Stadt München verbietet Heizstrahler: Gäste frieren, Wirte sauer!

Während Corona durften Münchner Wirte auf ihren Freischankflächen Heizstrahler aufstellen - sofern sie Ökostrom nutzen. Jetzt ist es mit dieser Ausnahme vorbei. Das sorgt für Ärger.
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Wirt Werner Hochreiter hat viel Geld investiert, um neue Heizstrahler einzubauen. Und nun darf er sie nicht mehr einschalten.
Wirt Werner Hochreiter hat viel Geld investiert, um neue Heizstrahler einzubauen. Und nun darf er sie nicht mehr einschalten. © Bernd Wackerbauer

München - Ungefähr um 18 Uhr beginnt für Wirt Werner Hochreiter die Zeit, zu der er sich so richtig ärgert. Dann ist bei seinem Wirtshaus "Steirer am Markt" am Viktualienmarkt so langsam die Sonne weg, dann wird's kalt, die Gäste gehen. Seine Heizstrahler darf er seit Anfang April nicht mehr anschalten.

Während Corona erlaubte die Stadt den Betrieb auf den Freischankflächen, wenn die Wirte Ökostrom nutzen. Nun ist man im Rathaus offenbar der Meinung, dass die Krise für die Wirte vorbei ist - und der Stadtrat will am Dienstag endgültig das Verbot beschließen.

Tausende Euro haben Münchner Wirte für Heizstrahler ausgegeben – umsonst

Seit er die Heizstrahler nicht mehr anschalten darf, würden ihm etwa 30 bis 40 Prozent seines Umsatzes fehlen, sagt Wirt Hochreiter. Gleichzeitig habe er etwa 30.000 Euro in neue Heizstrahler und eine neue Markise gesteckt. Etwa die Hälfte davon sei von einer Corona-Förderung des Bundes gekommen.

Auch Wirt Gregor Lemke stattete seinen Augustiner Klosterwirt in der Fußgängerzone mit neuen Heizstrahlern aus. Etwa 15.000 Euro habe das gekostet, die Kosten trug der Steuerzahler. "Aber theoretisch könnte ich die jetzt in die Tonne treten", sagt Lemke.

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Was beide Wirte besonders ärgert: Damit sie die Heizstrahler überhaupt verwenden dürfen, mussten sie ihren gesamten Betrieb auf Ökostrom umstellen. Der Tarif ist teurer. "Wir überlegen, ob wir wieder auf normalen Strom zurück umstellen", sagt Lemke. "Denn überall steigen die Kosten. Wir müssen mit spitzem Bleistift rechnen."

Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband appelliert ans Rathaus

Doch fürs Klima könnte das laut einer Rechnung der Stadtwerke sogar noch schädlicher sein, als die Heizstrahler mit Ökostrom weiterlaufen zu lassen: Denn die CO2-Emissionen beim Ökostrom-Tarif liegen bei null, bei einem "normalen Rahmenvertrag" bei 138 g/kWh. Auch der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband, der Verein der Münchner Innenstadtwirte und City Partner (die Interessensvertretung der Händler der Innenstadt) appellieren in einem Brief ans Rathaus, die Heizstrahler zu erlauben.

Die Vereine haben ausgerechnet, dass Heizstrahler nur zwei bis drei Prozent des Strombedarfs ausmachen: "Heizstrahler in der Gastronomie bedeuten für die Umwelt so gut wie keine Belastung."

Das Kreisverwaltungsreferat sieht das anders. Ebenso wie Gudrun Lux von den Grünen: "Die Wirte wussten, dass es sich um eine Ausnahme handelt. Mit den Heizstrahlern heizen wir die Luft." Mit Klimaschutz sei das nicht zu vereinbaren - noch dazu in Zeiten des Ukraine-Kriegs, in denen alle Energie sparen sollen. Engpässe bei der Ökostrom-Versorgung sehen die Stadtwerke allerdings trotz Krieg nicht.

CSU-Stadtrat Thomas Schmid: "Eigentlich ist das eine Frechheit"

Im Stadtrat könnte deshalb eine Diskussion entbrennen. CSU-Stadtrat Thomas Schmid fordert, dass die Stadtwerke noch einmal genau schildern sollen, wie sich die Heizstrahler auf die Ökobilanz auswirken. Er glaubt, den Grünen gehe es nur ums Prinzip. "Eigentlich ist das eine Frechheit", sagt er.

Sogar der SPD-Stadtrat Roland Hefter kann das Heizstrahlerverbot nicht nachvollziehen. Auch er habe bei den Stadtwerken nachgefragt und die Antwort erhalten, dass es bei neuen Heizstrahlern, die mit Ökostrom laufen, keine CO2-Belastungen gebe. Es gehe um "Existenzen von Gastronomen, die während der Coronakrise schon genug gelitten haben", sagt Hefter.

Eine Garantie, dass ein Gastronom mit Ökostrom-Vertrag bloß Strom erhält, der von Windrädern und Solarplatten erzeugt wurde, können die Stadtwerke allerdings nicht geben. Schließlich gibt es kein separates Stromnetz für Erneuerbare Energien.

Verbot von Heizstrahlern: Stadt hat keine Handhabe bei privaten Biergärten

Die Stadtwerke müssen nur garantieren, dass sie insgesamt so viel erneuerbaren Strom herstellen oder zukaufen, wie ihre Ökostrom-Kunden verbrauchen. Doch das geschieht zum Großteil in den großen Windparks in der Nordsee oder den Solarfeldern in Spanien. Nur etwa sechs Prozent des Stroms der Stadtwerke kommen aus regionalen Anlagen.

Wirt Hochreiter will sich jetzt jedenfalls überlegen, wie er es schafft, dass es seine Gäste warm haben. Er kann sich vorstellen, beheizte Polster auszulegen oder ein Gebläse aufzustellen.

Vor allem ärgert ihn, dass nur ein paar Meter weiter auf dem Viktualienmarkt trotzdem Heizstrahler stehen dürfen: Denn momentan gilt das Verbot nur für Freischankflächen auf öffentlichem Grund. Keine Handhabe hat die Stadt in privaten Biergärten. Der Viktualienmarkt ist "städtischer Privatgrund", zuständig ist hier nicht das KVR, sondern das Kommunalreferat.

Grünen-Stadträtin Gudrun Lux hat angekündigt, sich um ein Verbot zu kümmern.


Wie sehen Sie es, liebe AZ-Leser? Soll die Stadt den Wirten die Heizstrahler verbieten? Schreiben Sie uns an AZ, Leserforum, Garmischer Straße 35, 81373 München, per Mail an leserforum@az-muenchen.de oder in die Kommentare unter diesem Artikel.

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43 Kommentare
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  • Guidomuc am 27.04.2022 18:48 Uhr / Bewertung:

    Auf welcher Rechtsgrundlage basiert eigentlich dieses Verbot? Eine Stadt kann doch nicht willkürlich verbieten was ihr nicht passt?

  • Sarkast am 27.04.2022 09:11 Uhr / Bewertung:

    >>>Etwa 15.000 Euro habe das gekostet, die Kosten trug der Steuerzahler.<<<

    Sehr interessant, Herr Wirt.
    Meine Heizung in meiner Wohnung muß ich selbst zahlen...

  • Witwe Bolte am 27.04.2022 07:57 Uhr / Bewertung:

    Komisch, in früheren Zeiten gabs keine Heizstrahler in der Gastro. Wir haben uns trotzdem amüsiert - im Innenbereich. Oder zuerst draussen und bei Sonnenuntergang schnell reingegangen. In den üblichen grossen Biergärten gibts doch auch keine Steckdosenheizung. Und die sind meistens bis spätabends voll.
    Erst mit dem Rauchverbot in der Gastro schossen die Heizstrahler wie Pilze aus dem Boden.
    Und tatsächlich sitzen viele Raucher/innen draussen, egal ob Cafe oder Alkoholgenussstätten.
    Für die Nikotinfreunde ist es halt leider ungemütlich geworden.

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