Abgesägt: Hier bricht ein Stück Lehel weg!
Lehel - Mit Wehmut blicken Anwohner auf die Baumlücke an der Oettingenstraße 6 bis 8. Dort wird nachverdichtet, wie es so schön heißt. Konkret entstehen dort, wo früher bis zu 80 Jahre alte Bäume standen, mehr als 100 neue Wohnungen. Schick und luxuriös, die "Lehel-Höfe", in einer der besten Münchner Lagen.
Im Wohnviertel fürchten sie, dass an der Stelle ein Stück des alten Lehel wegbricht. Am Dienstag sind auf dem Grundstück die Bagger ausgerückt. Arbeiter haben dort die letzten drei alten Kastanien abgeholzt.
Der Cartoonist Rudi Hurzlmeier wohnt gleich nebenan. Er musste mit ansehen, wie ein Bagger die grünen Baumkronen abgetragen hat. "Die Kastanien waren kerngesund", sagt der Münchner, "keine Fäule, keine Pilze, wie man sehen konnte".
Schon im Februar seien an der Oettingensraße 6 bis 8 acht Bäume abgeholzt worden, berichtet die Umweltschutzorganisation Green City - darunter waren vier Kastanien, ihr Stamm war mehr als zwei Meter breit. Sowie ein alter Bergahorn und ein Holunderbaum.
Rein rechtlich gibt es an den Fällungen wohl nichts zu rütteln. Eine Baugenehmigung liegt vor, gibt die Stadt Auskunft. Baurecht bricht Baumschutz. Das ist nicht nur hier im Lehel so.
Umweltschützer haben dafür wenig Verständnis. "Für die Nobel-Wohnungen muss die letzte Grünfläche des Areals mit zahlreichen alten Bäumen weichen", wettert die Grüne Jugend München, die Jugendorganisation der Grünen. Ihr Sprecher Dominik Krause verweist auf die hohe Feinstaubbelastung in der Oettingenstraße und der nahe gelegenen Prinzregentenstraße. Die Feinstaubbelastung im künftigen Wohngebiet übersteige "bereits jetzt die zulässige Grenze deutlich".
Vom Feinstaub betroffen sei auch der Kindergarten in der Oettingenstraße, kritisiert Dominik Krause. Der katholische Kindergarten soll in das neue Wohnprojekt integriert werden, momentan ist er in Container ausgelagert. Das Grundstück, wo Hochtief Pandion bald die neuen Wohnungen baut, gehört der Kirchengemeinde St. Anna und dem St.-Anna-Heim. Es wurde im Rahmen eines Erbpachtmodells veräußert. Krause sagt: "Wir fordern ein klares Statement der Kirche und des Bauträgers zur Feinstaubbelastung."
Bei Green City geht man davon aus, dass eine Ersatzbegrünung geplant ist. Die Anwohnerinitiative, die sich um die Bäume sorgt, sei bemüht, gemeinsam mit dem St.-Anna-Heim eine Lösung zu finden. Auch der Bezirksausschuss hat sich eingeschaltet.
Ersatzbäume seien zwar besser als nichts, sagt bei Green City die stellvertretende Geschäftsführerin Sivlia Gonzalez . "Die Lücke, die die alten Bäume hinterlassen haben, werden sie aber niemals ersetzen."
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