehtransport und Schlachtung. Ein zweiter Fotograf, Josef Stöger, zeigt farbstrotzende und grelle Graffiti an der Viehhofmauer. Verleger Schiermeier hat beobachtet: "Die Graffiti werden pausenlos übersprüht. Manchmal ist die erste Farbe noch nicht trocken."

Das Foto, das ihn am meisten fasziniert, ist schwarz-weiß: Es ist das historische Bild von der offiziellen Eröffnung des städtischen Vieh- und Schlachthofs im Jahr 1878: "Es ist ein bisschen makaber, wie der Ochs da steht, denn es ist klar, was danach passiert. Es geht hier um das Schlachten, da wird nichts beschönigt. Doch das Foto zeigt den Stolz, nun in München unter hygienisch einwandfreien Bedingungen zu arbeiten."

Ein Bild vom Tag der Eröffnung des Viehhofs 1878.
Ein Bild vom Tag der Eröffnung des Viehhofs 1878. © Geschichtswerkstatt

München galt vor 150 Jahren als Seuchennest 

Denn: München war verrufen als Seuchennest in der Mitte des 19. Jahrhunderts. An 600 Orten in der Stadt wurde geschlachtet. Die Cholera grassierte. Dem Engagement Max von Pettenkofers ist es zu verdanken, dass München eine Kanalisation – und am Ende einen für seine Zeit beispielhaften Schlachthof bekam.

Das Vieh- und Schlachthofareal gehört der Stadt, die es "glücklicherweise" (so Schiermeier) vor acht Jahren doch nicht, wie zunächst geplant, verkauft hat. Auf dem Areal, auf dem jetzt der Bahnwärter Thiel ist, werden in naher Zukunft Räume für Gewerbe und Wohnungen gebaut. "Das Viertel bräuchte Wohnungen.

Leere und Weite: nach dem Abriss.
Leere und Weite: nach dem Abriss. © Josef Stöger

Neubauten sollen an Historie erinnern

Die Stadt hat Einfluss, welche Art von Wohnen hier entstehen soll", meint Schiermeier. "Ich wünsche mir, dass dann an die alte Historie des Ortes erinnert wird: Dass die Rampe an den Gleisen belassen wird, dass einzelne Gitter erhalten bleiben, ähnlich einem Industriepark."

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Dass das neue Volkstheater an der Tumblingerstraße das Quartier aufwertet, sieht Franz Schiermeier nur positiv: "Es gibt eine offensichtliche Veränderung. Und man kann nicht alles steuern. Natürlich kommen jetzt andere Leute ins Zenetti Pils. Das Viertel zieht verschiedene Gesellschaftsschichten an. Da ist vieles möglich. Das macht Leuten Spaß. Man sollte jedoch keine Angst vor dieser Veränderung haben."


Sonntag, 11 Uhr: Kostenlose Führung über das Viehhofgelände mit Franz Schiermeier. Treffpunkt: Wirtshaus zum Schlachthof (Zenettistraße 9). Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Foto-Ausstellung: "Viehhof - Volkstheater" im Kulturzentrum Luise bei öffentlichen Veranstaltungen (Ruppertstraße 5). Zweiter Ausstellungsort: Viehmarktbank, Zenettistraße 17. Immer Di bis Fr und So, 17 bis 20 Uhr.

Buch-Tipp: "Umbruch - Vom alten Viehhof zum neuen Volkstheater", ein Fotoprojekt unter der Leitung von Werner Resch. Franz Schiermeier Verlag, 16,50 Euro

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