Clement in Hadern: Der Wahlkampf ist bunt

Clement, der alte Rote, fördert nun die FDP. Kanzlerin Merkel rockt Trudering. Der kaltgestellte Ex-SPD-Abgeordnete Axel Berg tritt bei der ÖDP an – und Reiter macht Wahlkampf in den Stadtwerken
von  Willi Bock
Der Ex-Sozi Wolfgang Clement unterstützt die Münchner FDP
Der Ex-Sozi Wolfgang Clement unterstützt die Münchner FDP © ill

Clement, der alte Rote, fördert nun die FDP. Bundeskanzlerin Angela Merkel rockt Trudering. Der kaltgestellte Ex-SPD-Abgeordnete Axel Berg tritt bei der ÖDP an – und Reiter macht Wahlkampf in den Stadtwerken.

München - Der Wahlkampf treibt schon wunderbare Blüten, kreuz und quer vermischen sich die politischen Fronten – und ganz Trudering steht Kopf. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt. Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich. „Da ist uns ein dickes Ding gelungen“, freut sich Markus Blume von der Münchner CSU.

Das Truderinger Volksfest war traditionell eine Domäne der SPD: Gerhard Schröder kam als Kanzlerkandidat ins Festzelt, Peer Steinbrück auch, Frank-Walter Steinmeier reiste als Vizekanzler an. Und am Montag ist es Malu Dreyer, die neue rote Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Das ist da, wo der Saumagen-Feinschmecker Helmut Kohl herkommt.

Und am Mittwoch (18 Uhr) kommt eben Merkel ins legendäre Festzelt. Mit diesem Coup walzt die CSU die rote Bierzelt-Hochburg nieder: Zum ersten Mal in der Geschichte Truderings kommt ein Regierungschef! „Das hat unser Berti Frankenhauser organisiert“, erzählt Blume. Der habe eben einen guten Draht zur Kanzlerin. Bisher kam die CSU in Trudering „nur“ auf Bayerns Ministerpräsidenten.

Derweil drückt sich in München die Prominenz die Klinke in die Hand: Gestern kam Frank-Walter Steinmeier in die Stadtwerke, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. „Steinbrück zu teuer? Dann eben Steinmeier!“ feixt die CSU. Bekanntermaßen hatten die Stadtwerke Bochum Herrn Steinbrück ein sehr hohes Vortragshonorar gezahlt. Die CSU frotzelt: „Bei den Gebühren, welche die SWM verlangen, hätte man sich allerdings statt Steinmeier auch Peer Steinbrück leisten können.“

In Steinmeiers Schlepptau: Der SPD-OB-Kandidat Dieter Reiter. Natürlich nur, weil er offiziell als Wirtschaftsreferent für die Stadtwerke zuständig ist. Das wissen die von Genossen geführten Stadtwerke so sehr zu schätzen, dass er dort bestimmt nicht zufällig in letzter Zeit auftreten darf: etwa bei einem Pressetermin mit dem MVG-Chef oder zum Start des kostenlosen WLan auf dem Marienplatz. Auf solchen Terminen hat man früher keine Wirtschaftsreferenten gesehen.

Dieter Reiter findet also zu seiner Wahlkampf-Solo-Nummer. denn zuvor hat er mehrere Termine mit seiner grünen Konkurrentin Sabine Nallinger gehabt. Die nimmt solche Angebote gerne an – und kämpft ansonsten mit volles Rohr gegen den roten Reiter.

Die SPD ist im Wahlkampf schon bunt unterwegs. Am meisten überrascht das alte Schlachtross Wolfgang Clement. Nachdem ihn die kritikempfindliche SPD rausschmeißen wollte, ist er im November 2008 mit einem Austritt zuvorgekommen: Seitdem gibt er der FDP den Vortritt. Er gab offen zu, zur Bundestagswahl 2009 Guido Westerwelle gewählt zu haben, er unterstützte 2012 im NRW-Wahlkampf den FDP-Spitzenkandidaten Christian Lindner. Und am Sonntag kommt er zum politischen Frühschoppen der Blau-Gelben mit FDP-Minister Wolfgang Heubisch und Wahlkämpferin Gabriele Weishäupl aufs Haderner Dorffest. Das alternative Trudering.

In Nachbars Garten werkelt auch Axel Berg: Der von der Münchner SPD abgestrafte frühere Bundestagsabgeordnete. „Das Kartell der Mittelmäßigkeit hat an meinem Stuhl gesägt.“ Er trat gestern Abend bei der ÖDP auf. Allerdings zu seinem Leib- und Magenthema Erneuerbare Energien. „Das Problem der SPD ist, dass sie Leute wie Clement oder mich nicht binden kann,“ sagt Berg zur AZ: „Aber ich bleibe in der SPD!“

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