Autofreie Innenstadt: So haben Sie München noch nie gesehen

Weniger reden, mehr machen: Die Grünen wollen die Idee der autofreien Altstadt in München mit konkreten Maßnahmen voranbringen.
von  Myriam Siegert
Autos rund um den Gärtnerplatz.
Autos rund um den Gärtnerplatz. © Die Grünen - rosa Liste/Visualisierung Andreas Gregor

Altstadt - Die Innenstadt ohne Autoverkehr - diese Idee geistert seit Jahren durch die Stadtpolitik. Schon im Wahlprogramm der Grünen von 1990 habe sie gestanden, sagt Fraktionschef Florian Roth. Doch erst in letzter Zeit wird sie als ernsthaftes Konzept betrachtet und angepackt.

Mitte Februar beschloss der Stadtrat über Parteigrenzen hinweg die große Verkehrswende. Ein Teil davon: die autofreie Innenstadt. Bis zum Sommer, so der Auftrag, solle das Planungsreferat konkrete Maßnahmen dafür vorschlagen. Mittlerweile soll der entsprechende Grundsatzbeschluss bereits am 2. Mai fallen.

Autofreie Innenstadt - Grüne fordern Umsetzung

Den Rathaus-Grünen bleibt all das aber dennoch zu vage. Es müsse Schluss sein mit "zaghaften Tippelschritten, mutloser Verschieberei und endlosen Prüfaufträgen", heißt es. Die Fraktion hat deshalb mehrere Anträge vorgelegt, wie man den Bürgern die autofreie Altstadt schmackhaft machen und Schritt für Schritt umsetzen könnte. Beginnend noch in diesem Jahr und freilich immer unter der Prämisse, dass Anwohner, Mobilitätseingeschränkte, Reisebusse und Wirtschaftsverkehr ausgenommen sind. Außerdem sollen Bürgergutachten gerade auch bei Detailfragen helfen.

Los gehen soll es mit dem Pilotprojekt "autofreier Altstadtsommer" im kommenden August innerhalb des Altstadtrings. Dabei sollen die Münchner einen Eindruck bekommen, welchen Gewinn der so gewonnene Platz darstellen kann. Einzelne Straßen könnten mit Gastronomie und Freizeitangeboten bespielt werden. "Es stört uns, dass die Diskussion bisher immer nur mit Blick auf die möglichen Einschränkungen geführt wird", sagt Fraktionschefin Katrin Habenschaden.

Nächste Maßnahme wäre ab Herbst 2019 der sukzessive Abbau der oberirdischen Parkplätze. Bis Herbst 2020 könnte man die Zahl der 2200 Stellplätze im öffentlichen Raum halbieren, so Stadtrat Paul Bickelbacher. Die verbliebenen Plätze wären dann den Anwohnern vorbehalten. So entstehe auch Platz für Mobilitätsstationen, Lieferzonen und Ähnliches.

Tempo 30 auf der Maximilianstraße?

Dritter Schritt wäre eine weitere Verkehrsberuhigung ab dem vierten Quartal. In der Altstadt gelte bereits oft Tempo 30, doch Maximilianstraße, Oberanger, Briennerstraße und Ludwigstraße fehlen noch.

Wo sehr viele Fußgänger unterwegs sind, wie im Tal, soll auch Tempo 20 möglich sein. Wo der Verkehr klar untergeordnet ist, wie der Dienerstraße, soll es verkehrsberuhigte Bereiche geben, in denen Fußgänger auf der Fahrbahn laufen können. Dem könnte dann auch eine bauliche Umgestaltung folgen.

Vision der Grünen: Innenstadt bis 2025 autofrei

Ein weiterer Bereich, der aus Sicht der Grünen dringend angepackt werden muss, ist der Abschnitt zwischen Ludwigsbrücke über die Zweibrückenstraße bis zum Isartorplatz. Die Zweibrückenstraße solle auf je eine Spur reduziert werden, der Thomas-Wimmer-Ring solle nur vierspurig wiederhergestellt werden. Der Effekt: Mehr Platz und Sicherheit für Radler, Fußgänger und Tram. Der Isartorplatz solle zudem endlich umgestaltet werden. Bis 2025, so also die Vision der Grünen, könnte die Innenstadt so autofrei werden.

Florian Roth resümiert: "Wenn man das will, kann man das machen."

So funktioniert es in anderen Städten: 

  • Seit Anfang 2015 ist die Innenstadt von Basel autofrei. Die Zufahrt ist nur von 5 bis 11 Uhr gestattet.
  • In Madrid hat man Ende 2018 die Durchfahrt durch die Innenstadt verboten. Wer hineinfährt, muss in Garagen parken. Die Einzelhandels-Umsätze sind seitdem gestiegen, die Emissionen gesunken.
  • Drei Kilometer des rechten Seine-Ufers in Paris sind autofrei. Die bisher monatlichen autofreien Sonntage finden nun wöchentlich statt. Es wird diskutiert, das gesamte historische Zentrum zur Fußgängerzone zu machen.
  • Hamburg will im Sommer drei Monate lang acht Straßen täglich von 11 bis 23 Uhr für den Autoverkehr sperren.
  • In Gent werden bei den "Lebendigen Straßen" 25 Straßen monatelang autofrei und mit Bars, Sportflächen anders genutzt.

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