Stadt plant Kabinenbahn für den Münchner Norden

Das für München vollkommen neue Verkehrsmittel soll BMW besser anbinden. Der Clou: Die Züge fahren ganz von allein.
München – Wenn der geplante Ausbau des Foschungs- und Innovationszentrums in Milbertshofen fertig ist, werden bei BMW bald 40 000 Menschen arbeiten. Man kann sich leicht ausrechnen, was das für den Verkehr im Münchner Norden bedeutet. Deswegen will die Rathauskoalition so viele Angestellte des Automobilkonzerns wie möglich zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen.
Helfen soll dabei ein für München vollkommen neues Transportmittel: die Kabinenbahn. In London verkehren die straßenbahnähnlichen Gefährte unter dem Namen „Docklands Light Railway“ bereits seit 1987. Das Besondere an ihnen: Sie sind führerlos und pendeln ganz wie von selbst durch die Stadt.
CSU und SPD wollen die von Geisterhand gesteuerten Züge auch im Münchner Norden einsetzen. Eine Trasse existiert zwar bislang nicht, Alexander Reissl, der Chef der Rathaus-SPD, will die Berufspendler aber möglichst schon am Stadtrand abfangen. Im Dachauer Raum könnte ein großer Parkplatz entstehen, von dort aus soll die Kabinenbahn die Leute dann zu ihrem Arbeitsplatz bringen.
Eigentlich wünscht sich BMW als Gegenleistung für seine Standorttreue, dass das Werksgelände in einen neuen S-Bahn-Nordring eingebunden wird. Aber wenn man sich anschaut, wie lange die Debatte um eine zweite Stammstrecke schon tobt: „Da wird das mit dem Nordring vermutlich noch sehr lange dauern“, schätzt Reissl.
Viel früher als 2025 wird es allerdings auch mit der Kabinenbahn nichts werden. Die Stadt kann sich also noch recht gemütlich anschauen, wie es am Münchner Flughafen mit den führerlosen Zügen läuft. Das dort neu entstandene Satellitengebäude soll vom kommenden Frühjahr an nämlich auch mit einer unterirdischen Kabinenbahn an das Terminal 2 angeschlossen werden. Der dafür nötige Tunnel wurde bereits bei der Erweiterung des Flughafens gebaut.
Mit seinen 25 Stundenkilometern wird die Flughafen-Bahn eher gemächlich dahinzuckeln, die Strecke ist aber auch nur 400 Meter lang. Die Kabinenbahn im Münchner Norden soll deutlich flotter unterwegs sein – und natürlich auch nicht nur den BMW-Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Die Integration ins MVV-Netz sei durchaus eine Möglichkeit, heißt es von den Parteien.
Wenn es um die Finanzierung der neuen Züge geht, setzt die Stadt aber durchaus auf die Unterstützung von BMW. „Das würde so eine Idee natürlich befördern“, sagt Alexander Reissl. Voraussetzung sei ein Engagement des Automobilkonzerns aber nicht. „Das Münchner Verkehrsnetz ist heute schon an vielen Stellen überstrapaziert. Vor diesem Hintergrund müssen wir alle sinnvollen technischen Möglichkeiten prüfen“, sagt Hans Podiuk, der Chef der CSU-Fraktion im Rathaus.
Tatsächlich steigen die Fahrgastzahlen immer weiter. Erst Mitte des Jahres hatte der MVV (Münchner Verkehrs- und Tarifverbund) neue Rekordzahlen vermeldet (siehe Kasten). Die Stadt denkt deshalb intensiv über neue U-Bahn- und Straßenbahnstrecken nach. Die Verlängerung der U5 nach Pasing ist so gut wie beschlossen, eine neue U9 und eine U26 sind in Planung, über eine Tram-Westtangente wird noch rege diskutiert – sogar über eine Seilbahn vom S-Bahnhof Englschalking zur Messe hat der Stadtrat bereits ernsthaft debattiert.
Eine automatisch fahrende Kabinenbahn für die Berufspendler im Münchner Norden wäre also bei Weitem nicht das Abwegigste. „Realistischer als die Seilbahn ist die Kabinenbahn allemal“, sagt Alexander Reissl.