Stadt kauft Häuser für Mieterschutz: Daniel Föst findet's "nicht sozial gerecht"
München - Soll die Stadt Häuser kaufen, um sie vor Luxussanierungen zu bewahren? Um die Frage des Vorkaufsrechts in Erhaltungssatzungsgebieten ist ein Streit entbrannt, seit das Bundesverwaltungsgericht die bisherige Praxis der Kommunen gekippt hat. Die FDP sieht sie ohnehin kritisch - und wird dafür vom Koalitionspartner und dem Mieterverein kritisiert. Sogar eine Demo vor dem Abgeordnetenbüro des FDP-Bundestagsabgeordneten Daniel Föst hat es gegeben. Wie er das sieht, erklärt er im AZ-Gespräch.
AZ: Herr Föst, es gab am Mittwochabend eine kleine Demonstration vom Mieterverein vor Ihrem Büro. Wie haben Sie das denn aufgenommen?
DANIEL FÖST: Wir diskutieren in der Ampel regelmäßig über die Verschärfung des Vorkaufsrechts, aber wenn man meint, demonstrieren zu müssen, dann ist das vollkommen okay.
Wie genau wirkt das Vorkaufsrecht im Milieuschutz?
Ändert das etwas an Ihrer Meinung?
Es ist ja nicht so, dass ich mit den Protagonisten nicht im Gespräch bin. Ich war erst vor Kurzem auf einer großen Diskussionsrunde mit dem Mieterschutzbund, mit #ausspekuliert, auch Grünen und SPD. Was mir immer noch nicht beantwortet wurde, wie genau wirkt das Vorkaufsrecht im Milieuschutz zusammen mit den anderen starken Schutzmechanismen, wie entwickeln wir Milieuschutzgebiete weiter, zum Beispiel mit Blick auf den demografischen Wandel und was machen wir mit der Überförderung von Menschen, die keiner Förderung bedürfen?
"Besonders wohlhabende Menschen profitieren"
Wie meinen Sie das?
Besonders wohlhabende Menschen profitieren, wenn der Staat das Gebäude in einem Erhaltungssatzungsgebiet kauft. In der Regel wird die Miete dann gedeckelt, zum Beispiel auf elf Euro. Wer auch ohne Probleme zum Beispiel 20 Euro zahlen könnte, profitiert überdurchschnittlich. Das ist doch nicht sozial gerecht. Es gibt neben dem Vorkaufsrecht ja weitere starke Schutzmechanismen im Milieuschutzgebiet. Mir hat noch keiner schlüssig erklärt, warum die nicht reichen und die Stadt stattdessen mehrere Hundert Millionen Euro ausgeben muss, die sie ja dringend an anderer Stelle brauchen könnte.
Um was zu tun?
Wir brauchen zum Beispiel eine andere Bodenpolitik. Kaufen wir doch Bauerwartungsland, am besten Äcker.
Daniel Föst: Man sollte Bauerwartungsland kaufen
Ja, aber wo denn?
Da, wo es andere auch kaufen. Ich weiß, dass das nicht einfach ist. Alternativ kann die Stadt auch Belegungsrechte kaufen. München könnte sich die Menschen in den Milieuschutzgebieten anschauen und diejenigen identifizieren, die in sozialen Schwierigkeiten sind. Falls diese kein Wohngeld bekommen, kauft die Stadt dem Eigentümer das Belegrecht ab und garantiert dann die Miete. Man hat wahnsinnig viele Möglichkeiten und mir wurde noch nicht schlüssig dargelegt, warum eine Verschärfung des Vorkaufsrechts so zwingend notwendig ist, um das Milieu zu schützen.
Und weiter?
Den zweiten Komplex, den mir noch keiner wirklich erklärt hat, ist, wie lösen wir die großen Probleme in den Gebieten mit Erhaltungssatzung? Wie machen wir den Bestand klimafit? Wie entwickeln wir die Gebäude weiter, um dem demografischen Wandel gerecht zu werden? Im Erhaltungssatzungsgebiet dürfen Sie nicht mal mehr elektrische Fensterheber anbringen. Vom Aufzug will ich gar nicht reden.
Erhaltungssatzungsgebiet: Kein Zuschuss vom Staat für energetische Sanierung
Aber man darf einen Antrag stellen bei der Stadt. Es ist ja nicht so, dass Modernisierung per se verboten ist.
Es ist nicht per se verboten, aber es wird auch nicht per se genehmigt. Für mich ist da keine Strategie zu erkennen. Die Stadt München gestattet die energetische Sanierung auf das geforderte Mindestmaß. Jetzt haben Sie aber das Problem, dass der Mindeststandard nicht gefördert wird. Das heißt, die Damen und Herren im Erhaltungssatzungsgebiet können für die energetische Sanierung keinen Zuschuss vom Staat beantragen, der aber dringend nötig wäre.
Also sehen Sie Milieuschutz kritisch?
Um es mal grundsätzlich zu sagen: Wir Freie Demokraten haben kein Problem mit Milieuschutzgebieten. Wir sehen, dass bestimmte Bereiche der Stadt besonders geschützt werden müssen. Wir sehen auch, dass Menschen Angst haben, was die Leistbarkeit der Miete anbelangt. Da muss die Politik ohne Frage gegensteuern. Deshalb werden wir als Ampelregierung die Kappungsgrenze anpassen, die Mietpreisbremse verlängern und die Förderung zur Energetischen Sanierung so umstellen, dass sie effektiver wirkt. Wir werden den Mietspiegel von drei auf fünf Jahre verlängern. All das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Dass Mieter und Mieterinnen in angespannten Wohnungsmärkten geschützt werden müssen, das stellen wir Freie Demokraten nicht in Frage, was wir in Frage stellen, ist das Verhältnis von Aufwand und Ertrag im Vorkaufsrecht, den Eingriff ins Eigentum im Verhältnis zum Nutzen und die Fehlförderung von Menschen, die eigentlich keine Förderung brauchen. Wir haben einen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag vereinbart. Den hätten SPD und Grüne nicht unterzeichnen dürfen, wenn sie dazu nicht stehen.
Wie lange wird noch geprüft?
Als Zeitplan wurde vereinbart, dass sich der FDP-Justizminister mit der SPD-Bauministerin nach der Sommerpause ins Benehmen setzt. Wir blockieren nicht grundsätzlich, aber bevor wir verschärfen, wollen wir Antworten haben.
"Hab meinen Frieden mit der Mietpreisbremse gemacht"
Aber es ist ja auch Fakt, dass sich viele Menschen die Stadt nicht mehr leisten können.
Die Kostenseite des Wohnens ist für mich ein extrem großer Antrieb. Die werden wir nicht in den Griff bekommen, wenn wir die Ursachen nicht beheben. Ich hab meinen Frieden mit der Mietpreisbremse gemacht, weil sie als steuerndes Instrument dient, bis die Angebotslücke geschlossen ist. Momentan versuchen wir, die Mietpreise wegzuregulieren, aber schließen die Angebotslücke nicht.
Schnelleres (Um)bauen und genehmigen für mehr Wohnungen
Aber die Mieten steigen weiter, wie soll es besser werden?
Mehr bauen, schneller bauen, günstiger bauen. Wir müssen auch weg vom Baulandbegriff. Die Vorstellung, dass alles auf der grünen Wiese gebaut werden muss, ist veraltet. Wir müssen hin zum Baupotenzialbegriff: Wo kann ich aufstocken, wo können wir umbauen, wo können wir umwidmen? Warum kann ich zum Beispiel aus einem Hotel kein Studentenwohnheim machen? Den Prozess tut sich keiner an. Da müssen wir ran. Auch an die Geschwindigkeit beim Bauen. Momentan dauert die Genehmigungsphase oft länger als die Bauphase. Das ist absurd.
Es ist ja auch schwierig, Büros in Wohnungen umzuwidmen. Die Stadt sagt, das liegt am Bundesrecht.
Da hat die Stadt recht. Da werden wir rangehen. Wir sind hinterm Zeitplan, die aktuelle Krise absorbiert sehr viel Kraft und Zeit. Aber wir sind da dran.
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