Alle Fragen, alle Fakten zur Toten aus dem Kapuzinerhölzl

Pasing - Endlich haben Freunde und Familie von Daniela Karaffa Gewissheit. Traurige Gewissheit. 14 quälend lange Monate hofften sie auf ein Lebenszeichen. Darauf, dass die 36-Jährige sich doch noch eines Tages meldet und zu ihren beiden kleinen Kindern Sarah (3) und Kenan (6) zurückkehrt. Seit dem Wochenende ist nun klar: Daniela Karaffa wurde ermordet. Sie ist die Tote aus dem Kapuzinerhölzl (AZ berichtete). Ihr Mörder hat die nackte Leiche im Frühjahr letzten Jahres im Wald abgelegt, sie mit Erde und Laub bedeckt. Nach einem anonymen Hinweis fand die Polizei am Freitagnachmittag die skelettierte Tote. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem grausigen Fall.
Wie ist es gelungen, die Tote zu identifizieren? Mit Hilfe ihres Zahnschemas. Die Gerichtsmediziner verglichen die Zähne im Schädel mit den Unterlagen, die die Zahnärztin von Daniela Karaffa den Ermittlern zur Verfügung gestellt hatte.
Wäre eine DNA-Analyse nicht sicherer? Ja. Im Labor wird die Analyse gerade durchgeführt. Ein Ergebnis soll laut Kriminaloberrat Markus Kraus, dem Chef der Münchner Mordkommission, Mitte bis Ende nächster Woche vorliegen.
Wie wurde Daniela Karaffa getötet? Sie wurde „durch einen Angriff gegen den Hals getötet“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Vermutlich wurde die Frau erwürgt oder erdrosselt.
Wie können sich die Ermittler so sicher sein? Am Tatort wurden keine größeren Blutspuren festgestellt. Deshalb ist die Todesursache Gewalt gegen den Hals am plausibelsten. So steht es jedenfalls in der 300 Seiten starken Anklage, die bereits fertig gestellt ist.
Wo wurde die zweifache Mutter getötet — und von wem? Die Ermittler glauben, dass die 36-Jährige in ihrer Wohnung in der Nimmerfallstraße in Pasing gestorben ist. Bülent A. (44), der Ex-Freund und Vater ihrer beiden Kinder, sitzt unter Mordverdacht seit 14 Monaten in Untersuchungshaft. Er muss sich demnächst wegen heimtückischen Mordes aus niederen Beweggründen vor dem Münchner Schwurgericht verantworten.
Was ist das mögliche Motiv? Die Ermittler gehen von Eifersucht aus: Daniela Karaffa hatte einen neuen Freund. Mit ihm und ihren beiden Kindern wollte sie sich ein neues Leben aufbauen. Bülent A., ihr früherer Partner, war eifersüchtig. Er spionierte seiner Freundin nach, drehte angeblich sogar heimlich Videos von ihr.
Ein Mord aus Leidenschaft? Wohl nicht nur. Die Ermittler gehen auch von wirtschaftlichen Gründen aus: Wenn seine Freundin ihn wegen eines anderen verlassen und die Kinder mitgenommen hätte, wäre Bülent A. quasi ruiniert gewesen. Der 44-jährige Elektriker ist arbeitslos. Nach einem Sturz und einem komplizierten Trümmerbruch kann er nur mehr mühsam laufen. Er ist zu 50 Prozent schwerbehindert. Zudem trickste der Mann laut Staatanwaltschaft bei seinen Sozialbezügen. Ohne Frau und Kinder hätte er seinen Lebensstandard unmöglich halten können.
Wie hat der Täter die Leiche beseitigt? Der Mörder hat die Leiche vermutlich entkleidet, ins Auto geschafft und ist dann mit ihr zum Kapuzinerhölzl gefahren. Dort hat er sie an der Menzinger Straße nahe der Trambahnschleife in den Wald gelegt. Ein tieferes Loch konnte der Täter wegen der Wurzeln im Boden nicht graben. Deshalb hat er die Tote nur mit Erde und Laub bedeckt.
Manche der gefundenen Knochen lagen etwas abseits. Warum? Die Tote ist nicht zerstückelt worden. Vermutlich haben sich Wildtiere an der Leiche zu schaffen gemacht. Am Fundort wurden zudem keine Kleidungsstücke gefunden, weder Schuhe noch Gürtel.Was dafür spricht, dass die Tote nackt im Wald abgelegt wurde. Andernfalls hätte man verrottete Kleidungsfetzen gefunden.
Wer hat die Tote gefunden und den anonymen Hinweis an die Staatsanwaltschaft gegeben? Vermutlich ein Jogger oder Spaziergänger, der zufällig auf die Leiche stieß. Die Ermittler glauben nicht, dass es sich beim Absender um einen Mittäter oder -wisser handelt. Im Brief wird ein falsches Geschlecht der Leiche angegeben. Zudem fehlt jegliches Täterwissen, das man bei einem Komplizen, der von Gewissensbissen geplagt wird, voraussetzen könnte.
Wenn der Finder unschuldig ist – warum schrieb er dann anonym? Vielleicht wollte der Mitteiler langwierigen Befragungen durch die Polizei aus dem Weg gehen. Vielleicht hätte er zur fraglichen Zeit auch nicht im Kapuzinerhölzl sein dürfen und wäre damit bei Familie oder Vorgesetzten in Erklärungsnot geraten.
Was sagt der Verdächtige? Bülent A. behauptet, er sei nicht schuld am Tod der Frau. Er habe sich mit ihr am 12. März letzten Jahres gestritten. Es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen. Er habe die Kinder zu Bett gebracht. Seine Freundin habe noch in der Nacht unbemerkt einen Koffer gepackt und sei zu ihrem Liebhaber verschwunden.
Warum glauben ihm die Ermittler nicht? Eine Vermisstenanzeige hat am 18. März 2013 eine Freundin von Daniela Karaffa erstattet. Während alle nach der Vermissten suchten, hat Bülent A. die Wohnung leer geräumt und das Sorgerecht für die Kinder bei Gericht beantragt. Zudem sind seine Angaben und Erklärungen voller Widersprüche. Nachbarn haben am Tatabend Hilferufe gehört. Hilferufe, die der Verdächtige bestreitet.
Was sagt die Familie des Verdächtigen? Die Eltern sind von der Unschuld ihres Sohnes überzeugt: Wegen seiner starken Gehbehinderung habe er die Leiche gar nicht transportieren können.
Was sagen Daniela Karaffas Freunde? Sie zeigen sich in Gesprächen mit der AZ erleichtert, dass Karaffas Schicksal endlich geklärt ist.
Warum haben Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus nichts mitbekommen? Vermutlich wurde die Leiche noch in der Tatnacht vom Mörder beseitigt, während die Kinder im Bett lagen und schliefen.
Was passiert mit den Kindern? Sie befinden sich in der Obhut des Jugendamts. Die Familie von Daniela Karaffa lebt in der Slowakei und hat das Sorgerecht beantragt. Über den Antrag ist vom Gericht noch nicht entschieden.
Muss der Prozess verschoben werden? Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft besteht dazu kein Grund. Am 26. Mai soll der Prozess gegen Bülent A. vor dem Schwurgericht beginnen.
Was droht dem Angeklagten? Lebenslänglich. Stellt das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, drohen ihm 25 Jahre hinter Gittern.