Stadtrat Pretzl (CSU): "Wir lassen uns nicht erpressen"
Wiesn-Chef Josef Schmid hat eine Bierpreisbremse bei 10,70 Euro angekündigt – und will die Wirte der großen Festzelte über eine Umsatzpacht die gestiegenen Sicherheitskosten zahlen lassen. Im AZ-Interview greift sein Fraktionschef Manuel Pretzl die Wiesn-Wirte scharf an, appelliert an die Münchner, statt überteuertem Essen im Zelt lieber draußen ein Hendl zu kaufen – und fordert, dass die Stadt auch für offene Zelte sorgen soll.
AZ: Herr Pretzl, was kostet in Ihrer Stammwirtschaft eine Halbe Bier?
MANUEL PRETZL: 2,20 Euro. Das ist aber zugegebenermaßen nicht repräsentativ.
10,70 Euro für die Maß auf der Wiesn: Kann man da noch von einem bezahlbaren Bierpreis sprechen?
Es ist ungefähr das Niveau der Münchner Innenstadt. Nicht am unteren Ende, aber auch nicht ganz unüblich.
Wenn der Bierpreis gedeckelt wird: Zahlt die Zeche dann nicht die normale Münchner Familie, weil man damit rechnen muss, dass dann Spezi- oder Hendlpreise steigen?
Der Bierpreis-Deckel ist zunächst mal ein Signal, dass in dieser Stadt nicht immer alles teurer werden kann. Steigende Mieten, der MVV wird immer teurer, immer höhere Kosten zum Leben. Beim Bierpreis hat die Stadt die Möglichkeit, mal an einer Stelle laut und vernehmlich Stopp zu rufen. Zum Zweiten ist es ja so, dass gesetzlich vorgeschrieben ein nicht-alkoholisches Getränk maximal so viel kosten darf wie das Bier – also müssen Spezi, Limo oder Wasser billiger sein. Zudem: Das alkoholfreie Bier wird ja auch auf 10,70 Euro eingefroren.
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Dann wird das Essen teurer.
Beim Bier haben die Wirte de facto ein Monopol, das kriege ich nur im Zelt, aber beim Essen habe ich draußen zig Standl, habe ich Anbieter, die Würstl, Fischsemmeln, alles Mögliche anbieten – und die belasten wir ja gerade nicht mit mehr Gebühren. Wir gehen davon aus, dass dort die Preise nicht ansteigen. Deshalb sage ich ganz klar: Ich würde den Wirten nicht raten, beim Essen an der Preisschraube zu drehen. Als ich ein Kind war, war es vollkommen normal, dass man im Bierzelt Bier getrunken und das Essen draußen gekauft hat. Ich würde den Besuchern bei steigenden Preisen raten, es wieder so zu machen. Das sorgt vielleicht auch dafür, dass die Wiesn draußen wieder mehr Flair kriegt. Notfalls muss man von städtischer Seite dafür sorgen, dass die Zelte offen bleiben und die Leute rausgehen können und wieder reinkommen.
Wirtesprecher Toni Roiderer hat explizit damit gedroht, andere Preise zu erhöhen, wenn das beim Bier nicht mehr geht.
Um es ganz klar zu sagen: Wir lassen uns von niemandem erpressen. Ich gehe davon aus, dass eine große Mehrheit im Rathaus das genauso sieht.
Auf jeden Fall hat die CSU das Konzept zu schlecht erklärt – sonst gäbe es nicht ausschließlich Kritik von Wirten und Schaustellern, oder?
Von den Schaustellern habe ich gar keine Kritik gehört. Und ich habe mit vielen Schaustellern persönlich geredet, die unterstützen das total. Dass es Kritik von den Wirten gibt, die wir um einiges stärker als vorher belasten wollen, war doch zu erwarten. Fakt ist nun mal: Wir haben durch die veränderte Sicherheitslage Mehrkosten von rund 5 Millionen. Die 5 Millionen will die CSU nicht auf den Besucher umgelegt wissen – und auch nicht, dass es der Steuerzahler zahlt. Es bleibt nur die Möglichkeit, die zu belasten, die die größten Gewinne machen.
Werden die in den Zelten gemacht? Die Wirte sagen, Schmid arbeite mit Fantasiezahlen.
Dann sollen die Wirte uns die echten Umsatzzahlen aus ihrer Steuererklärung vorlegen, dann ist die Debatte gleich beendet. Die Informationen, die wir aus Wirte- und Brauereikreisen haben, ist, dass die Zahlen, die Josef Schmid genannt hat, sehr realistisch sind. Es ist doch ein offenes Geheimnis, welche Summen in den Zelten verdient werden.
Warum macht die CSU jetzt diesen Vorschlag – vielleicht doch, weil sie glaubt, mal wieder einen populären Punkt setzen zu müssen glaubt?
Weil jetzt das Problem ansteht, dass wir diese 5 Millionen gegenfinanzieren müssen. In der Vergangenheit war es ja so, dass wir mit dem Standgeld ganz gut hingekommen sind. Die Wiesn darf weder Verluste noch Gewinne machen, das muss sich im Schnitt tragen. In Zukunft sollen die mehr zahlen, die die großen Gewinne machen. Also nicht die kleine Schießbude oder die Frau, die vor dem Zelt Brezn verkauft. Josef Schmid hat da eine durchdachte und vor allem gerechte Wiesn-Reform vorgeschlagen.
Sind Sie überrascht, wie heftig und in welcher Tonlage die Wiesn-Wirte reagiert haben?
Die Kritik hat mich nicht überrascht, aber die Tonlage war schon bemerkenswert. Manche Aussagen werde ich auch nicht so schnell vergessen.
Konsequenzen wird es aber nicht geben?
Jeder kann seine Meinung äußern. Das ist so. Ob diese Äußerungen besonders klug waren, ist eine andere Frage. Ich kann mich da nur wiederholen: Wer glaubt, gewählte Vertreter der Stadt Münchner erpressen zu können, macht einen großen Fehler. Auch mit Begriffen wie „Machtkartell“ wäre ich an Stelle der Wiesn-Wirte sehr vorsichtig.
Das Wirtschaftsministerium hat signalisiert, dass die Bierpreisbremse rechtlich in Ordnung sein dürfte. Sehen Sie von der kartellrechtlichen Seite noch Probleme?
Nein, die sehe ich nicht. Wenn die zuständige Landesbehörde sagt, das ist unter den kommunizierten Bedingungen in Ordnung, gehe ich davon aus, dass es in Ordnung ist.
Rechnen Sie schon heuer mit dem Bierpreisdeckel?
Die immer weiter steigenden Bierpreise auf der Wiesn werden seit Jahren von fast allen in dieser Stadt lauthals beklagt. Ich gehe deshalb fest davon aus, dass der Vorschlag eines Bierpreisdeckels eine Mehrheit im Münchner Stadtrat finden wird.
Danach sieht es bisher aber überhaupt nicht aus.
Ich habe am Anfang viele Zweifel an der rechtlichen Umsetzung gehört – aber ich habe eigentlich von niemandem gehört, der sagt: Ich will höhere Bierpreise.
Haben Sie aus der SPD Signale, dass sie mitgehen könnte?
Wir haben mit der SPD aktuell noch nicht darüber geredet, über die Umsatzpacht aber im Vorfeld schon, das war ja eine Idee von ihnen. Wir werden jetzt sicher noch Gespräche führen.
Mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass am Ende im Stadtrat jemand die Hand für höhere Bierpreise hebt. Der würde ja sagen: Die Leute sollen höhere Bierpreise zahlen, damit die Wirte ihre Gewinne stabil halten. Dafür hätte doch niemand in dieser Stadt Verständnis.