Stadtratswahl: Kleine Parteien so groß wie noch nie

Große Koalition oder Partei-Puzzle: Weil es ohne womöglich nicht geht, beginnt jetzt das Buhlen um Parteien mit ein bis drei Sitzen.
Tim Wessling / Simon Treppmann |
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Sie sind teilweise zwar nur mit einem Sitz im Stadtrat vertreten. Doch für nötige Mehrheiten können die vielen kleinen Parteien durchaus mal wichtig werden.
dpa picture-alliance / ho / asdf Sie sind teilweise zwar nur mit einem Sitz im Stadtrat vertreten. Doch für nötige Mehrheiten können die vielen kleinen Parteien durchaus mal wichtig werden.

München - Beziehungsstatus: Unklar. So kompliziert war es selten im Stadtrat. Nach der Wahl reicht es womöglich nicht für Rot-Grün – und Schwarz-Grün kommt auch nicht auf die Mehrheit von 41 Stimmen im Stadtrat (Stand: Montag, 16 Uhr). Kommt es zu keiner Großen Koalition, ist das die Stunde der kleinen Parteien: Ohne sie gibt es keine Mehrheit(en).

Nach dem vorläufigen Ergebnis bräuchten SPD und Grüne mindestens zwei weitere Partner für eine Mehrheit. Und CSU benötigt etwa die Grünen plus einen weiteren Partner, um auf 41 Stimmen zu kommen. Sind die Grünen nicht dabei, ist eine CSU-Mehrheit ohne SPD sogar unmöglich.

Der bunte Flohzirkus könnte also viel Einfluss haben. Aber mit welchen Großen würden diese kleinen Parteien Bündnisse eingehen? Die AZ hat ihre führenden Köpfe befragt.

1. ÖDP. Thomas Prudlo: „Uns war das schon klar, dass wir das Zünglein an der Waage sein könnten, aber wir machen uns nicht unglaubwürdig: Wer uns als Partner will muss fünf Punkte erfüllen. Das Steinkohlekraftwerk abschalten, 50 Millionen für den Ausbau von Fußgänger- und Fahrradinfrastruktur, Bürgerentscheide, Gemeinwohlökonomie und Dezentralisierung der Entscheidungsgewalt. Die SPD hat sich in den letzten Jahren nicht gerade ausgezeichnet, was ökologische Politik angeht, ist aber sicherlich näher an unseren Überzeugungen als die CSU.“

2. AfD, Andre Wächter: „Wir sind bereit, mit allen zu reden. Richtig glücklich ist wohl keine Partei mit der Situation. Rot-Grün wäre nicht so toll, denn wir haben ein Problem mit Ideologien. Mit der SPD verbinde ich persönlich nur Stillstand. Schwarz-Grün ist für mich auch nicht vorstellbar. Es bleibt einfach richtig spannend. Wenn sich SPD und CSU zu sehr gegen kleine Parteien sträuben, wird wohl eine Große Koalition herauskommen – mit Blick auf Berlin nicht gerade das Wahre.“

3. Piraten, Thomas Ranft: „Von uns gibt es noch keine Aussage. Unser Vorstand hat sich noch nicht getroffen. Bei uns läuft das basisdemokratisch ab: Erst mal entscheiden wir, ob wir die Mitglieder befragen, wie eine Wahlempfehlung für die Stichwahl aussehen könnte. Ich stelle warte das Ergebnis ab.“

4. FDP, Michael Mattar: „Ich glaube die Große Koalition schwirrt in vielen Köpfen der SPD herum. Wir allerdings haben noch keine Strategie. Das Wahlergebnis war ohnehin eine große Enttäuschung für uns. Der Wiederaufstieg wird schwierig werden. Also: Zusammensetzen, ordnen und die Richtung bestimmen.“

 

 

5. Bayernpartei, Paul Münzinger: „Denkbar ist erst mal alles. Wir werden sehen, wer bei uns anklopft. Generell sitze ich aber lieber in der Regierung als in der Opposition, und ich finde auch, dass München mit einer sehr bunten Koalition regierbar ist. Die vielen kleinen Interessengruppen sorgen dafür, dass auch viele Sonderthemen angesprochen werden, die dem Stadtrat – und einer eventuellen Regierung – gut tun würden. Die Zusammenarbeit mit der ÖDP und den Freien Wählern lief in den letzten Jahren sehr gut.“

6. Die Linke, Brigitte Wolf: „Keine Aussage! Das wäre ja, als würde ich in eine Kristallkugel gucken. In einer Regierungskoalition mit der SPD könnten wir unsere Themen besser ansprechen, als das mit der CSU der Fall wäre. Ich halte aber eine formelle Koalition nicht für unbedingt notwendig – ohnehin wäre sie eher schwierig. 80 Prozent der Entscheidungen im Stadtrat sind einstimmig, und bei den restlichen finden sich parteiübergreifende Mehrheiten.“

7. Rosa Liste, Thomas Niederbühl: „Wir wissen, mit wem wir Erfolge haben: Wir wollen weiter Rot-Grün-Rosa, wie bisher. Wenn es nicht reicht, müssen wir uns natürlich nach jemandem umsehen. Ich halte Hut für eine gute Option – eventuell sogar die ÖDP, obwohl die für unsere Belange, also schwul-lesbische Interessen, eigentlich zu konservativ ist. Eine Große Koalition ist keine gute Idee – vor allem für unsere Szene.“

8. Freie Wähler, Johann Altmann: „Mehrheitsbeschaffung ist bei uns nicht drin. Wir werden sicherlich nicht Hände-Heber für die nächsten sechs Jahre. Damit würden wir untergehen. Die Frage nach dem Wer, Wann und Wo stellt sich uns noch nicht. Das sollen die Großen erst mal unter sich ausmachen. Bisher jedenfalls ist keine Partei auf uns zugekommen.“

9. Wählergruppe Hut, Wolfgang Zeilnhofer-Rath: „So etwas wie Koalition kommt in unserem Konzept gar nicht vor. Wir müssen erst mal die Freude verdauen. Ich persönlich fände eine Mehrparteien-Lösung super und hielte München damit auch regierbar. Einen Traumkandidaten haben wir nicht. Die SPD braucht sicherlich eine Erneuerung, Kontakt halten wir aber zur ÖDP. Gut ist, dass der bunte Block im neuen Stadtrat viele gute Ansätze verfolgt – vor allem in der Wohnungspolitik.“

Die neuesten Ergebnisse im Liveticker finden Sie hier: Stadtrat München: Der Wahl-Krimi geht weiter!

 

 

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