AZ-Spaziergang in Ramersdorf-Perlach: Münchens Stadtgeschichte im Grünen

Der Stadtteil Ramersdorf-Perlach in München ist reich an Grünanlagen und Stadtgeschichte. Bei einem Spaziergang mit der AZ durch das Viertel kann man deshalb einiges lernen.
Laura Meschede |
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Ein riesiger Ring aus Hochhäusern, in denen knapp 4500 Menschen leben, dazwischen Wiesen, Spielplätze und Entspannung: Der Wohnring war und bleibt ein visionäres Projekt.
Ein riesiger Ring aus Hochhäusern, in denen knapp 4500 Menschen leben, dazwischen Wiesen, Spielplätze und Entspannung: Der Wohnring war und bleibt ein visionäres Projekt. © Laura Meschede

München - Stadthistorisch gehört Ramersdorf-Perlach zu den interessantesten Stadtteilen Münchens. Das liegt daran, dass es eines der ältesten und eines der jüngsten Viertel der Stadt in sich vereint: Perlach – und Neuperlach Süd. Urkundlich erwähnt worden ist das Dorf Perlach das erste Mal im Jahr 790 – fast 350 Jahre, bevor München das erste Mal in einer Urkunde aufgetaucht ist.

Im Jahre 1930 wurde das Dorf eingemeindet, aber am Pfanzeltplatz, seinem alten Ortskern, hat man noch heute den Eindruck, ein Dorf zu besichtigen. Während man sich in Perlach also ansehen kann, wie Dörfer im 17. Jahrhundert so ausgesehen haben, präsentiert das direkt angrenzende Neuperlach Süd einen ganz anderen Abschnitt der Stadtgeschichte: die 60er-Jahre.

In Ramersdorf-Perlach sollte die Wohnungsnot in München behoben werden

Um der großen Wohnungsnot beizukommen, beschloss der Stadtrat in dieser Zeit den "Gesamtplan zur Behebung der Wohnungsnot in München". Er sollte eine Lösung für die fehlenden 120.000 Wohnungen in München finden. Das Ergebnis: eine riesige Satellitenstadt, die mitten auf einem großen Acker aus dem Boden gestampft wurde – die "Entlastungsstadt Perlach", heute bekannt als Neuperlach.

Inzwischen leben fast 60.000 Menschen in dem Viertel, und angesichts der heute einmal mehr in München kursierenden Wohnungsnot lohnt sich nicht nur für stadtgeschichtlich – sondern auch für politisch Interessierte der Spaziergang durch die ehemalige "Entlastungsstadt". Für unseren Spaziergang durch die beiden Abschnitte der Münchner Stadtgeschichte sollte man etwa anderthalb Stunden einplanen.

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Station 1: Wohnring Neuperlach

Von der U-Bahn-Station Neuperlach Zentrum laufen wir geradeaus durch das Einkaufszentrum Pep – und landen im Neuperlacher Wohnring: Einem gigantischen Hochhaus-Ring, über den der Witz kursiert, man könne ihn sogar vom Mars aus sehen. In seiner Mitte eine große Freifläche mit Wiesen, Spielplätzen und Viertelprojekten.

Der Wohnring war der wohl visionärste Teil des Bauprojekts Neuperlach. Entwickelt worden ist er von dem Architekten Bernt Lauter, der sich noch vor Beginn der Bauarbeiten von dem Entwurf distanzierte, weil die Investoren ihm zu viele kulturelle Aspekte herausgestrichen hatten. Ein Besuch lohnt sich dennoch – nicht nur angesichts der Wohnungsnot. Es ist hier einfach wunderschön.

Station 2: Pfarrkirche St. Michael

Wenn die Umgebung mit jedem Schritt dörflicher zu werden scheint, bedeutet das: Wir haben Neuperlach verlassen und sind in Perlach angelangt. Perlach ist eine sehr alte Gemeinde, die erst im 20. Jahrhundert eingemeindet wurde. Die erste Erwähnung einer Perlacher Kirche stammt aus dem Jahr 1020.

Im 18. Jahrhundert wurde St. Michael an der Stelle eines Vorgängerbaus errichtet.
Im 18. Jahrhundert wurde St. Michael an der Stelle eines Vorgängerbaus errichtet. © Laura Meschede

Im 18. Jahrhundert wurde der Vorgängerbau abgerissen und eine neue Kirche errichtet - St. Michael. Zwei spätgotische Sitzfiguren aus der alten Kirche haben überlebt – sie befinden sich links und rechts am Choraltar. Von St. Michael aus wenden wir uns nach links.

Station 3: Der Geschichtsbrunnen

Der Pfanzeltplatz war früher das Zentrum des Dorfes Perlach und das sieht man ihm auch heute noch an. Flaniert man hier entlang, kommt man an zahlreichen Häusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert vorbei; Beschriftungen verraten ihren ehemaligen Namen und ihr Baujahr. Nach ein paar Hundert Metern gelangen wir an den "Geschichtsbrunnen", aus dem verschiedene Texte und Bilder von der Geschichte Perlachs erzählen.

Einst stand hier ein Badehaus, an das der Brunnen erinnert.
Einst stand hier ein Badehaus, an das der Brunnen erinnert. © Laura Meschede

Die Pest, der Dreißigjährige Krieg und ein mittelalterliches Badehaus, das einst hier gestanden hatte – es sind ganz unterschiedliche Stationen der Perlacher Geschichte, die hier verewigt wurden. Vom Brunnen aus überqueren wir die Brücke über den Hachinger Bach.

Wer möchte, kann sich noch ein Eis in der Eisdiele Il Gelato holen und dann geht es in die gleiche Richtung, aus der wir gekommen sind, zurück – aber diesmal halten wir uns gerade und folgen dem Hachinger Bach.

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Station 4: Naturlehrpfad und Grünes Klassenzimmer

Während wir dem Hachinger Bach flussabwärts durch Perlach folgen, haben wir genug Zeit, über seinen Namensgeber Hacho nachzudenken, einen Bajuwaren, der angeblich zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert verschiedene Siedlungen am Ufer des Bachs errichtet haben soll.

Das "Grüne Klassenzimmer" soll Schulkindern Unterricht im Freien ermöglichen - es eignet sich aber auch für den Genuss einer Stulle.
Das "Grüne Klassenzimmer" soll Schulkindern Unterricht im Freien ermöglichen - es eignet sich aber auch für den Genuss einer Stulle. © Laura Meschede

Wer Genaueres über die Geschichte des Hachinger Bachs und seine Flora und Fauna erfahren möchte, der kann einfach die Infoschilder auf dem Naturlehrpfad Perlach lesen, an dem wir nach kurzer Zeit anlangen.

Zu Beginn des Naturlehrpfads macht der Hachinger Bach einen Knick nach rechts - wir folgen aber nicht, sondern gehen zunächst ein paar Meter weiter geradeaus zum "Grünen Klassenzimmer", das sich perfekt für eine kleine Rast anbietet. Danach geht es wieder zurück zum Bach, dem wir nun auch in seinem Rechtsknick folgen.

Station 5: "Mann spricht mit Fisch"

Fast ein wenig verborgen inmitten der Bäume steht neben einer kleinen Brücke ein Mann aus Bronze und blickt nachdenklich in den Hachinger Bach. Eigentlich spricht er mit einem Fisch, aber das Bronzetier, das sich früher vor dem Mann im Wasser befand, ist inzwischen leider verschwunden.

Der Mann ist einsam, ihn zu grüßen, schadet sicher nicht.
Der Mann ist einsam, ihn zu grüßen, schadet sicher nicht. © Laura Meschede

Die Künstlerin Maria Zavory wollte 1984 mit der Statue auf das Problem der zunehmenden Vereinsamung im Alter hinweisen - und irgendwie scheint es fast zu passen, dass der Bronzemann heute statt mit einem Fisch nur noch mit sich selbst sprechen kann.

Wer inzwischen hungrig geworden ist, der kann hier in den Biergarten des Lokals "Am Hachinger Bach" einkehren. Im Anschluss geht es dann weiter geradeaus, raus aus dem Naturlehrpfad und weiter den Bach entlang.

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Station 6: Eine grüne Idylle

Einmal kurz über die Straße und schon sind wir in der nächsten grünen Idylle angelangt: dem Ostpark. Er wurde gemeinsam mit dem Viertel Neuperlach Süd in den 60er und 70er-Jahren errichtet.

Früher war hier – wie auch am Wohnring – nichts als eine riesige Ackerfläche zu finden. Für die Umwandlung in einen Erholungspark wurde unter anderem der Schutt vom Bau der Neuperlacher U-Bahn zu Hügeln aufgeschüttet und ein kleiner See in der Mitte des Parks angelegt.

In dem 56-Hektar-Park kann man sich leicht verlaufen.
In dem 56-Hektar-Park kann man sich leicht verlaufen. © Laura Meschede

Der Ostpark ist weitläufig und man kann sich in ihm leicht verlaufen. Wir halten uns links und folgen den Schildern Richtung "Michaelibad" – immer wieder treffen wir dabei auf den Hachinger Bach.

Wer noch Zeit und Motivation hat, kann natürlich auch abbiegen und den ganzen Ostpark erkunden. Unsere Route dagegen führt uns direkt auf die Heinrich-Wieland-Straße, von wo wir bereits die U-Bahn-Station "Michaelibad" sehen können.

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