Antisemitismus-Streit: Münchner Rathaus droht dem Eine-Welt-Haus

Ludwigsvorstadt - Eigentlich wollte das Rathaus die ewigen Debatten um linken Antisemitismus in städtischen Räumen ein für alle mal beenden. 2017 beschloss der Stadtrat, dass keine Räume mehr für Veranstaltungen der BDS-Kampagne, die zum Boykott Israels aufruft, genutzt werden dürfen – auch von der Stadt geförderte Einrichtungen sollten sich dem anschließen.
Doch das Eine-Welt-Haus (EWH) hat sich nach Einschätzung des städtischen Kulturreferats nicht an die Vorgaben gehalten. Dort zeigte die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe dieser Tage einen umstrittenen Film zum Nahost-Konflikt. Die Gruppe unterstützt BDS – und nach Einschätzung der Stadt war zu erwarten, dass es an dem Abend auch darum gehen würde.
Rathaus-Koalition verschärft den Ton
Aus Rathaus-Kreisen heißt es, Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) habe das Zeigen des Films zunächst nicht unterbinden wollen. Er selbst erklärte auf AZ-Nachfrage, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Schließlich entschloss er sich doch für ein Verbot. Erfolglos. Die Veranstalter beriefen sich auf ihren Vertrag – und setzten sich vor dem Landgericht durch. Die Frage bleibt: Warum hat das Eine-Welt-Haus die Veranstaltung ermöglicht? Im Rathaus glauben viele: Weil man dort den Stadtrat in der Frage nicht ernst nimmt – und verschärft nun den Ton gegenüber der Einrichtung, die städtische Gelder existenziell braucht.
Die "SZ" hatte nach der Gerichtsentscheidung eine Vorständin des Eine-Welt-Hauses mit den Worten zitiert, man lasse "die Veranstaltung mit Freude stattfinden". OB Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) sollen sich Rathaus-intern sehr irritiert darüber gezeigt haben. Aus Koalitionskreisen hieß es, man sei sich einig, den Stadtratsbeschluss nun konsequent durchsetzen zu wollen.
Eine-Welt-Haus soll sich an Stadtrats-Vorgaben halten
Christian Müller (SPD) erklärte, man unterstütze das Haus. "Gleichzeitig erwarten wir aber auch, dass sich alle, deren Arbeit mit städtischen Zuschüssen finanziert wird, an die Vorgaben der Stadt halten." Bürgermeister Pretzl teilte auf AZ-Nachfrage mit, er halte die Aussagen aus dem Vorstand für "sehr befremdlich. Ich erwarte, dass sich eine Institution, die fast ausschließlich von städtischem Geld lebt, auch an die Vorgaben des Stadtrats hält."
Kulturreferent Küppers betonte, es seien "keine gesonderten Vorgaben fürs Eine-Welt-Haus geplant. Man werde das Thema mit der Einrichtung aber "diskutieren". Im Eine-Welt-Haus war am Montag für die AZ niemand zu sprechen.
Redaktioneller Hinweis
In einer früheren Fassung dieses Artikels stand die Formulierung: "Doch das Eine-Welt-Haus (EWH) hat sich offenbar nicht an die Vorgaben gehalten." Dies wurde in der aktuellen Version präzisiert durch die Angabe "Doch das Eine-Welt-Haus (EWH) hat sich nach Einschätzung des städtischen Kulturreferats nicht an die Vorgaben gehalten."