Stadtsparkasse München schließt nachts ihre Filialen: Perfide Taktik vermutet

München - Gut möglich, dass der Stadtsparkasse schon wieder die nächste öffentliche Debatte droht. Denn obwohl ihre Ankündigung, bald fast nur noch die Geldautomaten an Außenwänden nachts zugänglich zu halten und die anderen von 22 Uhr bis 6 Uhr abzusperren, überraschend am Freitag vor den Herbstferien verkündet wurde, regt sich schon erster Protest.
Wie berichtet, hat in der AZ schon Sendlings Bezirksausschuss-Chef Markus Lutz (SPD) kritisiert, dass es in Untersendling spätabends keine Möglichkeit mehr geben soll, an Stadtsparkassen-Automaten Geld zu ziehen.
Stadtrat vermutet: Sparkasse schließt nachts die Filialen, um "Obdachlose aus ihren Vorräumen zu vertreiben"
Am Sonntag äußerte sich nun auch Stefan Jagel, der Stadtrats-Chef der Linkspartei. Dass die Bank unserer Stadt die Nacht-Schließzeiten mit der Gefahr von Automaten-Sprengungen durch Kriminelle begründet, überzeugt ihn nicht.
"Die Sparkasse versucht schon seit geraumer Zeit, Obdachlose aus ihren Vorräumen zu vertreiben", sagte er zur AZ. "Dass diese Maßnahmen nun unter dem Vorwand des Schutzes vor Sprengungen durchgeführt wird, ist unverantwortlich und nicht hinnehmbar." Wenn ein Obdachloser nachts in einer Sparkasse Schutz suche, dann tue er das "nicht aus Vergnügen, sondern, weil es draußen zu kalt ist".
Die Einschränkung des Bankangebots treffe "die Menschen in den Stadtteilen hart", sagte Jagel. "Dass Grüne und SPD dies nicht stoppen, zeugt davon, dass sie die Menschen wenig im Blick haben."
Auf Empfehlung der Bundesinnenministerin: So begründet die Stadtsparkasse ihre Entscheidung
Die Stadtsparkasse hatte unter anderem damit argumentiert, dass man mit den nächtlichen Schließungen einer Empfehlung der Bundesinnenministerin wegen der bundesweiten Sprengungen folge, dass nur drei Prozent der Abhebungen nachts erfolgen, man an mehr als 30 Orten in der Stadt jederzeit Zugang zu den Automaten habe und dass die Sparkasse für Obdachlose spende.
Ohnehin ist es kein einfaches Jahr für die Stadtsparkasse. Einerseits hat sich das Marktumfeld für Banken mit den gestiegenen Zinsen wieder verbessert und die Stadtsparkasse hat viele Neukunden. Andererseits haben die aufgeregten Diskussionen um die neuen Kontomodelle ihrem Image geschadet.
Stadtrat Jagel: "Die Bank unserer Stadt – das stimmt nicht mehr"
OB Dieter Reiter (SPD), der auch Verwaltungsratschef der Bank unserer Stadt ist, schaltete sich schließlich ein und kassierte Gebühren fürs Mit-Karte-Zahlen schon bei Kleinstbeträgen ein.
Und nun also auch noch die Diskussion um die Nacht-Schließungen. Linken-Stadtrat Jagel bringt all das zusammen. Er sagt: "Die Stadtsparkasse trägt eine besondere Verantwortung gegenüber den Bürgern Münchens." Leider komme der Vorstand dieser Verantwortung aber immer weniger nach. Jagels knallhartes Urteil: "Die Bank unserer Stadt – das stimmt nicht mehr."