200 Euro pro Matratze: Abzocke im Dreckloch

Keine Heizung, kein Warmwasser, kaum Strom: Vermieter Mehmet K. lässt das Haus verwahrlosen – und kassiert Unsummen von den Familien. Die AZ hat sich das Elend angeschaut.
Sophie Anfang |
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Das Horror-Haus von außen. Die Nachbarn leiden schon länger unter den Missständen.
Daniel von Loeper 14 Das Horror-Haus von außen. Die Nachbarn leiden schon länger unter den Missständen.
In diesem Kellerraum stinkt es so stark, dass dem Besucher übel wird – im Raum nebenan schlafen trotzdem Menschen.
Daniel von Loeper 14 In diesem Kellerraum stinkt es so stark, dass dem Besucher übel wird – im Raum nebenan schlafen trotzdem Menschen.
Emil Illiev mit seiner Frau. Im Hintergrund schläft die einjährige Tochter.
Daniel von Loeper 14 Emil Illiev mit seiner Frau. Im Hintergrund schläft die einjährige Tochter.
Eine Matratze kostet hier bis zu 200 Euro.
Daniel von Loeper 14 Eine Matratze kostet hier bis zu 200 Euro.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.
Daniel von Loeper 14 Bilder aus dem Horror-Haus in Kirchtrudering.

Kirchtrudering – Es ist der Gestank, der alles noch schlimmer macht. Eine Mischung aus vergammelten Essensresten, Dreck und Urin, der in die Nase steigt und haften bleibt, auch wenn man das Haus am Mittelfeld 30 in Trudering schon längst wieder verlassen hat. Hier wohnen seit etwa vier Monaten rund 70 Bulgaren in einem heruntergekommenen Zweifamilienhaus.

Ioan P. lebt mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern auf sechs Quadratmetern. Das einzige Fenster ist kaputt und nur mit einem Stück Schnur zu schließen. Für dieses Loch zahlt der Arbeiter aus Bulgarien unglaubliche 350 Euro im Monat, ohne warmes Wasser und ohne Heizung.

Auch alle anderen, junge Männer, Frauen, ganze Familien mit kleinen Kindern, leben zusammengepfercht in winzigen Zimmern. Sechs Menschen teilen sich zwei Matratzen.

Graubraune Plörre auf dem Boden des Waschraums

Vesseli Mitev (39) wohnt seit drei Monaten im Erdgeschoss. Drei weitere Zimmer gibt es dort, dazu kommen noch einmal vier im ersten Stock. In jedem wohnt eine Familie mit mindestens drei, manchmal sogar sieben Mitgliedern.

Etwa 15 Quadratmeter hat das Zimmer, das Mitev sich mit seiner Frau, seinen zwei Söhnen und der Ehefrau seines ältesten Sohnes teilt. Drei Matratzen liegen auf dem Boden, in den Ecken der Räume ist notdürftig die Wäsche aufgehängt.

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Eine Waschmaschine gibt es im Keller, doch das Wasser läuft nicht ab, eine graubraune, übelriechende Suppe hat sich im gesamten Waschraum ausgebreitet. Der Nebenraum ist zugemüllt, es ist ein stinkendes Loch. Und trotzdem liegen auch hier Matratzen am Boden. Gut ein halbes Dutzend. Bis zu 200 Euro zahlt jeder monatlich für einen Platz.

Das Geld treiben Mitarbeiter in bar ein

„Es gibt nur ein Bad und eine Toilette“, sagt Mitev in gebrochenem Deutsch. Für alle Bewohner. Wobei die Bezeichnung Bad oder Toilette glatter Hohn ist. Die Wanne schimmelt, der Duschkopf fehlt. An den Wänden und der Decke blüht der Schimmel. Die Toilette ist verstopft, funktioniert seit Wochen nicht mehr.

Überall liegt Müll. Im Vorgarten gammeln alte Matratzen und Sofas. Vor dem Haus steht ein großer Container, in dem der Abfall gesammelt wird. „Er wurde zuletzt vor einem Monat geleert“, erzählt Mitev. Die Stimmung im Haus ist gereizt.

Immer wieder haben die Bewohner Vermieter Mehmet K. um Hilfe gebeten. Sie haben dem Geschäftsmann aus Harlaching Geld gegeben, damit Handwerker die Schäden reparieren. „500 Euro hat er von mir kassiert“, sagt Ioan P., „doch nichts ist passiert.“ Deshalb zahlt er keine Miete mehr.

Sein Nachbar Mitev, Arbeiter in einer Sanitärfirma, zahlt 750 Euro monatlich für das Zimmer. Mehmet K. lässt das Geld in bar von Mitarbeitern eintreiben. Dazu verlangt er drei Monatsmieten Kaution. Ein gutes Geschäft für K.: Geschätzt rund 10 000 Euro springen monatlich für ihn durch die Mieten heraus, und das, obwohl das Zweifamilienhaus eigentlich abbruchreif ist: Warmwasser gibt es nicht, Strom nur in einem Stock. Die Mieter in den übrigen Etagen haben im ganzen Haus provisorisch Verlängerungskabel verlegt. Deshalb fliegen auch ständig die Sicherungen. Die Brandgefahr durch einen Kurzschluss ist enorm.

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„Für das Kind ist das Haus nicht gut – überall sind Mikroben“

Emil Illiev hat im ersten Stock ein Zimmer. Es ist winzig und spartanisch eingerichtet: ein Sideboard, Regal, Kühlschrank und eine große Matratze für seine Frau Galabina und seine ein Jahr alte Tochter Mathilda. „Für das Kind ist das Haus nicht gut“, sagt Illiev „überall sind Mikroben.“ Außerdem ist es eiskalt, weil die Heizung nicht funktioniert. Seine Frau zeigt hilflos den kleinen Heizstrahler, mit dem sie versuchen, das Zimmer nachts etwas kuscheliger zu machen. 850 Euro will Vermieter K. für das Zimmer. Plus 800 Euro Kaution. So steht es in den Dokumenten, die Illiev fein säuberlich in einem Plastikordner aufbewahrt. „Viel zu teuer ist das“, sagt Illiev, der von Zeit zu Zeit in einer Reinigungsfirma jobbt. Am liebsten würde er ausziehen, doch es ist schwierig, eine Wohnung zu finden. Von seinem Vermieter fühlt er sich ausgenützt und betrogen.

„Wir werden angelogen“, sagen viele der Bewohner des Hauses in Trudering. Natasha Andova wohnt seit vier Wochen im Zimmer neben der Familie Illiev. Es ist nur halb so groß. Die Mutter müht sich, es einigermaßen gemütlich zu halten, trotz des Schimmels an der Wand. Es ist eng in dem Zimmer, krasser wird es, wenn man noch ein Stockwerk höher steigt: Unterm Dach ist ein Lager für Männer. 16 Matratzen liegen dicht an dicht auf dem Boden. Privatsphäre gibt es nicht. „Für meinen Platz zahle ich 200 Euro im Monat“, sagt Krasemir Michaelov. Der junge Mann ist seit vier Monaten in dem Haus. Er sucht Arbeit, findet nichts.

„Ich bin mit den Nerven am Ende“, sagt eine Nachbarin

Solches Leid in einer Gegend, in der Reihenhäuser mit gepflegten Vorgärten dominieren, kann man sich in München kaum vorstellen. Die Nachbarn sind sauer. „Geschrei Tag und Nacht. Nicht zum Aushalten“, sagt eine Frau. „Die Kinder können wegen des Lärms nicht lernen.“ Sie und ihr Mann haben ein Haus gekauft: „Hätten wir das vorher gewusst, wären wir nicht hierher gezogen.“

Genauso wenig wie eine ältere Frau aus der Nachbarschaft. Seit die Bulgaren nebenan leben, zieht sie die Jalousien nicht mehr hoch. „Ich bin mit den Nerven am Ende“, sagt sie. „Alle beschweren sich“, erzählt sie. „Doch nichts ist passiert, obwohl ich selbst die Behörden verständigt habe.“

Vor ein paar Tagen tauchte wieder die Polizei auf. Diesmal hatte Mehmet K. die Beamten gerufen. Seine Mieter hatten den Aufstand geprobt. Der Geschäftsmann fühlte sich bedroht und bekam es mit der Angst zu tun. Deshalb wählte er den Polizeinotruf. Der Vermieter bat die Polizisten, sie mögen die Menschen aus seinem Haus werfen. Doch daraus wurde nichts.

Stattdessen wird jetzt gegen ihn ermittelt, wegen Mietwuchers und Missbrauch der Notrufnummer. Auf AZ-Nachfrage streitet Mehmet K. die Vorwürfe ab. „Ich habe das Haus gemietet, um bettenweise weiterzuvermieten. Ohne mein Wissen sind dann immer mehr Menschen nachgekommen“, sagt er.

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