SPD-Pläne: Mehr Raum für Künstler!

München – Ein bisschen rote Augen hat Klaus Peter Rupp noch nach der kurzen Nacht: „Es war halt ziemlich laut hier, mitten auf dem Gärtnerplatz.“ Der SPD-Kultur-Stadtrat hat die Nacht zum Donnerstag in einem Abfallcontainer geschlafen. Im „Belafou“ – das ist eins der Shabbyshabby Apartments, die gerade als Kunstprojekte in der Stadt herumstehen, um auf die Wohnungsnot aufmerksam zu machen (AZ berichtete).
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Um Mitternacht, erzählt Rupp, sei noch ein Zimmermann auf der Walz vorbeigekommen, der Sigi aus Heilbronn. Man habe logischerweise noch ein Augustiner zusammen geleert. Danach bot der Stadtrat dem jungen Mann, der noch keinen Schlafplatz hatte, die Hängematte über seinem Bett an. Rupp: „Man kann halt tolle Begegnungen haben, wenn man der Kunst auf der Straße Raum lässt.“
Ein netter Medien-Gag zum neuen Thema der SPD-Fraktion im Rathaus, die just vor Rupps Nachtquartier gestern ein Antragspaket zur Unterstützung der Münchner Kunstszene vorstellte. Die Genossen wollen der Stadt einen „einstelligen Millionenbetrag“ abringen, um sieben Ideen umzusetzen.
Ateliers in leeren Läden
In Pasing, in Moosach, in Trudering – nahezu in allen Vierteln jenseits der City stehen kleine Läden für viele Monate leer, bis sich dort neue Mieter finden. „Da sind regelmäßig mehrere hundert Räume ungenutzt“, schätzt Stadträtin Julia Schönfeld-Knorr. Die Idee: Die Läden als Ateliers oder Werkstätten zwischenvermieten. „Wir haben ja bei der Stadt ein neues Kompetenzteam für die Kreativwirtschaft. Es soll dabei unterstützen, dass Ladeneigentümer und Künstler zusammen kommen. Und die Stadt hilft bei der Miete.“
Werkstatt im Gewerbehof
Auch Künstler, die mit großen Maschinen und größerem Lärmpegel werkeln, brauchen Raum. Hier sollen die Münchner Gewerbehöfe helfen (die auf städtischem Grund stehen – wie das MGS in der Landsberger Straße) und Räume gezielt auch an Künstler vergeben.
Orchester im Pavillon
Wo umgebaut wird in der Stadt, stehen größere Flächen oft Monate leer – zumal in den Planungsphasen. „Das Kulturreferat sollte mobile Pavillons kaufen und immer da aufstellen, wo gerade Platz ist“, findet Stadtrat Rupp. Die Container, die sich auch zu größeren Komplexen zusammenbauen lassen, könnten auch als Räume „für Orchester, Chöre oder die Bigband der VHS“ dienen.
Kultur im Abrisshaus
Erst Mitte 2016 zum Beispiel wird die „Pappschachtel“ am Pasinger Marienplatz abgerissen, ein Bau aus den 1920er Jahren, an dessen Stelle ein Neubau hochgezogen wird. Einzelne Läden stehen längst leer. „Wir sollten auch solche Räume Kreativen überlassen“, sagt Rupp. „Da könnte Kunst den Wandel der Stadt nutzen.“
Graffitti am Bauzaun
München ist voller Bauzäune und Lärmschutzwände. Aktuell, schätzt Stadträtin Schönfeld-Knorr, „sind da 30 hässliche Flächen, die sich verschönern ließen, wie die Lärmschutzwand an der Baubergerstraße in Moosach“. Die Stadt könnte beispielsweise „Platten kaufen, die sich an solche Flächen anhaken“ lassen. Prima Spielwiesen für Sprayer und Streetart-Künstler.
Kunst am Telefonkasten
Die Telekom hat sie schon erfunden: die Aktion „Aus grau wird bunt“. Wer beispielsweise in Dortmund einen der schmucklosen Telefonverteilerkästen findet und dazu ein Motiv einsendet, kann sich unkompliziert eine Genehmigung zum Bemalen besorgen. „Wir haben hunderte dieser Kästen auch in München“, argumentiert Stadträtin Kathrin Abele. „Wir sollten die Aktion auch bei uns publik machen.“
Mehr Zuschüsse
190 000 Euro lässt sich die Stadt bislang jährlich die Zuschüsse für Künstler (etwa für Ateliermieten) kosten – allerdings vor allem für Bildende Künstler. Geht’s nach der SPD, soll dieser Etat nicht nur erhöht werden, sondern auch junge Designer, Architekten oder Medienleute unterstützen.
Drei Monate Zeit hat die Stadtverwaltung nun, die Ideen zu prüfen und dem Stadtrat zur Abstimmung vorzulegen. Vom Koalitionspartner CSU ist wohl kein allzu großer Protest zu erwarten: Bürgermeister Josef Schmid (CSU) ist zuletzt selbst häufig als Künstlerszene-Unterstützer unterwegs, weil er sich von den jungen Kreativen Impulse für die Münchner Wirtschaft erwartet. Könnte gut ausgehen für die jungen Wilden.